Barfuß und Spiritualität - ein Konnex ? (Hobby? Barfuß! 2)

Markus U., Stammposter, Thursday, 05.12.2002, 14:17 (vor 7968 Tagen) @ unci

Hi Unci!

Da Jesus Christus freiwillig arm und bescheiden lebte, ging er mit Sicherheit zeitlebens barfuß. Als er seine Jünger zu zwei und zweien aussandte, gebot er ihnen ausdrücklich, keine Schuhe mitzunehmen, also barfuß zu gehen.

Äußert sich das Neue Testament sonst irgendwo zum thema?
Sind "Jesuslatschen" also ein widerspruch in sich?

Weitere Stellen zum Thema sind mir im Neuen Testament nicht bekannt, aber Jesus Chistus hätte seinen Jüngern schwerlich aufgetragen, barfuß durch die Lande zu ziehen, wenn er es selbst nicht getan hätte. "Jesuslatschen" sind also ein Widerspruch in sich; ich weiß nicht, warum die Dinger, die im übrigen anscheinend sehr schwierig aufzutreiben sind, so heißen. Am Kreuze war Christus übrigens nackt; daß er mit Lendenschurz dargestellt wird, geschieht der Pietät halber.

Jesusdarstellungen ähneln sich alle ein wenig; wir erkennen ihn wieder wie einen bekannten, und das, obwohl es keine originalquellen gibt (so weit ich weiß, steht nirgends im NT eine genaue personenbeschreibung), sondern seit dem mittelalter sich eine tradition eingebürgert hat: So sah Jesus aus.

Diese Tradition ist sehr viel älter; Jesusdarstellungen sind mindestens seit der Spätantike bekannt. Ob es noch ältere Jesusdarstellungen gab, wissen wir nicht, da ja vieles aus den ersten drei nachchristlichen Jahrhunderten unwiederbringlich verlorengegangen ist und die Christen zudem eine kleine, verfolgte Minderheit waren.

Die spirituelle Komponente des Barfußlaufens ergibt sich aus dem unmittelbaren Hautkontakt mit dem Boden, der Erde. Wir spüren, daß wir buchstäblich auf dem Boden der Tatsachen stehen, nicht abgehoben sind. Das macht uns friedlich, und führt uns, wenn wir einfach auf diesem Boden gehen, ruhigen Schrittes und gelassen, in eine meditative Stimmung, welche zur Gotteserkenntnis führen kann. Dies erkannten auch der hl. Franziskus sowie die russischen "Narren in Christo", welche daher auch die schuhe für immer ablegten und fortan nur noch barfuß gingen (was im Falle der russischen "Narren in Christo" angesichts der klimatischen Bedingungen sehr erstaunlich, aber nichtsdestotrotz sicher bezeugt ist).

Von den "Narren in Christo" habe ich noch nie etwas gehört. Wann und wo war das? Gibt es quellen dazu?

Die "Narren in Christo" (jurodivy) lebten seit dem 12. Jahrhundert in Rußland und kamen bis ins 19. Jahrhundert zu verschiedenen Zeiten an verschiedenen Orten vor. Sie bildeten keine Gemeinschaft, sondern waren Menschen, die sich dem äußeren Anscheine nach absonderlich verhielten (indem sie etwa ganzjährig barfuß oder gar nackt herumliefen, was ich angesichts der klimatischen Bedingungen in Rußland fast unbegreiflich finde), in Wahrheit aber Erleuchtung und Erkenntnis besaßen. Etliche von ihnen werden in der russisch- orthodoxen Kirche als Heilige verehrt. Es gibt auch Quellen dazu (z. B. ihre Viten), leider meines Wissens nur sehr wenig in deutscher Sprache (von Tatjana Goritschewa gibt es ein recht interessantes Buch dazu, dessen genauer Titel mir momentan nicht erinnerlich ist), aber ich werde mich bemühen, mehr darüber herauszufinden, weil mich die "Narren in Christo" schon seit einigen Jahren faszinieren und ich daher gern noch mehr darüber wüßte!

Barfüßige Wintergrüße,
Markus U.


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