lädierte Barfußschnecke (Hobby? Barfuß! 2)
Hi Lothar!
Am gestrigen Himmelfahrtstag habe ich erstmals den Versuch unternommen, eine Wanderung komplett barfuß zu bestreiten.
Ich wollte in Eisenach vom Bahnhof auf die Wartburg von dort über den
Rennsteig zur hohen Sonne und über die Drachenschlucht zurücklaufen.
Um ja nicht in Versuchung zu geraten auf Schuhe zurückzugreifen, ließ
ich meinen Rucksack mit den Sandalen im Bahnhofsschließfach zurück.
Die gesamte Wegstrecke war schätzungsweise nur ca. 10 - 12 Kilometer lang; mit guten Wanderschuhen eigentlich ein Klacks.
Ergebnis:
Das Positive:
Ich habe den Weg tatsächlich bewältigt.
Das ist doch die Hauptsache! Kein Grund, die Flügel hängen zu lassen.
Das Negative:
So oft wollte ich noch nie Schuhe anziehen.
Neid an euch ImmerbarfÜßer die Ihr auch jobtechnisch keine Probleme habt und auch solche Strecken dann natürlich nichts mehr ausmachen.
Ich weiß ja nicht, wie trainiert Deine Füße sind. Solltest Du im Winter nicht viel barfuß gegangen sein (also weniger als etwa zweimal pro Woche jeweils 2 km), sind 12 km für untrainierte Barfüße freilich zuviel.
Für mich war es aber schwieriger als gedacht und zum Schluß habe ich dann nur noch Mitleid erregt als mich wirklich Wanderer jeden
Alters schnellen Schrittes überholt haben und ich mir auch solche Fragen wie "Glaubst Du wirklich, daß Du es noch bis Eisenach schaffst?" gefallen lassen mußte.
In diesem Falle ist es meist hilfreich, einfach Müdigkeit vorzuschützen. Den Eindruck, das fehlende Schuhwerk sei "schuld", darf man auf keinen Fall erwecken.
Der Weg bestand leider fast nur aus den "Wanderautobahnen"; also den
zwar nicht geteerten aber doch befestigten Wegen, die auch
problemlos mit dem Auto befahrbar wären. Und diese ständigen
Steine und Kieselwege waren für mich doch anstrengend und schmerzhaft.
Im untrainierten Zustand sind solche Wege auf längeren Strecken wirklich eine Zumutung, die man sich besser ersparen sollte. Ich mache zur Zeit "Flußkiesel- Training" und achte bei meinen Trainingsspaziergängen am Rhein darauf, nicht mehr als etwa 100 m "am Stück" über Flußkiesel zu laufen. Danach gehe ich etwa 200 m durch Sand oder >Gras (und ab und zu auch durch Brennesseln), bis meine Füße wieder für den nächsten "Flußkiesel- Abschnitt" bereit sind. Ich muß aber noch sehr viel trainieren, da ich auf den Flußkieseln nur langsame Fortschritte mache.
Ergebnis: Eine riesengroße Blase am rechten großen Zeh
(ich dachte beim Barfüßern kriegt man keine Blasen?)
O doch, leider!
daraus resultierend konnte ich nicht mehr richtig auftreten und
habe dann ständig den Fuß verdreht oder nicht richtig aufgesetzt:
Ergebnis: Muskelkater in der rechten Wade und eine Zerrung
im Bereich Oberschenkel-Leiste.
Da wirst Du wohl in der nächsten Zeit buchstäblich kürzer treten müssen! Aber vielleicht ist ja bis zu unserem Würzburger Treffen alles wieder in Ordnung.
Die Kommentare waren entsprechend:
"Tut das nicht weh? Mir würde das weh tun" kam sehr oft;
am Anfang konnte ich darüber noch grinsen und dementieren;
aber am Schluß mit schmerzverzerrtem Gesicht war das dann schon unglaubwürdig.
In diesem Falle einfach lächeln und so tun, als sei alles bestens! Und wenn das nicht möglich ist, kann man immer noch sagen, man wolle eine Wette gewinnen oder man habe seine körperlichen Grenzen ausloten wollen.
Außerdem wurde mir mehrfach unterstellt; ich hätte meine Schuhe in Alkohol umgesetzt; mir wurden Sie gestohlen, ich hätte sie verloren
usw.
Ach ja, das sind die sattsam bekannten höhnischen saudummen Bemerkungen. Du hast doch nicht etwa den Versuch unternommen, Dich ernsthaft damit auseinanderzusetzen?
Als ich dann zwei Jünglinge fragte, wie weit es noch sei,
sahen sie mich mitleidig an und sagten normalerweise 10 Minuten aber
bei Ihrem Tempo brauchen Sie ne halbe Stunde.
Ähnlich kam die Antwort im Cafe als ich fragte wie weit es noch zum Bahnhof wäre. "Da wären gute Schuhe angebracht; dann würden Sie es in
fünfzehn bis zwanzig Minuten schaffen"
Gibts außer permanentem Training noch andere Tricks mit solchen
Wegen fertig zu werden?
Permanentes Training ist sicherlich am besten; 12 km sind, wie ich schon erwähnte, für untrainierte Füße zumal auf schwierigem Gelände einfach zuviel. Ein Trick, der mir manchmal hilft, ist Autosuggestion: Auf unbequemem Untergrund rede ich mir selber ein, wie wundervoll der Boden sei und daß es einfach super sei, gerade hier zu laufen. Auf diese Weise werden auch schwierige Streckenabschnitte (z. B. Schotter, hartgetrockneter Schlamm und ähnliches) einigermaßen erträglich. Aber laß Dich nicht beirren. Es war schon richtig von Dir, die Sandalen im Schließfach zu lassen. Du hast es ja schließlich trotz allem geschafft. Und wenn Du Dich in der nächsten Zeit erholst und danach konsequent, fleißig und vernünftig trainierst, wirst Du spätestens im September denselben Weg ohne Schwierigkeiten (und natürlich ohne Schuhe) bewältigen.
Aufmunternde Barfußgrüße
Markus U.