Barfuß-Look II (Hobby? Barfuß! 2)

Lotsi, Sunday, 22.10.2000, 12:38 (vor 8801 Tagen) @ Tatjana

Hi Tatjana!

Na, Du scheinst mich ja für ein echtes Modepüppchen zu halten, das den ganzen Tag nur zwischen Schrank und Spiegel hin und her läuft und nicht weiß, was es anziehen soll. Dem muss ich doch widersprechen. Ich mache mir vielleicht etwas mehr Gedanken um mein Outfit als Du, aber das steht nicht - auch wenn der Eindruck entstanden ist - immer in direktem Bezug zu meiner festen Kleidungsordnung, keine Schuhe zu tragen.
Barfußlaufen ist für mich so selbstverständlich, dass meine Überlegungen, was ich anziehen könnte, davon meist völlig unabhängig sind. Eigentlich halte ich es so wie Du: Ich genieße beim Barfußlaufen das Gefühl von Freiheit. Und wenn ich Lust habe auf ein Sommerkleid oder eine Stoffhose mit Bügelfalte, dann nehme ich mir die Freiheit! Und zwar ohne Bezug zu meinen Füßen, denn die bleiben sowieso unbekleidet.
Insofern habe ich mich (zum wiederholten Male) sehr über den Zuspruch von Julia Fiona gefreut (Danke!). Die würdest Du, Tatjana, wohl auch als Modepüppchen ansehen. Dabei ist die Motivation bei uns allen doch eigentlich gleich: einfach tun, was man will und sich geben, wie man ist.
Und, Tatjana: Deinem aus Gründen der "Solidarität" mit Deinen Freunden bewusst gewählten "Schmuddel-Look" liegen ja auch Gedanken zu Grunde. Insofern bist Du dann auch irgendwie "durchgestylt".
Außerdem: So gediegen komme ich nun auch wieder nicht daher: Wenn ich im Sommer nach der Arbeit in der Gärtnerei in den Bus steige, sehe ich mit meiner alten löchrigen Jeans, dem ausgeleierten T-shirt und meinen dann ziemlich schmutzigen Füßen wohl auch eher "gammlig" aus und werde entsprechend etwas mitleidig und iritiert angesehen. Ansonsten, wie soll ich's nennen, sehe ich oft schon aus wie eine "typische" Studentin - leider, dieser "Typisierung" kommt man nur schwer aus, obwohl ich wie gesagt zu den wenigen gehöre, die regelmäßig barfuß laufen und sich eigentlich etwas abheben. Aber Sommerkleid hin - Schlaghose her: Barfußläufer(innen) sitzen oft in der Klischeefalle.
Noch etwas, Tatjana: Als Schülerin, so zwischen 15 und 19, war es in meinem Freundeskreis in Nürnberg (da komme ich her, ist weniger "bayerische Provinz" als Regensburg, eher "fränkische Metropole") angesagt, "gammlig" daherzukommen. Wie Du bin ich gerne mit Bekannten barfuß in der Stadt herumgehangen (Nürnberg ist irgendwie auch eine ziemlich vergammelte, hässliche Stadt, also wie Berlin) und wir haben strikt auf einen nonkonformen Look (zerrissene Hosen, bauchfreie T-Shirts die Mädchen (naja , nicht so nonkonform...), XL-Batikshirts die Jungs) geachtet. Das ist vielleicht wirklich auch eine Altersfrage (schon ein bisschen Protestverhalten). Damals habe ich abends zu barfuß auch keine Sommerkleider getragen, sondern dasselbe wie am Tag, am liebsten meine gute alte Cordhose. Am Ende waren wir natürlich alle von Kopf bis (bar)Fuß konform - aber so ist das eben zwischen 15 und 19...
Liebe Grüße
Lotsi

PS: Lieber Lorenz!
So einen coolen Vater wie Du einer zu sein scheinst, wünschen sich wirklich viele! Meiner ist zwar auch o.k., aber mit ihm barfuß zu wandern ist so ziemlich das Entfernteste, was ich mir denken kann.
Du, Lorenz, kannst getrost noch zu den "Jungs" gezählt werden. Vermutlich fühlst Du Dich auch wie einer!
L.


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