Mein Widerspruch an die "Sockenlos-in -Schuhen"-Befürworter (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 14.04.2008, 18:38 (vor 6096 Tagen) @ AllgäuYeti (Karl Heinz)

Hallo Karl Heinz,

stilistische Todsünden gibt es nicht wirklich. Für einen "militanten und unverbesserlichen Dauerschuhträger" ist der Aufenthalt im öffentlichen Raum ohne Schuhe eine stilistische Todsünde, für manche Modepäpste liegt bereits eine Todsünde vor, wenn die Farbe des Anzugs nicht zur Farbe der Krawatte und/oder zur Farbe der Schuhe paßt. Es ist alles rein subjektiv. Ich würde zum Beispiel auch nicht eine Krawatte in Kombination mit kurzen Hosen, mit barfuß, mit sockenlos, mit Sandalen usw. tragen, da würde ich mich einfach unwohl fühlen. Und die Kombination kurze Hose - lange Unterhose kommt bei mir auch nicht in die Tüte, weder als Ergänzung zu barfuß, noch zu fett beschuht (Wenn andere es tun, ist mir das egal. Bei Frauen sieht man ja auch manchmal die Kombination Flipflops - Rock - Leggins (und letzteres ist ja immer Grunde genommen nichts anderes als eine lange Unterhose.)). Am Arbeitsplatz darf ich z.B. weder kurze Hosen, noch offene Schuhe tragen, und barfuß ist selbstverständlich ganz verboten. (Das Nichttragen einer Krawatte wäre, solange kein Kunde oder Direktionsmitglied in der Nähe ist, kein Grund zur Besorgnis, jedoch gehöre ich nicht zu denjenigen Leuten, die ein "Frühwarnsystem" aufgebaut haben und bei "Alarm" die bereits fertig geknüpfte Krawatte aus dem Büroschrank holen und umbinden. Ich habe lediglich das Jackett im Büroschrank hängen, das ich bei Bedarf anziehe. Ich persönlich finde das Tragen einer Krawatte, soweit sie nicht allzu eng zugezogen ist und der Knopf darunter offen ist erheblich weniger einengend als das Tragen von Jacketts, langen Hosen, Schuhen und vor allem Hüten und Mützen).

Als Kind trug lief ich nur in der Badeanstalt barfuß, nicht im Garten, nicht im Schulsport, und "selbstverständlich" auch nicht in der Straßenbahn. Und das Nichttragen von Socken war genauso ein Tabuthema. Als ich zur Grundschule ging, war das halt nicht üblich in Norddeutschland. Im Sommer wurden halt Sandalen mit Socken, im Winter geschlossene Schuhe mit Kniestrümpfen getragen. Alles war reglementiert. Es war genau festgelegt, wann ich im Frühling in kurzen Hosen zur Schule durfte/mußte, wann die Kniestrümpfe durch Socken ersetzt wurden und wann das ganze retour ging. Nicht das tatsächliche Klima war entscheidend, sondern der Kalender. Das galt nicht nur bei mir, sondern bei praktisch allen Mitschülern, nur waren die Umstellzeiten bei allen unterschiedlich. Die Kinder von Bauarbeitern und anderen Leuten, die bei Wind und Wetter draußen arbeiteten, mußten ehr auf "Sommer" schalten als die Kinder von verweichlichten "Bürohengsten". Bei den Mädchen ging es übrigens um die Umstellung Socken, Kniestrümpfe, Wollstrumpfhose, denn die Mädchen trugen keine Hosen, sondern Kleider oder Röcke.

Als ich mich dem Abitur (1975) näherte, war die Kleiderordnung schon weniger dem Spießerkalender untergeordnet. Barfuß kam zwar keiner zur Schule, jedoch waren manche Mädchen sockenlos (Jungen nicht). Kurze Hosen durfte ich in dem Alter nicht mehr tragen, andere meines Jahrgangs taten es auch nicht. Und jüngere Knaben taten es nur an warmen Sommertagen, nicht an kühlen. Und bei den Mädchen hatte die Hose das Kleid schon ziemlich verdrängt.

Man wird es kaum für möglich halten, aber anfangs genierte ich mich sogar, Sandalen ohne Socken zu tragen, selbst dann, wenn ich beim Radfahren mit kurzer Hose und nacktem Oberkörper unterwegs war. Heute muß ich darüber schmunzeln, wie ich mich nach dem Besuch im Freibad angezogen habe: Erst war ich barfuß in der Badehose, dann zog ich den Bademantel an, dann die Socken an! Erst dann erfolgte das Ausziehen der nassen Badehose, das Anziehen der Unterhose, das Ausziehen des Bademantels, das Ahnziehen des Pullis, das Anziehen der Hose und dann das Anziehen der Sandalen. Heute setze ich mich einfach auf den Boden, lege symbolisch ein Handtuch über die nasse Badehose (böse Blicke stören mich nicht, nur große schnüffelnde Hunde habe ich dann nicht gerne in einem Abstand von weniger als einem Meter von mir). Dann wird die nasse Badehose ausgezogen, Unterhose und kurze Hose angezogen, Handtuch weggenommen. Ob ich sofort irgendwelche Oberbekleidung anziehe, hängt von der Temperatur ab. Und die Schuhe ziehe ich erst an, wenn ich wieder zur Arbeit muß, vorher nicht.

Als ich bereits in der Schweiz lebte, war ich allmählich zu der Überzeugung gekommen war, daß das Nichtragen von Socken in Kombination mit Schuhen, egal ob Sandalen oder geschlossenen Schuhen, egal ob Mann oder Frau, nicht in den "sowas-tut-man-nicht-Bereich" gehört. Ich war mal im Zug ohne Socken gereist, als ich meine Eltern besucht hatte. Das gab natürlich eine Riesenaufregung, genauso, wie ich zum ersten Mal einen Bart trug! Barfuß habe ich meine Eltern noch nicht besucht (und mit Schuhen das letzte Mal vor gut vier Jahren).

Vor meiner Barfußzeit, als ich das Tragen von Socken in der Freizeit nicht mehr als "Pflicht" ansah, konnte es durchaus vorkommen, daß ich noch Sandalen ohne Socken trug. Dieses geschah etwa beim Velofahren, wenn es morgens recht frisch war, tagsüber aber wesentlich wärmer werden sollte. Morgens Sandalen mit Socken, dann frieren die Zehen nicht ab, später ohne Socken, dann schwitzt man nicht an den Füßen. Hätte ich morgens Turnschuhe ohne Socken getragen (das hätte kältemäßig gelangt), hätte ich in der Tageshitze nichts mehr zur Erleichterung gehabt. Barfuß und gleichzeitig schmerzfrei radfahren hielt ich schlicht für unmöglich (hätte ich es probiert, hätte ich sicher meinen Irrtum bemerkt).

Wenn ich dagegen beim Wandern war, hielt ich es in Sandalen nicht lange aus, weder mit, noch ohne Socken. Auch Halbschuhe konnte ich nicht lange ohne Socken tragen. Sie waren innen einfach zu rauh, wie alle Schuhe, die mein Vater (gelernter Schuhmacher) hergestellt hatte. Ich werfe meinem Vater aber nicht vor, daß er die Schuhe bewußt so rauh hergestellt hat, daß man sie nur mit Socken schmerzfrei tragen konnte. Es lag mehr daran, daß die Maschinen, die er noch heute besitzt, nicht mehr auf dem neusten Stand sind. Hätte er, nachdem er einen anderen Beruf ausgeführt hat und nur noch für familiäre Zwecke Schuhe angefertigt und repariert hat, seinen Maschinenpark austauschen sollen? Nein! Gekaufte Turnschuhe, ja selbst gekaufte Wanderschuhe dagegen trug ich gerne ohne Socken, aber erst, nachdem sie eingelaufen waren, sogar im Winter.

Wenn ich also auf Wanderschaft war und geschlossene Schuhe trug, fand ich es bisweilen sogar angenehm, wenn sich unter den Fußsohlen ein Gemisch aus Schweiß, Staub usw. zu einer Art Schlamm vermengte. Sockenfasern wären da nur störend gewesen. Es war ein fast so angenehmes Gefühl, wie wenn man barfuß durch Schlamm geht. Aber nur fast, und mit einem schweren Nachteil: Auch Fußpilze fühlen sich im Innenschuhschlamm pudelwohl und lauern nur darauf, auf die verweichlichten Füße rüberzuhüpfen. Ich vermute einmal, daß die Fußpilze in den Schuhen, die ich jahrlang weder getragen, noch irgendwie behandelt habe, immer noch nicht abgestorben sind. Sie werden als Sporen überlebt haben. Und wenn ich die Schuhe wieder anziehen sollte, erwachen die Pilze zu neuem Leben. Selbst wenn meine Füße heute weniger pilzanfällig sind als früher, so kann ich mich etwa dann wieder infizieren, wenn ich mir eine Verletzung zugezogen habe. Mit frischen Socken ist die Ansteckungsgefahr geringer als ohne.

Ich gehe mal davon aus, daß ich gegenwärtig keine lebenden Fußpilze mehr an den Füßen haben, aber die Reste früherer Nagelpilze sind noch heute sichtbar. 1974 (ich war noch Gymnasiast) fiel mir mal beim Reparieren meines Velos (damals sagte ich noch Fahrrad) eine Felge auf den Nagel meiner linken Großzehe. Ich trug Haussandalen, mit Socken. War enorm schmerzhaft. Andauernd eiterte es. Ein halbes Jahr später konnte ich den Nagel einfach so abziehen, darunter war irgendwas gewachsen. Vermutlich hatte sich da auch ein Nagelpilz breitgemacht. Jahre später (ich war bereits in der Schweiz) brach auch das einmal ab (ich war in Sandalen ohne Socken mit dem Velo unterwegs, und eine Ranke hatte sich dahintergehakt. Vor ca. 8 Jahren hatte mein Vater erstmalig gehört, daß es überhaupt Nagelpilz gibt. Also empfahl er mir, deswegen einen Arzt aufzusuchen. Meine Mutter war aber dagegen mit den Worten: "Was soll der Arzt denn von dir denken, wenn du erst nach über 20 Jahren mit so etwas kommst!" Tatsächlich ging ich nicht zum Arzt. Aber nicht etwa, weil ich meiner Mutter recht geben wollte, sondern weil ich es nicht für nötig ansah. Hätte ich einen Arztbesuch für nötig gehalten, dann hätte ich es viel eher getan.

Noch heute ist dieser Nagel nur eine dicke Hornplatte, mit Luft darunter. Mit meinem rechten Nagel hatte ich mal Probleme. Das kam, nachdem ich einmal in Turnschuhen ohne Socken eine längere Strecke bergab ging und der Nagel ständig gegen den Schuh stieß. Alles war blutig unter dem Nagel. Auch das sieht man noch heute.

Man sieht: Was man auch tut, alles hat in irgend einer Form auch Nachteile. Egal ob man Schuhe mit oder ohne Socken oder barfuß läuft.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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