Barfuß (als Zuschauer) beim Badener Limmatlauf (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 31.03.2008, 19:49 (vor 6013 Tagen)

Karfreitag war der Tag, an dem im vergangenen "Winter" in Zofingen an meisten Niederschläge in Form von Schnee fielen. Die weiße Sch.... - äh, pardon, Pracht - blieb sogar liegen, so daß ich erstmalig in den letzten Monaten barfuß durch frisch gefallenen Schnee gehen konnte, am Ostersamstag und am Ostermontag barfüßige Wanderungen unternahm (meistens jedoch nicht über Schnee, sondern über trocknen Asphalt) und am Ostersonntag war ich 2 Stunden barfuß mit dem Velo unterwegs.

Nur eine Woche später, und alles war "Schnee von gestern". Von Winter keine Spur, tagsüber eher sommerlich. Ich war nicht einmal der einzige, der absolut auf Winterkleidung verzichten konnte. Am Samstag fand nämlich der Badener Limmatlauf statt:

http://www.badenerlimmatlauf.ch/

Wer die Bildergalerie durchblättert, wird feststellen, daß die Kleidung der meisten Sportler doch eher sommerlich als winterlich ist. Barfüßer sieht man auch den Bildern jedoch nur wenige, und nicht etwa beim Laufen selbst, sondern beim "Nachlaufen" auf dem Rasen im Stadion Aue. Auch ich war in Baden, allerdings nicht als Läufer, sondern nur als Zuschauer. Zur Anreise bediente ich mich des Velos, Schuhe ließ ich selbstverständlich gleich zu Hause ebenso wie Jacke, lange Hosen, Handschuhe und Mütze. Mein Velo kettete ich beim Schwimmbad an, das ebenso wie das Stadion Aue, obwohl auf der "falschen" Limmatseite liegend, zu Baden gehört und nicht etwa zu Wettingen oder Ennetbaden.

Hier war auch der Autoparkplatz für diejenigen Teilnehmer, Zuschauer usw., die weniger umweltfreundlich als ich anreisten. Diese Leute beachteten meine Barfüßigkeit nicht. Sie glaubten wohl, daß ich am Lauf teilnehmen wollte und meine Laufschuhe im Rucksack mit dem Schild "Nein, es ist nicht zu kalt" hätte. Ich habe sowieso den Eindruck, als ob Leute, egal ob als Teilnehmer oder als Zuschauer an Volkssportveranstaltungen gegenüber Barfüßern seltener große Glotzaugen machen als andere Leute. Der Weg hinter zum Stadion war fies geschottert. Es war mir etwas unangenehm, da ich dort langsamer voran kam als auf "gutem" Untergrund.

Ich begab mich aber nicht ins Stadion, da es bis zum Start noch einige Zeit hin war, sondern überquerte den Limmatfluß über die nahe Wehrbrücke, um am Flußufer in Richtung Altstadt zu gehen. Hier gab es große Glotzaugen am laufenden Band. Der Untergrund der Badener Altstadt ist barfußfreundlich. Ich ging über Gassen mit Kopfsteinpflaster zum Limmatufer hinunter, folgte der Limmatpromenade bis zum neuen Limmatsteg. Dieser ist aus Gitterrost, der sich unter den nackten Füßen nicht allzu angenehm anfühlte. ich tat das auch nur, weil ich einen gewissen Druck spürte und ich nur auf Ennetbadener Seite einen Platz ausmachen konnte, auf dem ich mich unbeobachtet "nicht-Andi35-konform" entwässern konnte.

Dann ging es wieder über den Limmatsteg zurück, und gleich weiter hoch mit dem gebührenfreien Lift zum Platz vor der reformierten Kirche. Leute, die mit dem Lift nach unten wollten, schienen erstaunt zu sein, daß jemand barfuß aus dem Lift steigt. Durch die Altstadt ging ich zur Holzbrücke, überquerte diese. Irgendwie üben gedeckte Holzbrücken auf mich eine Faszination aus, weil sie für alle Sinne was zu bieten haben, nicht nur für den Tastsinn der Füße. Am Ostufer bezog ich Posten, denn bald würden die Walker hier vorbeikommen. Und sie kamen, ohne Ausnahme fett beschuht.

Zwei Frauen waren hier als Streckenposten tätig. Sie nahmen ab und zu mal eine Sperre weg, wenn ein Auto mit Sondergenehmigung durch wollte. Auch ermahnten sie manchmal die Fußgänger und Radfahrer, auf einer Seite zu gehen, um die Sportler nicht zu behindern. Meine nackten Füße interessierten sie überhaupt nicht. Schließlich waren es Leute, die sich freiwillig zur Verfügung gestellt haben (eine Frau war Mutter eines Jungen, der Läufer teilnahm), keine Polizisten. Vermutlich besitzen diese Streckenposten nicht einmal die Befugnis, von einem Menschen den Ausweis zu verlangen, nur weil man barfuß ist. Sie hätten einzig und allein die Polizei rufen dürfen, aber dazu lag ja kein Grund. Ich behinderte ja niemanden, und das Wetter war ja auch barfußkonform. Am Hang weideten barfüßige weiße und schwarze Schafe friedlich nebeneinander (anders als im politischen Leben) und ließen sich durch nichts beirren.

Nachdem die Walker durch war, überquerte ich wieder die Holzbrücke, begab mich zum nahen Kinderspielplatz, weil dort eine Toilette sein sollte. ich fand sie auch nach einigem Suchen. Neben einer Bank beim Spielplatz standen herrenlose (der Größe nach keine damenlosen) Motorradstiefel, aber einen barfüßigen oder sockigen/strumpfigen Motorradfahrer konnte ich nicht ausmachen. Alle Kinder und deren erwachsenen Begleiter auf dem Spielplatz waren fett beschuht. Eine junge Frau, die sich in einer Laube am Limmatufer aufhielt, sagte zu mir: "Barfuß, find ich gut!"

Ich begab mich wieder zur Holzbrücke, die gerade von 3 Jugendlichen in gar nicht mal allzu sommerlicher Sportkleidung überquert wurde. Einer der Jungen war barfuß und hatte auch keine Sporttasche dabei, ECHT stark! Sie gingen am anderen Limmatufer zurück Richtung Wehrbrücke beim Stadion. Kaum hatte ich wieder meinen Posten bezogen, als ich sah, daß ein Läufer im Trainingsanzug vorbeisäckelte in Richtung Stadion und sich nach mir umdrehte, um dann weiter zu laufen. War das etwa ein ehemaliger Arbeitskollege, von dessen Begeisterung für aktiven Laufsport ich wußte und der (zumindest damals) in Ennetbaden wohnte. Aber ich hatte ihn doch mit Bart in Erinnerung! Vor drei Jahren hatte ich ihn zuletzt gesehen, in derart langer Zeit kann man sicher einen Bart bekommen bzw. sich abrasieren. Nach einer Viertelstunde kam er wieder und begrüßte mich mit den Worten: "Hallo Michael! Ich habe das Schild gelesen..." Wir sprachen einiges über seinen Sport, über mein Barfußlaufen, das ich mir wegen Rückenschmerzen angewöhnt hätte und ich deswegen auch nicht laufe, sondern nur wandere bzw. Velo fahre. Christian sagte, daß es auch Schuhe gäbe, die besonders gut dämpfen und gut für den Rücken seien. Viel mehr konnten wir nicht reden, denn er mußte an den Start. Gerne hätte ich ihm noch die Sache mit "Dr. Simpel" erzählt.

Dann kam der Start der Hauptgruppe. Ein Schwarzer war an der Spitze. Im ersten Viertel war auch Christian, diesmal in kurzen Sporthosen, aber immer noch fett beschuht, wie alle Teilnehmer der ca. 13 km langen Laufstrecke, fast alle. Ein einziger Teilnehmer verzichtete sowohl auf Schuhwerk als auch auf jegliche Bekleidung oberhalb der Gürtellinie. Es war nicht etwa Karl Heinz aus Immenstadt, sondern Franz Studhalter aus Oberwil/Baselland. Das überrascht nicht, denn selbst bei Eiskälte und Schneegestöber nimmt dieser eisenharte Mann barfuß und nur in einer kurzen Hose bekleidet an Laufveranstaltungen teil. Mir tat der Mann leid, daß er sich bei diesem frühsommerlichen Wetter nicht leichter bekleiden durfte als im tiefsten Winter.

Jetzt hatte ich eine gewisse Zeit Ruhe, bis die Läufer zurückkamen. Also schritt ich zum Platz vor der reformierten Kirche. In einem Brunnen wollte ich meine Füße kühlen. Da merkte ich daß es eine ziemlich rutschige Angelegenheit war. Der Boden besaß eine Wölbung, so daß ich immer wieder in die Mitte rutschte. Mir blieb nichts anderes übrig als auf Knien und auf allen Vieren hinaus zu kriechen. Zum Glück holte ich mir dabei keine nassen Hosensäume! Rutscht man barfuß leichter auf dem nassen Brunnenboden aus als mit Schuhen. Vom "Schiff" aus kann ich es nicht sagen. Wenn ich es genauer wissen wollte, hätte ich das einmal barfuß und einmal fett beschuht probieren müssen. Aber meine Schuhe hatte ich "leider" zu Hause gelassen. Und wenn nicht, dann wären sie mir zu schade gewesen.

In der Nähe des Brunnens saßen drei (oder waren es vier?) Leute, die so aussahen, daß sie, wenn sie mal zur Faust greifen, diese durchaus auch wirkungsvoll einsetzen konnten. Sie trugen dunkle Kleidung, teils aus Leder, waren teilweise an den Händen tätowiert usw. Obwohl die Altstadt voll war, waren die Bänke neben der Bank, auf der diese Leute saßen, leer. Dabei waren sie so etwas von friedlich! Und einer war sogar barfuß, die Schuhe standen unter der Bank. Als er kurz zu einem Kiosk oder sonst was ging, blieb er barfuß, während seine Kumpel (unter anderem) aufpaßten, daß niemand die unter der Bank stehenden Schuhe klaute.

Ich aber ging zurück und watete um Bereich des Kinderspielplatzes auf die Ankunft der Läufer. Der Schwarze war immer noch der erste, dicht gefolgt von einem weißen, dann kam eine Weile nichts. Während ich von einem Brunnentrog nahe der Holzbrücke Fotos machte, kam auch Christian vorbei. Ich sprang vom Trog, rannte barfuß wenige Schritte unter der Holzbrücke durch, während die Läufer einen "Umweg" laufen mußten. So kam ich Christian noch einmal vor die Linse.

Während ich dann auf weitere Läufer wartete, fragte mich ein kleines Mädchen, ob es barfuß nicht zu kalt sei. Offensichtlich war es selber gelaufen, zumindest trug es eine kurze Sporthose und Turnschuhe mit Socken und war somit auch nicht gerade winterlich gekleidet. Aber was soll ich sogar sagen? Mich haben selbst Barfüßer gefragt, ob es in kurzen Hosen nicht zu kalt sei. Und es soll ja auch bemützte Barfüßer geben, die bei barhäuptigen Schuhträger vergleichbare Anspielungen machen.

Dann kam auch Franz Studhalter angesäckelt, barfuß wie eh und je. Er kam den Weg hinunter zur Limmat, dort wo die Laube stand, wo mich die oben erwähnte Frau bzl. barfuß angesprochen hatte. Während der Oberwiler in Richtung Wehrbrücke rannte und ich mich umdreht, sah ich, wie die Frau einen Fotoapparat wegnahm und. hatte sie etwa Franz Studhalter fotografiert, während er barfuß den Weg runterrannte und mich, den barfüßigen Schildträger ebenfalls auf dem Bild? Dem Blickwinkel nach war es möglich. Sie lächelte mir zu.

Ich überquerte die Holzbrücke und begab mich in Richtung Stadion Aue. Auf einem Parkplatz kam mir ein Sportler entgegen. Ihm war es im Sport-T-Shirt zu warm geworden, er trug es in der Hand. Sportschuhe aber trug er immer noch, mit Socken. Auf dem Rasen des Sportplatzes aber gingen etliche Leute barfuß, das tat sicher gut nach einem langen Lauf in Turnschuhen. Aber auch Kinder ohne Sportkleidung hatten teilweise ihre Schuhe abgestriffen und tobten barfuß auf dem Platz. Ich war aber nicht auf der Schuhe nach Barfüßern, sondern nach Christian, aber ich fand ihn nicht. So ging ich zurück zum Velo, diesmal nicht über den fiesen Schotterweg, sondern über die barfußfreundliche Treppe. Froh gelaunt schwang ich mich aufs Velo, überquerte die Limmat nicht über die Hochbrücke, sondern über die Holzbrücke. Da es noch zu früh war, um nach Hause zu fahren, schob ich mein Velo zum Platz vor der reformierten Kirche, wo noch die warme Sonne schien. Welch ein schöner Tag ohne Negativereignisse, glaubte ich.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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