BFige Kid-Helden & -Idole (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Stammposter, Thursday, 17.01.2008, 00:02 (vor 6091 Tagen) @ Barpfotenbaer

Hi Barpfotenbär,
als einem älteren Semester sagt mir der Name Ali Mitgutsch natürlich auch was - & es gehört definitiv zu meinen Kindheitserinnerungen, bemerkt zu haben, daß in den Büchern idyllische, natürlich meist sommerliche Szenen illustriert waren.

Der große Frust kam dann schon recht bald, als ich bemerkte, daß die Wirklichkeit der eigenen Kindheit auch voll-sommers bei weitem nicht so mächtig oder total BF war wie bei den gezeichneten Kid-Figuren. Soweit ich mich erinnere, stellte ich aber die Frage "Warum 'geht' BF in meiner eigenen Lebenswirklichkeit, die doch sommers auch nicht wesentlich anders ist (gut, ich war ein Stadtkind), bei weitem nicht so (gemeint war: in diesem Ausmaß) wie in den Büchern?" trotzdem nicht.

Zwar bin ich kein Kinderpsychologe & bin heute über das feste Ritual, in meiner Kleinkindheit täglich vor dem nächtlichen Schlaf eine Gute-Nacht-Geschichte mit Bild-Selbstbeglotzung & [Vorgelesen durch Mam' oder Dad] verabreicht bekommen zu haben (angeblich, "weil das für meine 'Entwicklung' immens wichtig sei") belustigt, doch muß ich wirklich sagen, daß es die heutigen [selbstverständlich nichtBFigen] "Idole" überhaupt nicht bringen.

Gemerkt habe ich das bei meinen Neffen & Nichten, die geradezu wie programmiert-roboterhaft folgendes Verhaltenspattern an den Tag legten: Oberflächlich konnten sie zwar die bizarren Geschehnisse in den Stories nachbeten, jedoch kam es vor allem darauf an, daß immer mehr & alles Verfügbare an "Pokemon" und später "Harry Potter" gekauft wurde.

Wir wissen nicht, welche Wirkungen es gehabt hätte, wenn Pokemon (keine Ahnung, was das überhaupt für eine Figur ist) oder Harry Potter permanent BF gelaufen wären.

Wahrscheinlich keine. Diese Figuren waren/sind astronomisch weltferner, irrealer, als das, was bei mir per TV-Welt ein paar Jahre später die deinerseits in Erinnerung gerufene schöne illustrierte Buchwelt ersetzte - & diese den frühjugendlichen Nachahmungstrieb beflügelnden Figuren waren gar nicht so arg irreal , weil sie eben nicht zaubern konnten wie Harry Potter (2 Beispiele aus den späten 1960s):

* Robinson Crusoe (der Romanwriter hieß Daniel Defoe) mit Robert Hoffmann in der Hauptrolle. Lief spätestens auf der Insel, die er nach Schiffbruch gerade noch erreichte, sowieso nur BF (bastelte sich jedoch für Sonder-Einsatzzwecke irgendwelche Shoes, die er wirklich nur bei Bedarf trug). Friseur gab´s auch keinen auf der Insel.

* Wahnsinn war etwas später die "Tom Sawyer"-Verfilmung mit Roland Demongeot & vor allem Marc di Napoli (als weltgeschichtlich erste Total-Hippie-Ausgabe des Huckleberry Finn). Fand recht zwangsweise bei der Witwe Douglas ein Provisoriums-Zuhause & war wenig happy: "Waas? Schuhe tragen? Sag' mal, spinn' ich?" - & bald war wieder Schluß damit.
Die Wirkung war enorm. Damals war es üblich, in Schulbänke die Namen aller berühmten Rockbands & sonstiger Idole zu ritzen - tatsächlich fand sich an "meiner" Penne sogar mehr als 1x, wohl von der holden Weiblichkeit einer Französischklasse eingraviert, der nette Profilabdruck 2er nackter Füßchen & die Worte "Ou es tu, Marc?" (man wußte, wer gemeint war), links & rechts flankiert von pfeildurchbohrten, bluttropfenden, gemalten Herzen.

Früher waren Kinder-Helden & -Idole oft barfuß. Zwar war die süddeutsche Stadt, in der ich aufwuchs, eine andere Welt als die Mark Twain-fiktiven US-Bundesstaaten Lousiana & Missisippi um ca. 1850 (& natürlich auch nicht winterfrei), aber nachdem ja die Helden nicht so gänzlich irreal waren, fanden sich schon auch Features, die sich ebenfalls übernehmen ließen. Dazu gehörte auch BF bei nicht so ganz wenigen älteren Schülern - mit den bekannten positiven bis auch skurrilen Folgen (im harmlosesten Fall kopfschüttelnden Eltern, Lehrern etc.).

Bei mir war´s dann mit 16 soweit. Zwar hab' ich BF nicht autonom für mich selbst erfunden, aber man kann sich mächtig selbst damit finden. Besser man bleibt man selbst & pfeift auf die 'skurrilen' Folgen - wie manchmal emitttierte, an fragwürdige "Errungenschaften" der 'Zivilisation' appellierende Sprechblasen Dritter...

Ich glaube nicht, daß Herr Mitgutsch auf Druck seiner Auftraggeber fast nur noch beschuhte Kids zeichnet. Vermutlich schwimmt er mehr unbewußt auf einem Floß mit nicht wenigen seltsamen, skeptisch zu beurteilenden Strömungen der Zeit...

Herzliche, nostalgische & auch in bezug auf früher melancholische BF-Grüße, Jay


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