Sofort alles fallen lassen (4. Teil) (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Wednesday, 21.11.2007, 12:34 (vor 6213 Tagen)

Samstag, den 17.11.2007, 20.22 Uhr: Ich befand mich im Zug der Lausanner Metro. Pünktlich verließ er den Bahnhof der Polizeistadt Renens und rollte in Richtung Lausanne-Flon, ich war selbstverständlich barfuß. Mein Plan war, von Flon mit der Zahnradmetro zum Lausanner Hauptbahnhof zu fahren, eventuell sogar mit dem Umweg über Ouchy. Diese Bahn soll in nördlich gelegene Stadtteile verlängert werden. Was ich aber nicht gewußt hatte: Gegenwärtig fährt die Bahn überhaupt nicht, stattdessen aber ein Bus. Überall Baustellenabsperrungen. Aus barfußtechnischer Sicht kein Problem, jedoch war vieles verschmiert, vor allem die Hinweisschilder. Soll heißen: ich fand den Weg zum Bus nicht in der Dunkelheit.

So entschloß ich mich, zu (bar)fuß durch die Stadt zu gehen in der Hoffnung, ich würde so zum Hauptbahnhof gelangen. Obwohl es recht kalt war, empfand ich es barfuß auf dem Trottoir nicht unangenehm. Schließlich aber gab ich es auf, den Hauptbahnhof zu suchen. Ich ging wieder zurück nach Flon, um von dort wieder nach Renens zu fahren. Denn von dort würden S-Bahnen zum Hauptbahnhof fahren.

Wieder wartete ich barfuß auf die Metro, um 21.30 Uhr fuhr sie ab. Etwas mulmig war mir aber doch, mich wieder in die "Höhle des Löwen" zu begeben. Um 22.07 Uhr würde in Renens ein Anschlußzug fahren, das hatte ich mir auf einem Schmierzettel notiert. Es würde also genügend Zeit zum Umsteigen verbleiben! Genügend? Nein, zu viel! Damit meinte ich nicht, daß ich mir die Füße abfrieren würde, sondern daß ich wieder einmal in die Polzeifalle geraten könnte. Denn "Wiederholungstäter" werden meistens härter bestraft als Ersttäter. Aber ich hatte Glück: Ich sah, wie ein früherer Zug einrollte, Eine S-Bahn Richtung Villeneuve. Also zum anderen Bahnsteig, im Laufschritt, lauf, lauf! Wie beim Militär, jedoch nicht mit fetten Knobelbechern, sondern barfuß. Und rein in die S-Bahn, geschafft! Au revoir, ihr intoleranten Stadtbullen! Nett, euch gekannt zu haben! Besser, euch nicht zu kennen! Macht's gut! Ich hasse euch!

In Lausanne wechselte ich in einen Intercity, der um 22.20 Uhr abfuhr. In Bern stieg ein junger Mann hinzu. Er fragte: "Ist es nicht zu kalt?" Worauf ich antwortete: "Im Zug sicher nicht, zum Velofahren schon." Er fand es interessant, daß es Leute gibt, die auch im Winter barfuß sind. Er habe schon mehrere Leute gesehen, die im Winter zwar kurze Hosen tragen, jedoch immer Schuhe dabei. Ich erzählte ihm, wo ich gewesen war, ebenso die unfaire Behandlung durch die Polizei. Das fand er ungeheuerlich. Ihm selber war es schon passiert, daß er von Berner Polizisten angehalten wurde, weil sie glaubten, er hätte ein Velo gestohlen. Als er den Beamten zeigte, daß sein Schlüssel zu dem Seilschloß paßte, waren die Beamten noch mißtrauisch. Er hätte sich ja auch mit dem Seilschloß auf Diebestour begeben können. Schließlich aber ließen sie ihn weiter ziehen. Ich erzählte ihm, daß auch ich schon von der Polizei in Bretten verdächtigt worden war, ein Velo gestohlen zu haben, was in Wirklichkeit mein eigenes war. Ich wurde sogar auf die Polizeiwache geführt. Da sagte der junge Mann: "Waren Sie barfuß? Ich war es nicht. Wenn ich barfuß gewesen wären hätten mich diese Schafsäckel von Berner Bullen sicher auch länger schikaniert."

In Olten verließen wir beide den Zug. Während er vom Bahnhof abgeholt wurde, wechselte ich in die S-Bahn, Abfahrt 0.08 Uhr. Diese war ziemlich voll mit jugendlichen. Einer bestieg den Zug und trug einen einzelnen Damenstiefel in der Hand (und Turnschuhe an den Füßen). Er sah meine nackten Füße, verglich die Größe meiner Füße mit der des Damenstiefels, dann sagte er zu einem Kollegen: "Dem gehört er auch nicht, der ist zu klein!" Böse Worte über meine Aufmachung fielen nicht. So erreichte ich Zofingen, ein öffentliches Thermometer zeigte -4°C. Nun noch mit dem Velo nach Hause, ich hatte es geschafft.

Die Fahrt an sich hat mir gefallen, die Verspätungen der Bahn haben mich nicht gestört. Gerne hätte ich noch weitere Strecken barfuß erkundet, etwa die Littorail von Neuenburg nach Boudry. Aber dieses hat mir das üble Bullengeschmeiß vermasselt, besonders die in Renens. Immer wieder bin ich empört darüber, welche üblen Machenschaften sich einige (nicht alle) Polizisten in einem demokratischen Rechtstaat erlauben, ohne jemals zur Verantwortung gezogen zu werden. Selbst bei Dingen, die weder Straftaten, noch Ordnungswidrigkeiten sind, jedoch eher unüblich, etwa das Barfußlaufen oder/und das Tragen von kurzen Hosen außerhalb des Hochsommers, greifen einige zu den übelsten Methoden, wie man sie nur in einem Schurkenstaat erwartet. Aber für mich kein Grund, in Zukunft meine Kleiderordnung zu ändern.

Nebenbei bemerkt. Einen Tag zuvor war übrigens der "Tag der Toleranz". Haben diese intoleranten Polizisten etwa alles wieder vergessen? oder versuchten sie nur das nachzuholen, was sie am Tag der Toleranz nicht durften?

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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