2. Urlaubstag: Blaubeuren - Schwabach (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 02.08.2007, 08:40 (vor 6260 Tagen)

Samstag, 7.7.2007: Ich hatte eine Nacht im Schlafsack nahe Gerhausen, heute Stadtteil von Blaubeuren verbracht. Eine Gegend, die auch von deutschen Dichtern beschrieben wurde. Wie schrieb nicht noch Eduard Mörike in der "Historie von der schönen Lau"?
"Im Schwabenlande, auf der Alb, bei dem Städtlein Blaubeuren, dicht hinter dem alten Mönchskloster, sieht man nächst einer jähen Felsenwand den großen runden Kessel einer wundersamen Quelle, der Blautopf genannt. Gen Morgen sendet er ein Flüßchen aus, die Blau, welche der Donau zufällt. Dieser Teich ist einwärts wie ein tiefer Trichter, sein Wasser von Farbe ganz blau, sehr herrlich, mit Worten nicht wohl zu beschreiben; wenn man es aber schöpft, sieht es ganz hell in dem Gefäß."

Den Blautopf und das Kloster hatte ich am Abend zuvor gesehen, und von der Blau hatte ich den Eindruck, als ob in ihr den ganzen Tag über Wasser fließt. Auch dürften zu Zeiten der (enten)barfüßigen Lau noch keine Eisenbahn und keine Fahrradwanderweg den Fluß in Richtung Donau begleitet haben. Ich benutzte den Radweg auf meiner weiteren barfüßigen Urlaubsfahrt. Die nächste Stadt war Ulm. In einer Fußgänger- und Radfahrer-Unterführung unter einer Straße hatte offensichtlich eine Glasorgie statt gefunden. Zumindest fuhr ich über eine Scherbe, die jedoch keinen Plattfuß verursachte. Vorsichtshalber reduzierte ich mein Tempo, was dazu führte, daß ich bei der Rampe nach oben absteigen mußte. Auch hier lag Glas. Aber es gelang mir, mit heilen Füßen und Reifen wieder ans Tageslicht zu kommen.

Während meines Urlaubs war Ulm übrigens die erste Stadt, in der noch heute eine Straßenbahn verkehrt:
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Mir begegneten jedoch nur modernere Fahrzeuge als auf dem oberen Bild. Da ich schon mal in Ulm war, begnügte ich mich diesmal damit, mein Rad durch die Fußgängerzone zu schieben und kurz einen Abstecher ans Donauufer zu machen. Das Verlangen, auch Neu-Ulmer (bayrischen) Boden unter meine nackten Füße zu nehmen, hatte ich nicht. Aufgrund von Andis Berichten im Forum weiß ich, wie schäbig die dortigen Polizisten auf barfüßige Autofahrer und barfüßige Fußgänger reagieren. Da kann ich mir an meinen 20 Fingern bzw. Zehen abzählen, wie sie auf barfüßige Radfahrer reagieren würden.

In der Ulmer Altstadt gab es einige erstaunte Blicke auf meine Barfüßigkeit. Oder war es mehr die Tatsache, daß ich ein vollbepacktes Fahrrad durch die Stadt schob? Von Ulm ab ging es bergauf, war ziemlich anstrengend. Gegen 11 Uhr war ich in Heidenheim/Benz. Hoch über dieser Stadt thront ein Schloß:
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Ich schob mein Rad zwar durch die Fußgängerzone, aber zum Schloß wollte ich damit nicht hoch (und unten stehen lassen wollte ich es auch nicht). Ich suchte nach einer Grünanlage, wo ich eine Pause machen konnte. Und ich fand eine: Ein aufgelassenes Bahnareal östlich des Bahnhofs. Der ehemalige Lokschuppen fiel nicht der Spitzhacke zum Opfer, sondern wurde renoviert:
http://img.meinestadt.de/images/image.php/id=90025/type=S

Ansonsten wurde hier eine Skaterbahn eingerichtet, paßt irgendwie: (Eisen-)Bahn zu (Skater-)Bahn! Ein paar Kinder ausländischer Abstammung waren auf der Bahn. Nachdem ich eine Zeit auf einer Bank gesessen hatte, kam ein Junge auf mich zu, starrte auf meine Füße und fragte in bestem Deutsch, wo ich her kam. Als ich antwortete, fragte er weiter: "laufen in der Schweiz alle so rum?" Worauf ich antwortete: "Alle nicht. Hängt ganz von Wetter und Situation ab. Im allgemeinen gibt es dort keine Vorschriften." Die Jungen waren übrigens nicht winterlich vermummt, sie trugen wie deutsche Kinder kurze Hosen und T-Shirt, dazu Turnschuhe mit Socken.

Der weitere Weg nach Nördlingen war anstrengend. Erst gegen Ende, wo die Grenze zwischen Baden-Württemberg und dem Freistaat Bayern liegt, geht es bergab. Wegen starker Seitenwinde konnte ich die Gefällstrecke jedoch nicht ausschöpfen. In Nördlingen war ich noch nie, und aufgrund von Ulrichs Schilderungen in diesem Forum war sie sehenswert, z.B. wegen der Stadttore.
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Allerdings fand an diesem Tag eine Laufveranstaltung in der Altstadt statt, so daß es schwierig war, mein Rad an verschiedenen Stellen durchzuschieben. Auch wollte ich mein Rad nicht irgendwo abstellen und dann zu Fuß über die Stadtmauer zu gehen. Das ist halt der Nachteil, wenn man mit einem schwer beladenem Fahrrad unterwegs ist. Treppen können da zu unüberwindlichen Hindernissen werden. Und wenn man das Rad irgendwo anschließt, jedoch das Gepäck drauf läßt, dann fehlt hinterher was. Von den Läufern war niemand barfuß. Andererseits fällt die Barfüßigkeit anderer bei einer solchen Veranstaltung weniger auf, noch dazu bei so heißem Wetter.

Ulrich hatte das nördlich gelegene Dinkelsbühl als sehenswert beschrieben. Mich aber interessiert auch "die Stadt meiner Vorfahren", nämlich Oettingen (der Familienname "Oelting" ist aufgrund eines falschen Kirchenbucheintrages aus "Oetting" entstanden). Da ich auf der Tour nicht so weit gekommen war wie ursprünglich erhofft, entschied mich für letzteres, den kürzeren Weg. Das Trassee einer Museumsbahn von Nördlingen nach Oettingen und darüber hinaus sah ich, jedoch verkehrten hier gerade keine Züge:
http://images.google.ch/imgres?imgurl=http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/f/ff/Bahnhof_Cronheim.jpg/180px-Bahnhof_Cronheim.jpg&imgrefurl=http://de.wikipedia.org/wiki/Bahnstrecke_N%25C3%25B6rdlingen%25E2%2580%2593Gunzenhausen&h=129&w=180&sz=7&hl=de&start=0&tbnid=FojvaLcKFklboM:&tbnh=72&tbnw=101&prev=/images%3Fq%3Doettingen%2Bmuseumsbahn%26gbv%3D2%26svnum%3D10%26hl%3Dde%26sa%3DG

Ich erreichte Oettingen, das ebenfalls sehenswert ist:
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Ich schob mein Velo durch die historische Altstadt. Hier lästerten einige Leute in Straßenrestaurants. Dann schob ich es westlich der Altstadt durch einen barfußfreundlichen Park. An einer Kirche setzte ich mich auf eine Bank, um was zu verzehren. Leute, die vorbeikamen, beachteten meine Barfüßigkeit nicht. Eine junge Frau kam barfuß aus einem Haus, um kurze Zeit später wieder hineinzugehen.

Ich radelte weiter, nach Gunzenhausen. Wenige Kilometer vor Schwabach fand ich einen Wald, in dem ich übernachten konnte. Ursprünglich hatte ich geplant, an diesem Tag bis Nürnberg zu kommen. Auch in dieser Nacht blieb es trocken. Mein zweiter Urlaubstag war um.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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