Erinnerungen und Gedanken (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Stammposter, Friday, 15.06.2007, 22:02 (vor 6373 Tagen) @ Markus U.

Hi Jay!
Deine Erinnerungen bringen mir den Generationenunterschied zwischen uns wieder mal voll zum Bewußtsein. Auch ich habe mir für die letzten beiden Schuljahre (also ab 1984/85) trickreich eine amtsärztliche Befreiung vom Sportunterricht besorgt, was mir gleich zwei Vorteile einbrachte: Zum einen verschwand endlich der notorische "Schandfleck" aus meinen Zeugnissen (da man Sport leider nicht regulär abwählen konnte, wären mir andernfalls meine bescheidenen Leistungen in jenem Fach angerechnet worden, was sich beeinträchtigend auf die Abi- Gesamtnote ausgewirkt hätte), und zum anderen hatte ich jeden Nachmittag frei, denn der Sportunterricht der Oberstufe fand bei uns ausschließlich nachmittags statt.
Um den Bogen zurück zum Thema zu finden:
Von einem regelrechten Barfußverbot im Sportunterricht (ausgenommen Schwimmen) ist mir nichts bekannt; falls es ein solches gab, waren Vorkehrungen zu dessen Einhaltung jedenfalls überflüssig, da zu meiner Oberstufenzeit niemand BF in die Schule ging. Es war also gar nicht nötig, daß sich das Lehrpersonal "clever" an den "Schleusen des [Nichtschuhe/Nichtsokken]- Gefahrenbereiches" postierten, denn erstens liegt das städtische Hallenbad in Ratingen nicht neben der Schule, und zweitens hatte der Sportunterricht auf der Zeitachse der Oberstufenschüler den letzten Platz inne; danach gingen sie nach Hause. Wer nicht "Schwimmen" als Sportart belegte, nahm am Sportunterrcht nur fett beschuht und in der Regel auch besockt teil.

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Hi Markus,
zunächst einmal ging mir (in meinem Fall) das Gestrampel von Erwachsenen auf Kommanda gegen den Strich, & da in meinen letzten "Schul"jahren der Sportunterricht entweder ganz in der Frühe oder in den Stunden zwischen ca. 12...13 h stattfand, war´s nach meiner "BF-Revolution der Neuzeit" völlig bekackt, BF in die Schule zu gehen, sich dann auf der Toilette die längst schmutzigen Füße zu waschen, um dann in [eigens mitzubringende] Socks & Turnschuhe einzusteigen. Wenn schon diese Verrenkungen, Gestrampel & uninterresante Spiele (Beachvolleyball auch ohne Sand in der Turnhalle hätte mir durchaus Spaß gemacht, nur war´s nix damit), hätte ich all das im Schulsport selbstverständlich BF ableisten wollen...
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Ansonsten gab es in der Schule kein BF- Verbot, und wenn es eins gegeben hätte, wäre es ziemlich überflüssig gewesen, denn BF in der Schule kam in meiner Obersufenzeit einfach nicht vor.

Über die Gründe grübele ich noch immer ziemlich vergeblich nach; zwar ist es richtig, daß meine Generation in ihrer Jugend weitaus angepaßter, "braver", konservativer und auch konsumorientierter war als die vorangegangene; sie kam mir auch irgendwie unpolitischer vor. Daß die von Dir verdächtigte Frau Noelle-Neumann an diesem trend "gedreht" hätte, kann ich mir nicht recht vorstellen, da Jugendliche auf eine alternde Demoskopin schwerlich "abfahren" (mir war sie vor zwanzig Jahren übrigens völlig unbekannt). Vermutlich war eher die Werbeindustrie für die konservativ- konsumorientierte Trendwende verantwortlich, denn damals setzte allmählich der Druck zum Tragen "angesagter" Markenartikel ein.
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Die "Meinungsforschungs"-Institution namens Allensbach unter deren damals schon recht betagter Chefin Noelle-Neumann ging ja auch keineswegs so plump vor, daß hier eine ältere, bereits senil werdende Dame Jugendlichen "mitteilen" wollte, was nunmehr (um ca. 1982) "in" & trendy sei, d. h. 'ordentlich anziehen, Konsum & Karriere' , sondern man sagte einfach ganz allgemein & unpersönlich, das habe die "Meinungsforschung" so herausgefunden. In Amerika war´s genauso, die Jugendlichen & Twens sollten glauben, ihre Altersgenossen würden nunmehr auf "Yuppie" statt auf Jeans, T-Shirt etc. abfahren; ich weiß jedenfalls, daß sich meine Freunde & Bekannten mächtig darüber aufregten, daß sie nunmehr wg. Vermeidung eines Paartagesbartes 1/4 Stunde früher aufstehen mußten, um sich ordentlich zu rasieren. Sie fragten sich ständig, welcher Vollidiot auf diese Idee mit der Sache "Schickimicki" gekommen sei. Lacotz- Hemden fanden wir geschmacklich wirklich zum Kotzen. Keiner meiner Freunde hat sich freiwillig von seiner langen Matte & vom sporadischen BF- Laufen in der Öffentlichkeit getrennt, sondern weil sie aufgrund des neu etablierten Anpassungsdrucks MUSSTEN, um einen Job zu kriegen; ich konnte weiterhin noch wegen Studium "wild" bleiben.
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Trotzdem trauere auch ich irgendwie meiner Oberstufenzeit nach, wenn sie auch fast BF- frei verlief, denn immerhin konnte man in den achtziger Jahren ziemlich hemmungslos der Sokkenlosigkeit frönen, ohne daß jemand einen Täuschungsversuch mit Füßlingen unternommen hätte.

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BF in Halbschuhen interessiert mich z. B. überhaupt nicht, da hierbei die Außentemperatur bereits so hoch ist, daß ich gleich GANZ BF gehen kann. Persönlich finde ich z. B. BF in festumschließenden Schuhen ein äußerst unangenehmes Feeling, ich möchte tatsächlich Socks als Zwischenpuffer haben. Ist es nicht wirklich kalt, wird meinerseits ein Schuh-Requirement mit MINIMALSTSCHUHEN beantwortet. Man soll ruhig soviel wie möglich von meinen Füßen sehen & merken, daß ich in Wirklichkeit ein BF-Freak bin, der sich jetzt grad' Ruhe verschafft, indem er eben NICHT GANZ BF ist. Auch MinimalSTschuhe sieht die Gegenseite immerhin als Beschuhung an & ist ruhiggestellt.
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Nun kann ich zwar einigermaßen sicher behaupten, daß mein grundsätzlicher Nonkonformismus ausgereicht hätte, spätestens ab meiner Gießener Zeit (1986 bis 1992) einigermaßen konsequent BF zu gehen, aber ich ließ es bleiben, weil ich dieses Bedürfnis als vermeintlich "abartiges Gelüsten" zurückdrängte und verleugnete. Erst die Kenntnisnahme von diesem Forum im Jahre 2000 und vor allem das daraus resultierende Kennenlernen Gleichgesinnter hat mich von dem Irrtume, der Drang zum Barfußlaufen sei eine zu bekämpfende Makke, befreit und mir zugeich die Erkenntnis gebracht, daß es auch im Winter möglich ist, eine Frage, die ich mir schon insgeheim 30 Jahre zuvor gestellt hatte, wobei ich wiederum zu einem falschen Ergebnisse gekommen war, weil ich einfach niemanden sah, der es getan hätte.

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Der große Segen des HBF ist bei mir in gleicher Weise die Befreiung von dem Verdacht, einen "BF-Tick" zu haben. Daß BF allerdings tatsächlich auch im Winter outdoor möglich ist, hätten weder meine Freunde, Bekannten, Mitschüler für möglich gehalten; sie waren ja im Unterschied zu mir nur ganz sporadisch überhaupt 'mal BF & wären genauso nie auf die Idee gekommen, das im Winter einmal auszuprobieren. Die Info, daß BF im Winter in der Tat practicable ist, erhielt ich erst über das Forum.
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Ob solcher Erinnerungen etwas melancholische Barfußgrüße,
Markus U.

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Ebenfalls melanchlolische Grüße mit Erinnerungen aus einer BF-mäßig spannenden Zeit (man wußte nie, auf welchen Lehrer* man beim Einrücken in die Schule stoßen würde), Jay

*) es gab welche, die auf Einhaltung des BF-Verbotes beinhart bestanden & solche, die es im Sinne der Erreichung von "Lernzielen" als irrelevanten Blödsinn betrachteten.


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