Eine größere Anschaffung (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 31.05.2007, 12:02 (vor 6323 Tagen)

Nein, es war nicht das, was Wolfgang Hildesheimer recht lustig beschrieb, hier eine Passage, zwar offtopic, jedoch sicher für einige aus dem Forum von Interesse.

Geschichte an:
"Eines Abend saß ich im Dorfwirtshaus vor (genauer gesagt, hinter) einem Glas Bier, als ein Mann gewöhnlichen
Aussehens sich neben mich setzte und mich mit gedämpft-vertraulicher Stimme fragte, ob ich eine Lokomotive kaufen
wolle. Nun ist es zwar ziemlich leicht, mir etwas zu verkaufen, denn ich kann schlecht nein sagen, aber bei einer größeren
Anschaffung dieser Art schien mir doch Vorsicht am Platze. Obgleich ich wenig von Lokomotiven verstehe, erkundigte ich mich nach
Typ, Baujahr und Kolbenweite, um bei dem Mann den Anschein zu erwecken, als habe er es hier mit einem Experten zu tun, der nicht
gewillt sei, die Katze im Sack zu kaufen. Ob ich ihm wirklich diesen Eindruck vermittelte, weiß ich nicht; jedenfalls gab er
bereitwillig Auskunft und zeigte mir Ansichten, die das Objekt von vorn, von hinten und von den Seiten darstellten. Sie sah gut aus,
diese Lokomotive, und ich bestellte sie, nachdem wir uns vorher über den Preis geeinigt hatten. Denn sie war bereits gebraucht,
und obgleich Lokomotiven sich bekanntlich nur sehr langsam abnützen, war ich nicht gewillt, den Katalogpreis zu bezahlen.
Schon in derselben Nacht wurde die Lokomotive gebracht.
Vielleicht hätte ich der allzu kurzfristigen Lieferung entnehmen sollen, dass dem Handel etwas Anrüchiges innewohnte,
aber arglos wie ich war, kam ich nicht auf die Idee. Ins Haus konnte ich die Lokomotive nicht nehmen, die Türen gestatteten es
nicht, (...) so musste sie in die Garage gebracht werden, ohnehin der angemessene Platz für Fahrzeuge.
Natürlich ging sie der Länge nach nur etwas halb hinein, dafür war die Höhe ausreichend; denn ich hatte in
dieser Garage früher einmal meinen Fesselballon untergebracht, aber der war geplatzt. (...)"
Geschichte aus!

Es handelte sich bei mir um ein neues 2-Rad, das ich benötige, um die geplante Reise im Juli durchzuführen. Am Tag nach Himmelfahrt suchte ich einen Zofinger Velohändler auf, bei dem ich auch sonst immer war. Für den kauf eines Velos lege ich mich nicht extra in Schale, sondern ich kam in der Aufmachung, in der ich auch am liebsten Velo fahre, nämlich barfuß. Im Laden wurde ich höflich bedient wie wenn ich Schuhe angehabt hätte. Nach relativ kurzer Zeit hatte ich das Rad gefunden, was den Erfordernissen am ehesten entsprach. Es besaß allerdings keine Gummipedale, sondern solche aus Eisen, jedoch nicht so scharfkantig bei vielen Mountainbikes. Ich hätte natürlich sagen können, daß man mir andere Pedalen anbauen solle, aber das wäre mir ebenso unangenehm gewesen wie wenn ich barfuß einen Lebensmittelladen betrete und den Verkäufer auf Scherben hinweise.

Am nächsten Tag konnte ich das Treckingvelo abholen. Da ich bar bezahlte, erhielt ich auch den Barzahlerrabatt, wie auch bei früheren Velos, die ich in dem Laden gekauft habe. Ich weiß nicht, ob dieses ein Besonderheit dieses Veloladens ist oder ob es in der Schweiz üblich oder gar obligatorisch ist. Oder kann ein Velohändler je nach Sympathie dem einen Kunden den Rabatt gewähren, dem anderen aber nicht (Velos gleicher Preisklasse vorausgesetzt)? Zumindest war meine Barfüßigkeit kein Grund, mich übers Ohr zu hauen und den vollen Preis aufzubrummen in der Hoffnung, ich merke nichts. Ich wurde so am Tag zuvor darauf hingewiesen. Ein geschäftstüchtiger Velohändler würde sicher nicht versuchen, einen, der schon öfters dort war, zu vergrämen, selbst dann, wenn er selber nicht barfußbegeistert ist.

Als ich schon bezahlt hatte, kam noch zufällig der Chef vorbei. Er sagte auch nichts zu meiner Barfüßigkeit, sondern nur: "Da haben Sie sich aber ein schönes Velo ausgesucht!" Ich radelte damit nach Hause (war ja nicht weit, auf dem Hinweg ging ich zu Fuß).

Am Pfingstsonntag kam ich endlich dazu, am neuen Velo Plakette usw. zu monieren. Auch wollte ich die Pedalen wechseln. Zwar reizte es mich, ein Velo mit "barfußneutralen" Pedalen zu haben, aber ausgerechnet bei dem, das ich für weiteste Touren benutzen will? Da kam mir die Idee, mein Alltagsvelo mit den eisernen Pedalen zu versehen und das neue mit den Gummipedalen vom Alltagsvelo. So könnte ich meine Füße unempfindlicher machen (vielleicht komme ich dann auch besser mit barfußlaufen auf weniger schönen Wegen zurecht). Das wäre quasi "eisernes Training" im wahrsten Sinne des Wortes. Den Plan mußte ich allerdings fallen lassen, weil die Pedalen am Alltagsvelo total festgerostet waren. Vom Velo für mittlere Strecken gingen die Gummipedalen jedoch ab, so daß ich dieses mit den eisernen versah.

Am Nachmittag unternahm ich eine ca. 30 km lange Velotour, um die eisernen Pedalen auf Barfußtauglichkeit zu untersuchen, und es ging besser als ich befürchtete. Man kann entweder den Ballen auf der Pedalenachse plazieren (dann berührt der Fuß die Eisenkanten nicht und die Ballenmuskulatur wird zusätzlich gekräftigt) oder mit der Ferse, die weniger empfindlich ist als die Wölbung. So kann man den Fuß immer anders aufsetzen, das sorgt für Abwechselung beim barfüßigen Velofahren.

Und mein neuestes Velo? Das habe ich lediglich für die Fahrt vom Velohändler benutzt, danach nicht mehr. Es soll ja schließlich nicht schon kaputt sein, bevor ich damit in den Urlaub fahre. Über Geldsummen redet der Schweizer ja nicht, nur soviel: Es hat nur halb soviel Räder wie ein Auto, kostet aber vieles weniger als die Hälfte von dem, was Jay in der Regel für ein 4-Rad ausgibt. Aber trotzdem war es keine billige Schleife, solche halten bei mir nicht.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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