Traurig, dass nackte Füsse so verpönt sind (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 07.05.2007, 13:17 (vor 6347 Tagen) @ Jerry2

Hallo Jerry,

soweit ich mich erinnere, wohnst (oder wohntest?) Du in der Nähe von Fechenheim. Und wenn ich an Fechenheim denke, dann denke ich auch an jenen "böhmischen" Gefreiten, der in derselben Straßenbahn fuhr und nach dem Aussteigen mir befahl, Schuhe anzuziehen. Aufgrund dieses Einzelfalls zu schließen, daß in Fechenheim die Abneigung gegen nackte Männerfüße stärker ausgeprägt als anderswo, ist vielleicht übertrieben. Aber wenn man zum ersten Mal barfuß nach Fechenheim kommt, dann das Tram verläßt und schon vom einem angepflaumt wird, dann wirft es natürlich nicht unbedingt ein positives Licht auf diesen Frankfurter Stadtteil.

Wenn man vielleicht zufällig Bekannte im Familienkreis, unter Arbeitskollegen oder sonst wo hat, die eine Abneigung gegen Bar- und/oder Sandalenfüße haben, dann wird so etwas auch leicht überbewertet. Dann kommt leichter der Eindruck, als ob so etwas verpönt sei. Vielleicht ist das ja bei Dir der Fall. Oder handelt es sich um Leute, die aus ganz anderen Gründen etwas gegen Dich haben und Dein Verlangen nach Fußfreiheit als Ausrede haben. Es hat schon Fälle gegeben, daß in einer funktionierenden Ehe nie ein Wort darüber fiel, wenn einer barfuß war. Als es dann in der Ehe zu kriseln begann, wurde dem Barfüßer die Barfüßigkeit immer vorgehalten.

Es macht natürlich einen Unterschied, welche Kleidung man sonst trägt. Wenn man im Sommer lange Jeans oder kurze Hosen in Kombination mit barfuß oder sockenlos in Sandalen trägt, dann sagen vermutlich weniger Leute etwas wie wenn man die selbe Fußbekleidung zur selben Jahreszeit in Kombination mit Frack oder Smoking trägt. Mich würde nicht einmal überraschen, wenn Leute die Polizei rufen, wenn sie einen Barfüßer im Sommer im Smoking erspähen. Es ist halt ein totaler Stilbruch (in den Augen der Spießer). Im Winter wird vermutlich ein Mensch in kurzen Hosen, egal ob er nun barfuß ist oder Sandalen (oder gar noch fetteres Schuhwerk unabhängig vom Vorhandensein von Socken) am leichtesten Opfer teilweise übler Nachstellungen.

Teilweise hängt auch die Figur eines Menschen damit zusammen, ob barfuß von anderen akzeptiert wird oder nicht. Oder die gesundheitliche Konsistenz. Wenn etwa einer wegen eines Verkehrsunfalls vorübergehend humpelt und dann barfuß oder in Sandalen angetroffen wird, dann glauben Außenstehende nicht selten, daß das Humpeln mit dem Barfußlaufen zusammenhänge, und deswegen wird gelästert. Auch ich habe festgestellt, daß ich nach längeren Wanderungen (nicht nur barfuß) wegen Überanstrengung am Abend auch nicht mehr gerade gehen konnte und andere Leute dann entweder gelästert haben (oder ein Autofahrer, ob er mich mitnehmen könne). Und auch die Polizeikontrollen waren bei mir häufiger, wenn ich schon ziemlich erschöpft war.

Anders als Andi ist mir nicht speziell aufgefallen, daß Sandalen bei Männern mehr verpönt sei als "ganz" barfuß. Richtig beurteilen kann man das nur, wenn man mehrere Male manchmal barfuß, manchmal mit Sandalen in absolut dieselbe Situation kommt. Oder gilt die Situation "entweder das eine - oder das andere, ja kein "Mittelding!"? Wenn vier Personen in der Stadt unterwegs sind, einer barfuß, einer Schuhe mit Socken, einer Schuhe ohne Socken, einer Socken ohne Schuhe, dann wird vermutlich die Person nur mit Socken am meisten Ärger bekommen. Mich würde nicht überraschen, daß die Polizei einen anhält, der im Hochsommer in T-Shirt, kurzen Hosen und Socken ohne Schuhe unterwegs ist, während sie die anderen Personen (in ansonsten gleicher Kleidung) nicht weiter beachtet.

Daß "Mitteldinge" (oder "Mitläufer"?) manchmal ziemlich heftig verteufelt werden, kann von Zeit zu Zeit auch hier im Forum gelesen werden. Etwa:

Wenn ich barfuß sein will, dann gehe ich gleich barfuß los und nehme keine Schuhe mit. Wenn ich mit Schuhen unterwegs bin, dann behalte ich sie an, bis ich wieder zurück bin.
Beim Barfußlaufen trage ich nur spezielle Kleidung.

Ich habe auch überhaupt nichts dagegen, wenn so etwas praktiziert wird, solange man andere das ihrige tun läßt. Was ich aber nicht abkann, ist, wenn man irgendwelche Werturteile abgibt.

Und noch schlimmer sind Vorwürfe einiger weniger Forumsteilnehmer, die immer gleich schreien, daß die Barfüßer in schlechten Ruf gebracht werden, etwa durch

- "falsche" Kleidung
- "falsches" Fahrzeug
- "unvorteilhafte" Figur
- Unsportlichkeit
- schneeweiße Füße oder erdbraune Nägel
- zu billige Kamera

So etwas ist Intoleranz sondergleichen. Barfußlaufen soll nicht einer "Elite" vorbehalten sein, sondern für jedermann unabhängig von Geschlecht, Nationalität, politischer Gesinnung, Religion, Beruf, Vermögen an jedem öffentlichen Ort kostenlos möglich sein, wobei es selbstverständlich jedem freisteht, selber darüber zu entscheiden, ob und wann man sich der Schuhe entledigt.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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