Glückliche & psychisch gesunde Kinder (Hobby? Barfuß! 2)

Jay, Stammposter, Thursday, 19.04.2007, 05:16 (vor 6431 Tagen) @ Andi35

Hi Andi,
zwar ist es jetzt etwas off-topic, aber ein ganzer Grundschuljahrgang ist Zeuge für folgendes:
1964 wurde ich im Herbst an einer "normalen" staatlichen Grundschule eingeschult und verbrachte dort meine ersten 4 Grundschuljahre.
Weniger ist oft mehr. Wir lernten weit weniger als die heutigen Kids im Alter von 6 - 10 (sah den Vergleich bereits bei meiner 7 Jahre jüngeren Schwester), aber:
Lesen, Schreiben, die 4 Grundrechenarten (mit straffem Alltagsbezug, wenn 3 Semmeln 90 Cent kosten, wieviel kosten dann 5?) angenähert perfekt (kam verdammt selten vor, daß selbst der schwächste Schüler der Klasse [er ist heute Werkstattleiter des hiesigen Daimler-Autohauses] Buterbrot schrieb), ein wenig Heimatkunde, ein wenig Religion.
Und das bei täglich 1/2 Stunde Hausaufgaben. Der Rest des Tages galt der "freien Persönlichkeitsentwicklung". Ehrenwort.
Die Lehrer hielten allerdings straffe Disziplin. BF gab´s nur frei Schnauze im Turnunterricht (war damals einfach sch...egal, ob man Turnschuhe trug oder "so"). Unsere Standardbekleidung bei entsprechender Jahreszeit war BF in Sandälchen, Männlein wie Weiblein. Niemand kam überhaupt auf die Idee, sie sich im Unterricht auszuziehen. Jeder freute sich natürlich auf die Ferien, und zur Schule sagte man: Ja mei... Angst hatte aber niemand vor ihr.

Nach der 4. Klasse mußte ich als Sohn eines "gehobenen" Hauses auf die "höhere" Schule. Das war angesichts des gewaltigen Stoffumfanges und x Fächern ein gewaltiger Schock. Über das an diesem Gymnasium in der Hausordnung expressis verbis 'drinstehende BF-Verbot habe ich schon berichtet, auch, daß z. B. Lehrer alter Sprachen dessen Einhaltung besonders akribisch erzwangen.
Der Clou: Es gab einen furchteinflößenden Mathe/Physiklehrer. Der war derart psycho-extrem, daß einige bis in die Oberstufe auf der Toilette (vor der Stunde) Panik- bzw. Angstattacken mit Brechdurchfällen etc. bekamen, in einigen Fällen intervenierten die Eltern auf Verlegung ihrer Kids in eine Parallelklasse oder andere Schule. Der "staatliche Schulpsychologe" setzte durch, daß dieser Lehrer noch noch Oberklassen bekam. Verbindlich bekannt wurde, daß er auf BF im Unterricht folgendermaßen reagierte:
Hinrichtung bei einer "mündlichen" Prüfung an der Tafel stand bevor. Starr vor Schreck druckste SchülerIn entschuldigend herum, brüsk unterbrochen durch: "DAS IST MIR SCHEISSEGAL!!! MICH INTERESSIEREN IHRE LEISTUNGEN IN MATHEMATIK!!! LOS, RAUS!!!!" [Brüll-Eruption, 120 dBA]. Benotet wurde übrigens absolut gerecht. Er kümmerte sich nicht im geringsten um BF.

Geringfügig half uns das übrigens. Unsere auf Beschuhung als Respektsbezeugung vor der Autorität aufs extremste bedachten Lateinlehrer standen als besonders lächerliche Figuren da. Kam man ihnen mit dem Argument: Der NN erlaubt ja auch Barfuß! verschlug es ihnen die Sprache.

Vielleicht praktiziert die Waldorfschule doch noch etwas: Verzicht auf sinnlose Überforderung, Mobbing und psychische Quälereien.

Wieder mal nostalgische Barfußgrüße, Jay (auch mit den Händen kann ich überhaupt nicht malen).


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