Was wird in 20 Jahren sein? (Hobby? Barfuß! 2)

Jörg (Hanna), Stammposter, Sunday, 12.11.2006, 23:44 (vor 6589 Tagen) @ Jay

Hallo Jay,

ja, in Zeiten anhaltender Massenarbeitslosikgeit und Perspektivlosigkeit für die schlecht und nicht Ausgebildeten des "abgehängten Prekariats" beginnen (leider) auch Äußerlichkeiten wieder vermehrt an Wert zu gewinnen. In der Überflußgesellschaft der 60er und 70er Jahre, in der wir einst aufwuchsen, spiegelte ein unangepasstes Äußeres eher etwas Rebellisches und Freidenkerisches wieder, bis es sich in den 80er Jahren totlief und von einer Werbewirtschaft assimiliert wurde, die sogar die nihilistische Punkbewegung für sich entdeckte. Heute zählen wieder vermehrt die äußeren Werte; Benimmkurse stehen hoch im Kurs (was auch nicht das schlechteste sein muß), man versucht sich nach "unten" abzugrenzen. Den Status zeigt man wieder materieller und weniger intelektuell als vor 20, 30 Jahren. Das Barfußlaufen ist Opfer dieser Entwicklung, dem Forum zufolge vor allem in Regionen, in denen Barfußlaufen noch nie besonders üblich war.

Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, die Mitte wird immer dünner. Obgleich diese Unterschiede in einer hochindustriellen Wissensgesellschaft wie unserer vor allem vom Inhalt des Kopfes abhängen, gewinnt die Anzeige des Status nach außen wieder an Wert, frei nach dem Motto: Ich bin intelligent und gut ausgebildet, habe einen guten Beruf, verdiene gut und kann es mir leisten (was auch immer). Show ist chic und fördert bei nicht Wenigen das Selbstbewußtsein. Scheinbar gehört da auch die Schuhmode dazu, wenngleich in der Werbung Heerscharen von Barfüßern über uns herfallen. Die Praxis sieht wohl anders aus, da wird der Barfüßer zum nicht angepassten Sonderling, und der Sonderling an sich, vor allem der, den man nicht versteht oder durchschaut, gehört eher zum absteigenden Zweig der Schere. Mit dem möchte man dann lieber nichts zu tun haben. Die Zeit der Individualisten geht langsam vorüber. Kinder werden nicht mehr zu Individualisten, sondern zu Angepassten erzogen, weil letztere den vermeintlich leichteren Weg in Richtung Wohlstand und Zukunftsicherheit gehen. In dieser Erziehung zeigt sich nichts anderes als die Angst der Eltern um die Zukunft ihrer Kinder!

Ich glaube aber, daß Angepasstheit Intelligenz nicht ersetzen kann - im Gegenteil, sie behindert freies Denken und freie Entfaltung! Wir sind ein rohstoffarmes Land und brauchen Kreativität (= Innovation), und die wird bei den zwanghaft Angepassten doch eher unterdrückt. Armes Deutschland (Japan, USA, etc.).

Aber wie gesagt, hier im Westen Münchens laufen sommers viele Kinder barfuß in der Gegend rum. Vielleicht sollte ich doch lieber in der Nähe von FFB bleiben, statt nach FS (Landkreis mit der nierigsten Arbeitslosenquote Deutschlands!) zu ziehen, auch wenn mein Arbeitsweg nach PAF dadurch länger ist.

Serfuß,
Jörg


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