Augustpresse (2) (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Stammposter, Thursday, 05.10.2006, 09:54 (vor 6628 Tagen)

Hallo zusammen,
mit stattlicher Verzögerung kommt jetzt der letzte Teil der Augustpresse:

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Auf nackten Sohlen über den Parcours
Barfußpfade: Erlebnis für die Sinne und angesagtes Wellness-Programm. Einmal raus aus den Schuhen und dabei erfahren, wie sich Tannenzapfen, Torf oder Moos anfühlen [...]
Die armen Dinger sind völlig vernachlässigt. Müssen uns jeden Tag herumtragen, und zum Dank dafür werden sie abends auch noch in hohe Schuhe gequetscht. Es ist also an der Zeit, den Füßen auch mal etwas Gutes zu tun. Wie wäre es mit einem Ausflug in den nächsten Barfußpark? Spielerisch bekommen die Füße dort im Wasserbecken oder auf dem Lehmboden eine königliche Behandlung. Also nichts wie los: Schuhe ausziehen und barfuß loslaufen.
Die Füße mal wieder spüren: Wie fühlt sich ein Spaziergang über Moos an, müssen Kieselsteine unter den Füßen immer gleich unangenehm sein? Und wie wohltuend war es gleich noch mal, durch Sand zu laufen? Dies können Neugierige in Barfußparks herausfinden. Mehr als 30 gibt es in Deutschland. Einer der schönsten ist der Barfußpark Dornstetten. Maskottchen Balduin führt die Besucher hier brav über Stock und Stein und gibt Tipps, wie der Einstieg mit nackten Füßen am besten gelingt. Der 2,4 Kilometer lange Weg im Schwarzwald schlängelt sich durch einen Wald, und die Wanderer durchlaufen dabei spielerisch verschiedene Stationen, die den Tastsinn schulen sollen. [...]
Ab und zu mal barfuß laufen: Dies predigte bereits Gesundheitspapst Sebastian Kneipp. Als das "natürlichste und einfachste Abhärtungsmittel" bezeichnete er das Marschieren mit bloßen Füßen. Auch nahe dem Teutoburger Wald, in Lienen, wird Barfußlaufen groß geschrieben. [...] Der Eintritt ist kostenlos, der Weg im Sommer täglich bis Sonnenuntergang geöffnet. Manchmal wird es hier auch nachts spannend: bei einer Fackelwanderung - barfuß.
Manchmal müssen es einfach die eleganten High Heels sein. Oder die ausgelatschten Turnschuhe. Um jedoch Fußschäden vorzubeugen, empfiehlt sich nicht nur ein Paar medizinischen Schuhwerks, sondern auch regelmäßiges Barfußlaufen. Zum Beispiel in Tilbeck im Münsterland. Nahe dem alten Wasserturm, dem Wahrzeichen des Stifts Tilbeck, sind jeden Tag barfüßige Menschen zu sehen, die über eine Wackelbrücke balancieren und in einem Schlammbecken Torf treten. Auf dem 1,5 Kilometer langen Weg finden Groß und Klein auch abwechslungsreiche Spiele wie das "Sprachrohr" oder den "Zerrspiegel". Auf dem "Blindgang" müssen die Besucher zudem verschiedene Oberflächen mit den Füßen ertasten. Der Barfußgang ist kostenlos und den Sommer über täglich geöffnet.
Barfußlaufen fördert übrigens die Gesundheit, ohne dass man viel dafür tun muss: Es regt das Herz-Kreislaufsystem an, reguliert den Blutdruck, unterstützt das Venensystem und schult die Konzentration. Das gilt auch auf dem Barfußwanderweg in Mittenwald. Hier lassen Urlauber die dicken Wanderstiefel zu Hause und erkunden die Landschaft am Hohen Kranzberg barfuß. Das Sinnenerlebnis auf 1,5 Kilometer Länge umfasst 15 begehbare Stationen, an denen die nackten Füße so einiges ertasten, erfühlen und entdecken dürfen. [...] Schnell gewöhnen sich die Füße an das Neuland und danken es dem Besitzer, indem sie abends so richtig schön kribbeln. Der Barfußwanderweg ist kostenlos zu nutzen und in den Sommermonaten täglich geöffnet.
Dass Barfußlaufen nicht als Hippie-Spleen, sondern als angesagtes Wellness-Programm überzeugt, beweist die Vielzahl von Parks und Wegen, die in Kurorten zu finden sind. Deutschlands längster Barfußweg liegt in Bad Orb im Spessart. Stolze 4,5 Kilometer können die bloßen Füße hier bezwingen. [...]
[Hamburger Abendblatt , 12. 08. 2006]
Schön ist es auch, wenn man selbst Hand (und Fuß) mit anlegt:

Ästchen für Barfußpfad
Alsheimer Ferienkinder erweisen sich als fleißige Handwerker [...]
Wer fleißige Handwerker sehen wollte, der musste in den vergangenen beiden Tagen nach Alsheim kommen: Dort fertigten die Ferienspiel-Kinder auf dem Gelände neben dem Tennisplatz einen Barfußpfad. [...] Sämtliche Materialien wurden ihr von ortsansässigen Firmen sowie der Ortsgemeinde zur Verfügung gestellt. Vielleicht auch, weil der Barfußpfad den naturnahen Spielplatz an der Pesmesstraße, der von den Einheimischen "Teletubbie-Land" genannt wird, aufwertet. Kleine Hügel, Büsche und ein idyllischer Bachlauf sorgen für ein Biotop, das die Alsheimer Kinder gern und häufig nutzen. Nun also der Barfußpfad. [...] Dann unterteilt man die Rechtecke mittels kleinerer Bohlen noch in mehrere Abschnitte. Die werden am nächsten Tag befüllt. Mit Rindenmulch, Tannenzapfen, Ästchen - "alles Naturmaterialien." Kastanien sind auch geplant, aber wie bekommt man die zu dieser Jahreszeit? "Dieses Viereck muss halt noch ein wenig warten", entscheidet die Leiterin. [...]

Wenn der Barfuß-Pfad fertig ist, sollen sie Gelegenheit haben, auch an ihren nackten Fußsohlen Natur zu spüren: Denn das freie Spielen der "Kinder aus Bullerbü" ist heute Nostalgie und nur noch mittels künstlicher Mittel möglich. [...]
[Rhein Main Presse, 17. 08. 2006]

Und hier wird gleich der Barfußpfad für Zuhause angedacht:
Schule der Sinne im Garten: Zeigt her Eure Füße, legt ab Eure Schuh!
Wer geht heute schon ohne Schuhe aus dem Haus? Offiziell erwünscht ist das Barfuß-Gehen auf über 100 Barfuß-Pfaden, die es mittlerweile in Deutschland gibt. Im bayerischen Hausen und im nordrhein-westfälischen Lienen, im niedersächsischen Nienhagen, im thüringischen Alterstedt und in Bad Sobernhain in Rheinland-Pfalz gibt es Wege, die extra zum Barfuß-Gehen gestaltet sind.
Reiz mich!
Barfuß-Gehen steht hoch im Kurs. Schließlich ist es eine neue und doch uralte sinnliche Erfahrung. Aber sie lässt sich natürlich nicht nur auf den offiziellen Barfuß-Wegen erleben. Auch im eigenen, noch so kleinen Garten gibt es genügend Sinnesreize für die Füße. Bekanntlich kommt es nicht auf die Länge des Weges an. Hauptsache, Mensch gönnt seinen Füßen die Freiheit und spürt die Berührung von Stein und Rasen, Erde und Holz.
Fühl mal!
Füße sind nicht nur zum Gehen, sondern auch zum Fühlen da. Ihre Haut besitzt, ähnlich wie die der Hände, eine besonders große Anzahl an Nervenzellen, die Sinnesreize übermitteln. Meist nehmen wir diese Leistungsfähigkeit unserer Füße nur noch dann wahr, wenn die Schuhe drücken. Umso erholsamer sind die Botschaften, die beim Barfuß-Gehen entstehen. Morgens liegt der offene Boden kühl und glatt unter den Füßen. Mittags erscheint er heiß und hart. Sand umschmeichelt die Sohlen, lässt sie einsinken, umschließt sie. Sanft kitzelt der Rasen, spitz und grob hingegen reizt der Kiesweg die Haut. Erstaunlich sensibel ertasten die Füße feine Unebenheiten sowie grobe Strukturen und nehmen verschiedene Temperaturen wahr.
Nur Mut!
Bei den ersten Schritten braucht man noch ein wenig Mut, denn das Barfuß-Gehen ist ungewohnt. Die Haut der Füße ist empfindlich, wie bei Händen, die niemals fest zupacken. Nach einer Gewöhnungsphase wird das Barfuß-Gehen jedoch zum puren Vergnügen, von dem Körper und Seele gleichermaßen profitieren. Wer mit bloßen Füßen geht, härtet den Körper ab: Erkältungskrankheiten werden seltener, die Durchblutung wird besser, kalte Füße - ein sicheres Signal für schlechte Durchblutung - gehören bald der Vergangenheit an. Das Gehen über grobe, weiche, sanfte oder harte Strukturen wirkt wie eine Massage, die auch die inneren Organe beeinflusst und vor allem entspannt und beruhigt. Pfarrer Sebastian Kneipp drückte es so aus: "Es gibt freilich kein kräftigeres Mittel, die Nerven zu stärken und widerstandsfähig zu machen, als das Barfuß-Gehen".
Gut gepolstert
Bei den ersten "Gehversuchen" im eigenen Garten beschäftigen Gartenwege, -treppen, Rasen und Garagenauffahrt die Füße meist schon zu Genüge. Wer dem Barfuß-Gehen aber einmal verfallen ist, will immer mehr. Ein richtiger Barfuß-Parcour, der sich fast immer mühelos in bestehende Gartenwege integrieren lässt, ist dann die Lösung. Ein Teil der gewohnten Plattenwege wird durch natürlichen Gartenboden, durch Holzbohlen, Holzpflaster, runde Kiesel, Sand, Rinde, groben Kies, Schotter und Klinker ersetzt. Eine Wassermulde oder besser noch ein richtiges Becken zum Wassertreten ist ein weiteres Element. Flächen mit aromatischen Polsterpflanzen wie Teppichthymian und Polei-Minze bilden eine Abwechslung zu Wegen und Rasenfläche. Polsterpflanzen und Rasen sollten regelmäßig kurz gehalten werden, damit sich dort nicht zu viele Insekten aufhalten, die schmerzhafte Stiche verursachen können.
Wie schön!
Wer einmal in den Genuss des Barfuß-Gehens gekommen ist, möchte es nicht mehr missen. Morgendliche Nutzer gehen nach einer Runde voller Elan in den Tag. Wer sich abends auf den Weg macht, genießt entspannt und erfrischt den Feierabend. Doch auch zu anderen Tageszeiten macht das Barfuß-Gehen Spaß - und die Abwehrkräfte des Körpers profitieren immer.
[RatgeberBox.de, 12. 08. 2006]

Und wenn man im eigenen Garten vorgesorgt hat (was natürlich nicht jeder kann, schon in Ermangelung des Gartens), dann ist man auf folgende Idee auch nicht angewiesen:

Marsch mit Heil-Wirkung
Aarbergener Tüftler hat einen transportablen Barfußpfad entwickelt [...]
Zwei Meter zu Fuß können ganz schon lang sein. Vor allem, wenn man barfuß über ein "Therareflex-Pad" marschiert. Verschieden geformte Knubbel bohren sich schmerzhaft in die sonst durch Schuhe geschützte empfindliche Sohle. Doch der Schmerz ist gewollt und soll heilen. Die "Therareflex-Pads" des Aarbergener Tüftlers Rüdiger Schwenk ahmen eine manuelle Fußreflexzonen-Massage nach - und die soll bei vielerlei Beschwerden helfen.
Migräne und andere Schmerzen lindern, Stimulation innerer Organe, Anregung von Blut- und Stoffkreislauf, kurzum: Aktivierung des ganzen Körpers - die Wirkungen, die der Fußreflexzonenmassage nachgesagt werden, sind vielfältig. Das naturheilkundliche Verfahren war schon bei den alten Chinesen und Japanern bekannt und wird heute von Heilpraktikern, Krankengymnasten und Physiotherapeuten angewendet.
Zu denen gehört Rüdiger Schwenk zwar nicht, aber der Aarbergener interessiert sich schon seit langem für alternative Heilverfahren. Und so erwachte sein Erfindergeist, als er bei einem Besuch in Japan einen Barfußpfad zur Fußreflexzonenmassage sah. Zu Hause vertiefte er sein Wissen über die Methode, las Bücher und entwickelte die "Via Sensus" - einen künstlich angelegten Weg mit unterschiedlichen Untergründen, der verweichlichte Füße von Wohlstandsmenschen massieren sollte.
Mit großem Erfolg stellte er das Konstrukt auf mehreren Messen vor. Der wirtschaftliche Erfolg indes wollte sich nicht einstellen: Zu groß, zu unhandlich und - zu teuer. Zwischen 17 000 und 20 000 Euro hätten Interessenten für eine "Via Sensus" hinblättern müssen - in diesen Größenordnungen ist die Kundschaft nicht eben zahlreich. Das Ganze müsste kleiner, handlicher und transportabel werden, gaben Therapeuten Schwenk mit auf den Weg. Und so reifte bei dem die Idee, ein faltbares Pad zu konstruieren.
Um den holprigen Untergrund zu kreieren, benutzt er einen Kunststoff aus der Orthopädietechnik. Die Platte wird heiß auf eine von Schwenk entwickelte Form gelegt und von Hand gepresst. Bald soll eine hydraulische Presse diese schwere Arbeit übernehmen. Drei Platten mit verschiedenen Hubbeln werden auf diese Weise hergestellt und anschließend auf einer speziell angefertigten Gymnastikmatte befestigt. [...]
[Rhein Main Presse, 14. 08. 2006]

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SOMMER IN DER STADT
Von der Kunst, in New York zu relaxen
Es ist Summer in the City! Doch wer der Hitze und dem Gestank auszuweichen versteht, kann in New York auch Winkel voller Charme entdecken. Alles, was man dazu braucht, sind folgende Tipps. Und etwas Zeit - ein Luxusgut in einer Stadt, wo sich alle mit Tempo auf fünf Autobahnspuren bewegen. [...]
Von einem Bad im Hudson River ist abzuraten - ein gefährlicher Leichtsinn, die Sauce hat mit Wasser nicht mehr viel gemeinsam. Besser ist, nach Coney Island zu fahren, bei «Nathan’s» einen Hotdog zu essen und sich im Atlantik abzukühlen. Der Strand ist zwar alles andere als romantisch, alte hässliche Hochäuser stehen neben neuen hässlichen Hochhäusern. Doch das Gefühl, nach endlosen Teerstrassen endlich barfuss im Sand zu spazieren und Muscheln zu sammeln, ist unbezahlbar. Man sitzt mit Salz im Haar und einem Knirschen zwischen den Zehen in «Tatianas Café», blinzelt über die hausgemachte Vanilleglacé auf die Wellen... und vergisst, dass in New York die Baustellen ein Hindernislauf sind und der Abfall grässlicher stinkt als irgendwo sonst.
[espace.ch, 12. 08. 2006]

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"Musik ist doch ein wunderbares Spielzeug"
Barfuß und ideologiefrei: Vor 30 Jahren feierte Anne-Sophie Mutter an der Seite Herbert von Karajans ihr Konzertdebüt. Ein Gespräch mit der erfolgreichsten Geigerin der Welt über das Mozart-Jahr, die Kritik an den Berliner Philharmonikern und Spekulationen über ihren Abtritt von der Bühne.
Normalerweise gibt Anne-Sophie Mutter in ihrer kleinen Münchner Villa, die sie auch als Büro nutzt, keine Interviews. Dass sie diesmal eine Ausnahme macht, erweist sich als Glücksfall: Denn an diesem herrlichen Sommertag kann man die Vorzüge eines Gartens und eines schattig gelegenen Balkons genießen. Hier gibt es keinen Verkehrslärm, nur Windrauschen. Mutter sieht wie immer blendend aus, und gut gelaunt ist sie auch. [...]
Warum spielen Sie denn barfuß?
Mutter: Nun ja, barfuß spiele ich zu Hause. Wie kommen Sie darauf?
Auf den Pressefotos haben Sie keine Schuhe an.
Mutter: Das war bei der Probe. Im Konzert wäre das Kleid ohne Schuhe auch zu lang. Aber barfuß spielen ist sehr bequem.
Das heißt, Sie mögen Ihre Stöckelschuhe eigentlich gar nicht.
Mutter: Mögen ... Frauen haben doch sowieso einen Schuhtick. Es gehört eben zum Ritual der Konzertvorbereitung, dass man ein Kleid und auch Schuhe anzieht. [...]
[Welt am Sonntag, 12. 08. 2006]
Frauen haben doch sowieso einen Schuhtick. Es gehört eben zum Ritual der Konzertvorbereitung, dass man ein Kleid und auch Schuhe anzieht - für die folgende Künstlerin gilt das (schon der Umstände halber) nicht (für einige andere übrigens auch nicht):

Mit den Fußsohlen Musik hören
Evelyn Glennie: Die Perkussions-Virtuosin gastiert bei den M-Konzerten [...]
Barfuß kommt sie immer auf die Bühne. Eine Marotte? Wer Evelyn Glennie kennt, weiß, dass sie gar nicht anders kann. Sie braucht den unmittelbaren Kontakt zum Bühnenboden, um mit den Fußsohlen die Vibration der Klänge zu erspüren. Als Kind verlor die schottische Schlagzeug-Virtuosin fast vollständig ihr Gehör. Eine Nervenerkrankung.
Musik ist für sie vibrierende Luft, leichte Schwingungen des Bodens oder das Auf und Ab eines Geigenbogens. "Ich sehe und fühle die Musik", behauptet sie, "und ich schließe von den Körpern der Musiker auf ihr Spiel." Manchmal ist Musik für sie auch ein "Schlag ins Gesicht" oder einfach ein Bauchgefühl. Sie hat für die Klänge, die sie nicht hören, aber wahrnehmen kann, einen sechsten Sinn entwickelt - harte Arbeit. "Mein Musiklehrer schlug früher zum Beispiel zwei verschiedene Trommeln an, während ich die Hände an die Wand legen musste. Ich spürte die Schwingungen. Er spielte ähnliche Töne, ich fühlte immer feinere Unterschiede. Schließlich konnte ich sogar Noten unterscheiden."
Vielleicht ist es genau diese Übersensibilität für Resonanzen, für "Good Vibrations" (so ihre Autobiografie), die sie dafür prädestiniert hat, das Schlagzeug aus seiner Außenseiterrolle zu holen und es als Soloinstrument zu etablieren. "Das Schlagzeug kann die melodischen Eigenschaften einer Geige oder eines Cellos annehmen, die Durchsetzungskraft von Blasinstrumenten, die Energie einer Oboe - Perkussionisten haben ihr eigenes Orchester. Und sie sind ihr eigener Chef."

Und so ist es für die "First Lady of Percussion", wie man sie nennt, auch nicht schwierig, jetzt mit ihren Perkussionsinstrumenten den großen Saal der Laeiszhalle klanglich auszufüllen. [...]
Auch wenn Evelyn Glennie immer wieder auf ihre Taubheit angesprochen wird, will sie eigentlich nicht so gerne darüber sprechen. Für sie ist es kein Handicap, sondern ganz normal. "Es gehört zu mir wie mein Fingerabdruck." Außerdem sei der Begriff Taubheit ungenau: "Hören bedeutet, alle seine Sinne einzuschalten: die Haut, die Nase, den Bauch, die Fußsohlen." Evelyn Glennie ist glücklich, so wie sie ist. "Man kann alles erreichen, wenn man nur will", lautet denn auch ihr Credo. [...]
[Hamburger Abendblatt, 29. 08. 2006]

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Das Land, das anders roch
Ferienorte der Kindheit: Eine Schlucht im Rheintal und ein Bauernhof in der Steiermark / von Andreas Fagetti
In meinem Dorf prahlte niemand von Badeferien in Jesolo. So viel ich weiss, hatte sich noch kein Kind aus dem Ort in die Wellen des Mittelmeeres geworfen. Im oberen Rheintal schmeckten die Sommer nicht nach salziger Luft - sie schmeckten nach Heu, Gewitter, Pferdeschweiss, Öl und Benzin. Hatte die Sonne lange genug das Gras gedörrt und hatte nicht schwerer Regen die Heuernte versaut, brachten manche Bauernfamilien schwankende Fuder mit Pferdegespannen ein; bei anderen schnürten Schilter, Rapid oder Hürlimann über die stoppligen Wiesen. Türmten sich schwarze Wolken über dem Land, warfen die Menschen besorgte Blicke zum Himmel und erhöhten das Arbeitstempo. Während die Männer ihre Gabeln mit kräftigen Stössen in die Heumaden gruben, die Frauen mit Rechen hinterher hasteten und noch jeden Halm wie eine Kostbarkeit mit sich nahmen, labten wir Kinder uns im Schatten von Haselsträuchern an saurem, mit Zucker gesüsstem Most. [...] Jagten die Buben nach getaner Arbeit barfuss die Kiesstrassen des Dorfes hinab, nahmen sie blutige Knie, aufgeschürfte Handflächen und brennende Tränen in Kauf. [...]
Als junger Mann litt ich unter Heimweh. Reiste ich aber ins Mutterland, war der Geruch nicht mehr da. Mit den Grosseltern und der Mutter war auch das Land gestorben, das anders roch.
[St. Galler Tagblatt, 14. 08. 2006]

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Bibbernd vor Kälte
Mit seiner Oper "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" schuf Helmut Lachenmann 1997 wegweisendes Musiktheater: Keine Handlung, keine Sänger und nur eine Darstellerin [...]
Acht Jahre lang hat der Stuttgarter Komponist Helmut Lachenmann an seinem ersten und einzigen Werk für die Opernbühne komponiert. Im Januar 1997 wurde sein Mädchen mit den Schwefelhölzern in Hamburg uraufgeführt und gilt seither als wegweisende Musiktheaterschöpfung aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Ein Referenzwerk für all diejenigen, für die die Moderne noch mehr ist als nur »post«.

Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, nach dem gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen, handelt von einem einsamen, armen Kind, das barfuß und im Hemd in eisesstarrender Weihnachtszeit Streichhölzer verkaufen soll und, nachdem das letzte wärmende Zündholz erloschen ist, stirbt. Aber Lachenmann erzählt das todtraurige Märchen nicht, sondern wirft die Arithmetik der Oper über den Haufen: Es gibt keine Handlung (nur Situationen), keine Sänger (nur zwei vokalisierende Soprane) und keine Charakterenpalette (nur ein Mädchen). Was der Komponist vor allem von Andersen übernimmt, ist die Temperatur des Märchens - die Eiseskälte.

Das schlagend Neue an Lachenmanns Musik sind nicht seine Geräuschklänge, die er aus dem so wohlbekannt geglaubten Orchester holt, es ist der existenzielle Ausdruck: Die Musik selber steckt in der Haut des Mädchens, schaut durch seine Augen, schlottert mit seinen Gliedern, haucht ihren letzten Atem aus. [...]

[DIE ZEIT, 17. 08. 2006]

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Sagen Sie mal, Weinender...
Interviews mit Personen der Bibel (184) [...]
WEINENDER: Wie auch in anderen orientalischen Völkern gab es in Israel Trauer-Rituale wie das Weinen, das öffentliche Klagen, barfuß Gehen, Kleider Zerreißen. Bis zu 70 Tage kann die Trauerperiode dauern, dann folgt der Zeit des Weinens eine Zeit des Lachens. Auch heutige Psychologen wissen, dass es gewisse Trauerphasen gibt, die die Seele unbedingt braucht, um den Verlust eines Menschen verkraften zu können. Am Ende aller Zeiten, so verheißen es Texte der Bibel, wird Gott alle Tränen abwischen.
QUELLEN: Offenbarung 21,4; Psalm 6,7; 126,5; Prediger 3,4; Klagelieder 1,16. (Nachschlagen bei » bibel-online.net: Offb. 21, 4, Ps. 6, 7, Ps. 126, 5, Pred. 3, 4, Klgl. 1, 16)
[Sonntagsblatt, 18. 08. 2006]

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Gruselig, so ein krumpeliger Rußsack [...]
WALLBACH. Angst vorm schwarzen Mann hat in Brensbach längst keiner mehr. Daher war das Programmangebot "Was macht eigentlich ein Schornsteinfeger?" bei den Ferienspielen der Gemeinde auch im Nu ausgebucht. [...]
Fasziniert waren die jungen Zuhörer auch von den "Spazzacamini", den kleinen Kaminfegern aus dem Tessin. Oberle erklärte hierzu, dass die offenen Kamine im 16. Jahrhundert vielfach von Kachelöfen abgelöst wurden, die eine bessere Nutzung der Heizenergie versprachen. Diese Entwicklung kam aus Norditalien, und mit ihr auch das Verfahren, wie die nun engeren Kamine zu reinigen waren. Die Italiener setzten hierfür möglichst kleine, magere Kinder ein, die sie deren Eltern in armen Gegenden richtiggehend abkauften, und die dann barfuß die stockfinsteren Kamine hochklettern mussten, um mit einer Raspel den Ruß von den Kaminwänden zu kratzen. Das war nicht nur gefährlich und anstrengend, sondern auch äußerst ungesund, so dass die kleinen Kratzer oft sehr früh starben. Ihnen wurde im norditalienischen Santa Maria Maggiore ein Denkmal gesetzt.
[Echo-online, 24. 08. 2006]

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Besser als jeder Kinofilm [...]
Das Wollwasser brodelt über dem offenen Feuer. Es riecht nach Essig und Rauch. Beate Sell rührt in der klumpigen gelben Masse. Hitzeschwaden steigen auf. Die Neuruppinerin läuft barfuß, trägt Glöckchen am Knöchel und hat gerade einen neuen Topf voll Wolle zum Färben aufgesetzt. Dicke Johanniskrautbüschel sollen die frische Schafwolle gelb färben. "Und das hier - das sind Walnussschalen", sagt sie und zeigt auf den Topf daneben. Die Schafwolle hat einen satten Braunton. Beate Sell ist am Sonnabendnachmittag eine der Handwerkerinnen in der mittelalterlichen Stadt. Das Team vom Neuruppiner Bauspielplatz lud zum ersten Mittelalterfest ein. [...]
[Märkische Allgemeine, 26. 08. 2006]

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Der staatlich anerkannte Erholungsort ist einen Besuch wert
Herzlich Willkommen im Kurort Wippra!
Wippra (kt). Wippra liegt am Südostrand des Harzes, eingebettet im idyllischen Tal der Wipper. Zu beiden Seiten der Wipper breiten sich prachtvolle Wiesen aus. Die Berghänge treten bis dicht an den Ort heran und sind bis zu den Höhen, die zwischen 380 und 400 Meter liegen, mit Laub- und Nadelwald bewachsen. Von einigen Aussichts-punkten im Loh und vom Westerberg kann man bei klarem Wetter bis zum Auerberg mit dem bekannten Josephskreuz und zum Brocken sehen. Egal, ob man mit der Bahn, dem Bus oder mit Privatauto anreist, schon nach kurzer Zeit empfindet man, dass das rastlose Treiben der Städte an den Hängen der Berge verebbt.
Wer Ruhe nach der stressigen Berufsarbeit, Erholung nach überstandener Krankheit oder Freude an der Waldeinsamkeit sucht, der ist in Wippra gut aufgehoben. [...]
Der Trimm-Dich und Barfußpfad ist besonders bei jüngeren Besuchern sehr beliebt. "Wann läuft man heutzutage schon mal barfuß?" Wer den "Bar-Fußmasch" wagt, den erwarten noch weitere Attraktionen, die ihn staunen lassen. Ein Dendrophon (hohle Baumstämme als Klangkörper) und ein Summstein. Da kann man den Kopf rein stecken und hört alles viel intensiver. Alfred Wüstemann ist sich sicher: "Das kann man nicht beschreiben, das muss man einfach selbst erleben. Und dann der herrliche Ausblick zur Rammelburg - einfach malerisch." [...]
[Super Sonntag, 26. 08. 2006]

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Bad Steben als steter Jungbrunnen [...]
"Halligalli hab‘ ich in Berlin genug. Nach Bad Steben komme ich zum Relaxen", sagt Wolfgang Rowenhagen, Pressesprecher der Berliner Feuerwehr und vor kurzem zum 21. Mal zu Gast in der Pension Horn. [...]
Besonders liebt der Berliner aber die Spaziergänge. Den Kurpark hat er schon mehrmals durchwandert, und auch zum Wildschweingehege an der Krötenmühle führt ihn oft sein Weg. "Was gibt es Schöneres, als zur Mordlau hinaus und dann barfuß querfeldein über die Stoppelfelder zu laufen und die herrlich weite Aussicht zu genießen?" Rowenhagen weiß heute schon: "Ich komme auf jeden Fall wieder!" [...]
[Frankenpost, 29. 08. 2006]

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Auf nackten Sohlen übers Wasser [...]
Oedt/Duisburg. Lukas Heiss geht barfuß übers Wasser. Mit einem Wunder hat das aber nichts zu tun, denn der 16-jährige Oedter fährt Barfuß-Wasserski. Und das sogar sehr erfolgreich. Auf der Regattabahn in Duisburg standen gleich drei Wettbewerbe auf dem Programm: Bei den Deutschen Meisterschaften wurde er Juniormeister in allen drei Disziplinen. [...]
Die ganze Woche kämpften die Barfuß-Wasserski-Fahrer, neudeutsch Barefooter genannt, in Duisburg um die Medaillen. Bei einer so außergewöhnlichen Sportart ist das wie ein Treffen unter Freunden. "Man kennt fast alle europäischen Teilnehmer", erzählt der 16-Jährige wie ein alter Hase. [...]
[Westdeutsche Zeitung, 30. 08. 2006]

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Barfuß über heiße Herdplatten
Kommunikationstrainer Iven übt für Guinness-Weltrekord
Regensburg. (pk) Die Nummer ist heiß. Da will einer über 45 Küchenherde laufen, deren Platten angeschaltet sind. Das Ziel: ein Guinness-Weltrekord. [...]
Was wie eine hirnverbrannte Idee daherkommt, hat jahrtausendealte Wurzeln. "Feuerlauf" heißt die Praxis, die Schamanen ebenso gut kennen wie moderne Kreativitäts- und Kommunikationstrainer. Rolf Iven (39), Rheinländer und seit 2000 "der Liebe wegen" in Regensburg, gehört zu letzteren. Seine Feuerlauf-Seminare brachten ihn auf die Idee, derlei heiße Sachen auch mal auf Ein-Feld-Kochplatten auszuprobieren. "Die sind allerdings oft eingeknickt", erzählt der 1,90-Meter-Mann mit Körpergewicht 110 Kilo. Als er auf der RTL-Homepage entdeckte, dass der Sender für die
Live-Sendung "Guinness World Records - Die größten Weltrekorde" am 9. September verrückte Ideen sucht, meldete er sich. [...]
Der Sender stellte dem Regensburger Kommunikationstrainer schon mal zehn Herde zum Üben zur Verfügung. Mit Gurten zusammengezurrt stehen sie in Rolf Ivens Büro, und so oft es geht, trainiert der angehende Weltrekordler darauf. Weil Guinness den Rekord genau definiert haben will, darf die Temperatur nur jeweils um fünf Grad abweichen.
Kochherde haben aber so ihre Eigenarten: Nicht jede Platte wird gleich schnell und gleichmäßig heiß. Das genaue Hinregeln schafft Iven mit einem Infrarot-Thermometer. Wie hoch exakt die Herdtemperatur am Samstag nächster Woche in Köln sein wird, will er noch nicht sagen. "Auf jeden Fall deutlich über 100 Grad, vielleicht so um 130 Grad Celsius rum ." [...] Der Feuerläufer, den das Weltrekordfieber gepackt hat, nennt als Grundrezept Konzentration, mentale Vorbereitung: "Ein inneres Bild, eine positive Einstellung, positive Gefühle - da werden Hormone ausgeschüttet, die die körpereigene Schmerzschwelle nach oben verschieben."
Selbstfindung auf der Glut
Familien und Paare, die den Feuerlauf riskieren, würden sich danach mit ganz anderen Augen sehen. Selbstfindung auf der Glut, sozusagen. Eine Nachahmung ohne Anleitung ist jedoch nicht zu empfehlen.
Und Iven, gut trainiert, was Hitze an den Füßen angeht, hat noch ein Plus: "Meine Familie steht hinter mir." Seine Kinder, zwei und fünf Jahre alt, haben auch schon geprobt. Aber da waren die Platten kalt.
[Oberpfalznetz, 31. 08. 2006]

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Belesene Füße
Georg


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