Hallo Frank!

"Seit vorgestern haben wir wieder wunderschönes Wetter mit über 20°C in der Schweiz. Scheinbar wollen die Leute die letzten Sonnenstrahlen nochmals geniessen: Gestern und heute sah ich je eine Barfüsserin am Bahnhof Oerlikon und heute einen Barfüsser in Baden. Dieser scheint öfters auf Schuhe zu verzichten, denn es ist nicht das erste Mal, dass ich ihn gesehen habe. Leider hatte ich Schuhe an, ansonsten hätte ich ihn wahrscheinlich angesprochen."

Das mit dem Wetter kann ich bestätigen. Und das soll noch bis zum nächsten Wochenende anhalten.
Auch das mit den "letzten Sonnenstrahlen genießen" scheint zu stimmen. Zwar habe ich keine Leute barfuß gesehen, aber gestern im Gäupark in Egerkingen (den kennst Du sicher, bist Du nicht im nahen Kappel aufgewachsen? Oder gab es ihn damals noch nicht?) sah ich etliche Leute, die noch relativ sommerlich gekleidet waren, obwohl es bereits dunkel war. Etliche Frauen in Flipflops, Kinder in Sandalen, davon die Mädchen häufig ohne, die Jungen meistens mit Socken. Dann halbstarke männliche Jugendliche in halblangen Hosen mit fetten Turnschuhen und Socken. Rentner in kurzen Hosen und teils mit, teils ohne Socken. Aber ich war der einzige, der überhaupt keine Schuhe dabei hatte und auch sonst eher zu den weniger winterlich gekleideten Leuten gehörte. Keine Bemerkungen vom Verkaufspersonal, lästernde Bemerkungen von einigen Leuten, die in den Restaurants des Gäuparks saßen, keine Bemerkungen von Leuten die einkauften, einige Kinder, die große Glotzaugen machten. Bei zwei Mädchen hatte ich allerdings den Eindruck, als ob sie am liebsten ihre Flipflops ausziehen wollten.

"Da kann man wirklich eifersüchtig werden. Gerne hätte ich auch auf Schuhe verzichtet, aber am Arbeitsplatz wäre ich der Einzige und ich käme mir völlig deplaziert vor. Bei uns tragen die Leute nicht mal im Sommer Sandalen. Mit FlipFlops ist man schon ein Aussenseiter. "

Auch ich kann eifersüchtig werden, wenn ich selber aus irgendwelchen Gründen Schuhe (oder sonst wie Winterkleidung) tragen muß, während andere sich nicht in dieser mißlichen Lage befinden. Am Arbeitsplatz darf ich mich allein schon aus Sicherheitsgründen nicht kleiden wie ich will, aber andere trifft es ja genauso, wodurch das ganze erträglich wird. Schlimm finde ich aber, wenn ich zusammen mit Arbeitskollegen und Kunden geschäftlich am einem schönen warmen Sommerabend in ein Straßenrestaurant muß. Das ist frustrierend. Ich muß in Dienstkleidung die Zeit mit dem Kunden vertrödeln, anstatt mich irgendwo an einem Fluß aufzuhalten. Und zu allem Übel werde ich noch damit bestraft, daß ich den Anblick leichter gekleideter Leute, die auf der Straße vorbeigehen, ertragen muß. Da ist es kein Trost, daß die Firma das Essen bezahlt. Der Schaden, der mir durch entgangene Barfüßigkeit entstanden ist, ist nicht mit Geld zu bezahlen.

"Wenn ich den Burschen in Baden wieder treffe, hoffe ich, dass er wieder barfuss ist. Dann gibt es eine Bemerkung wie: "Coole Schuhe!". Vielleicht ergibt sich daraus ein nettes Gespräch."

Ob eine solche Bemerkung eine Grundlage für ein nettes Gespräch ist, sei mal dahingestellt. Das hängt ganz vom anderen Menschen ab und natürlich auch vom Ton. Wenn mir etwa einer dieses in einem groben Ton sagt, dann nehme ich an, daß es sich um einen Barfußgegner handelt. Wenn aber der andere sagt: "Ich habe Sie schon häufiger ohne Schuhe gesehen..." , dann klingt es schon anders. Andi hatte sich ja auch schon mal geärgert, als er eine Barfüßerin angesprochen hatte und sie nicht reagierte.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen