Venedig - Kapitel 4 (Hobby? Barfuß! 2)

Vesa Local @, Stammposter, Wednesday, 28.06.2006, 08:17 (vor 6663 Tagen)

Der Urlaub ging seinem Ende entgegen.
Am vorletzten Abend (dem ersten ohne Not-Sandalen) schlenderten wir noch einmal zum Markusplatz (wer weiß, wie das Wetter am nächsten Abend werden würde), genossen die ruhige Stimmung, die sich dort erst ausbreiten kann, wenn sich der Tagestrubel gelegt hat, lauschten den Klängen der Klein-Orchester, und ich erneuerte meine "geistige Aufnahme" der drei Lichterreihen rund um den Platz, der in goldenem Licht liegenden "Basílica di San Marco" und dem "Campanile di San Marco", dem höchsten(?) Turm der Stadt.
Und trotzdem (oder gerade deswegen?) war ich sehr traurig als ich mich noch einmal umschaute und Abschied nahm. Irgendwie habe ich schon geahnt, daß es für diesen Urlaub der letzte Abend auf diesem Platz sein würde.

Am letzten ganzen Tag und am Vormittag des Abreisetages sind wir wieder viel gelaufen.
Was mir zwei- oder dreimal passiert ist: Italienische Frauen zeigten auf meine Füße und sagten so etwas wie "Que malo." (Vielleicht schreibt jemand mit Italienischkenntnissen, was da wirklich gesagt wurde und ob das wirklich "Wie schlecht." heißt.
Am "Ostende" hat mich eine ältere Frau auf italienisch gefragt, ob ich keine Angst vor Glasscherben hätte. (Meine Frau hat es verstanden und mir übersetzt.) Ich habe der Fragestellerin dann mit Gesten symbolisiert, daß ich auf den Weg schaue, die Teile dann sehen würde und ausweiche. Ich glaube sie hat sich gefreut, daß jemand die Stadt für so sauber hält, dort barfuß laufen zu können.
Und dreckig ist Venedig nun wirklich nicht besonders. Scherben liegen dort so gut wie überhaupt nicht (Viel gefährlicher sind die ausgesplitterten Kanten der Brückenstufen!), die Hundehaufen sieht man schon von weitem (Die Hunde haben es dort wirklich nicht leicht...) und der Taubendreck auf dem Markusplatz ist nicht die Rede wert. (Irgendwie wissen die Tauben wohl, daß sie den Platz sauberhalten sollten, weil sonst vielleicht weniger Touristen zum Füttern kommen!?)

Irgendwann ließ es sich nicht mehr hinauszögern, und wir mußten uns mit unserem Gepäck auf den Weg zum "Piazzale Roma" machen. Fahrschein lösen, rein in den Bus, Abfahrt. Gut, daß ich mich irgendwie schon den ganzen Morgen von der Stadt verabschiedet hatte. Und trotzdem erfüllte mich eine große Traurigkeit, die mich bis heute verfolgt, wenn ich die ganzen Eindrücke immer wieder durch mich hindurchziehen lasse: Die doch manchmal heiße Luft in der Stadt, der kühle Wind am Wasser, die unterschiedlichen Böden der Gassen, Plätze und Läden, die Stimmung auf dem Markusplatz und die nächtlichen Spaziergänge durch die Gassen.

Am Flughafen herrschte das absolute Chaos. Drei Schalter waren geöffnet, die Schlangenenden lagen hinter einer Kurve; es war nicht auszumachen, wo welches Ende war. Schön, wenn man zu zweit ist und sich aufteilen kann. Nach einer guten Stunde Wartezeit wurden dann zwei weitere Schalter geöffnet, und endlich war ein Ende abzusehen. Das aber auch erst, nachdem die Wartenden vom Bodenpersonal darauf aufmerksam gemacht wurden. Ist es zuviel verlangt, daß statt der Werbung einer Fluggesellschaft auf den Monitoren über den Schaltern vielleicht doch lieber die Flugnummer angezeigt wird?

Warten auf das Boarding. Warum stürmen bloß alle sofort so hektisch zum Gate. In einer Warteschlage hatte ich doch nun gerade eben erst lange genug gestanden, die Plätze sind numeriert und zugeteilt, ausreichend Platz in den Handgepäckfächern ist auch immer vorhanden und der Stau in den Gängen hat sich auch immer schon recht gut abgebaut, wenn man später das Flugzeug betritt.

Diesesmal wurden wir wieder mit einem Bus zum Flugzeug gefahren und - keine Ahnung warum - wir haben sogar Sitzplätze abbekommen. Wahrscheinlich war es der zeite Bus für diesen Flug.

Ein Mädchen stand vor mir und und schaute mir mit großen dunklen Augen abwechselnd auf die Füße und ins Gesicht; man merkte es ihr deutlich an, daß sie nicht so genau wußte, ob sie mich nun ansprechen sollte oder doch nicht. Als ich sie anlächelte, wanderte ihr Blick nicht mehr nach unten, und sie stellte die zu diesem Thema wahrscheinlich kürzestmögliche Frage: "Barfuß?"
Es entwickelte sich dann ein ausgiebes Gespräch zu fünft über "barfuß" und noch viel mehr. Und wir hatten uns einiges zu erzählen, war uns die Tochter doch schon auf dem Flug nach Venedig im Flugzeug aufgefallen, wie sie sich zwei Reihen vor uns mit wissenshungrigen Augen in der Kabine umschaute und dem Kind in der Reihe zwischen uns ein Heft(?) schenkte und dafür auch etwas anderes bekam, das im Transfer-Bus zum Terminal ausgiebig studiert wurde.
Kein Witz: Wir hatten dieselben Hinflüge, dieselben Rückflüge, dasselbe Urlaubsziel (aber unterschiedliche Hotels) und sind uns auf Venedig in all den Tagen nicht ein einziges Mal über den Weg gelaufen.

An dieser Stelle die allerherzlichsten Grüße an die Familie S. aus Norddeutschland. Ich habe bereits eine Mail geschrieben aber leider bis heute keine Antwort erhalten. Wirklich sehr schade.

Zum Rest der Reise gibt es nicht mehr viel zu schreiben: Zwischenstop in Zürich, Ankunft in Hamburg, mit dem Gepäck nach Hause.

Dann war der Urlaub zu Ende. Auch für meine Füße. Nach 9,5 Tagen der uneingeschränkten Freiheit ist es ein "echt doofer" Moment wieder in Schuhe schlüpfen zu müssen...


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