Hallo,

wir haben hier in der Nähe einen Lidl-Supermarkt, in dem wir meist einkaufen, weil er schön viel Bio-Obst hat. Am 10. Juni war ich mal wieder dort, wie so oft barfuß. An der Kasse wurde ich von der Kassiererin darauf angesprochen und gebeten, ab jetzt immer mit Schuhen zu kommen. Und es folgte eine einstudierte Argumentation, aus der unterschwellig hervorging, daß das vorher im Team besprochen wurde. Z.B. fing sie an mit Hausrecht, obwohl ich gar nicht androhte, gegen ihren Willen dort barfuß zu laufen. Im Gegenteil, ich kündigte an, in dem Fall woanders einkaufen zu gehen. Sie sprach von Scherben. Und ich nutzte den Satz, den ich hier mal im Best of gelesen habe: "Wie, sie haben hier Scherben herumliegen?". Sie meinte dazu, es "könnten" Scherben herumliegen. Viel mehr sagte ich nicht dazu und ging fortan nicht mehr dort einkaufen. Am nächsten Tag schrieb ich dann noch folgende email an Lidl:

Guten Tag,

ich möchte Ihnen gerne mitteilen, was ich gestern abend in o.g. Filiale erlebt habe, und was ich dazu denke.

Ich bin mit meiner Familie, wie so oft barfuß unterwegs gewesen und wir sind zu Lidl rein, um noch ein paar Einkäufe zu machen. (Ich hatte gar keine Schuhe dabei. Wieso sollte ich welche mitschleppen, für den Fall, daß jemand wünscht, daß ich welche anhabe?)

An der Kasse hat mich eine Kassiererin höflich gebeten, das nächste Mal Schuhe anzuhaben. Das möchte ich nicht, Grund s.o. .
Sie hatte mich öfters ohne Schuhe gesehen und nie etwas gesagt. Sie fing dann an zu diskutieren, daß es Scherben geben könnte, an denen ich mich verletzen könnte. So weit, so logisch, wenn ich die Gefahr auch etwas anders sehe als sie. Es klang alles so durchdacht, als wenn bereits im Team über das Thema diskutiert wurde und beschlossen wurde, mich eben mit diesen Argumenten anzusprechen.
Als sie dann anfing, mit dem Hausrecht zu diskutieren, fühlte ich mich doch etwas gegängelt und beschloß, hier nicht mehr einkaufen zu gehen.

So weit zu meinen Gefühlen. Hier noch was zur Sachlage:

Die Wahrscheinlichkeit, daß dort Scherben herumliegen, die Ihre Mitarbeiter nicht sofort weg machen, ist äußerst gering. Und weiter ist es noch unwahrscheinlicher, daß eine geübte Barfüßerin, die schaut, wohin sie tritt, in eine solche Scherbe tritt. Und dann müßte die Verletzung schon sehr ernst sein, damit es sich lohnt, Lidl zu verklagen. (Warauf ich aber gar nicht gekommen wäre, weil es mein eigenes Verschulden wäre, wenn ich nicht aufpasse und in eine Scherbe trete.) Also, wie hoch wäre die reale Gefahr, daß Sie zu einer hohen Geldstrafe deswegen verurteilt werden?

Lohnt es sich wirklich, deswegen Kunden zu verärgern und auf deren Geld zu verzichten? Wir haben fast die kompletten Familieneinkäufe bei Ihnen erledigt und etwa 100 Euro pro Woche bei Lidl gelassen. Das macht über 400 Euro im Monat. Sicher ist das nicht viel, verglichen mit Ihren Umsätzen als einer der größten Discounterketten in Deutschland. Das trifft aber auch auf eventuelle Schadensersatzansprüche zu.

Ich bin vernetzt mit anderen Leuten, die viel barfuß laufen und auch einkaufen gehen (index.php?mode=index&category=9942). Und in anderen Läden scheint barfuß überhaupt kein Problem zu sein.

Gibt es nicht eine Möglichkeit, wie sie sich rechtlich absichern können, ohne die Freiheit der Kunden einzuschränken? Irgendwelche Warnschilder oder so?

Mit freundlichen Grüßen,

Tanja Röcher

Ich bekam eine Eingangsbestätigung und habe dann ewig nicht mehr von ihnen gehört. Ich dachte schon, meine Anfrage wäre verloren gegangen. Und gestern rief dann eine sehr freundliche Frau an, um mir mitzuteilen, daß ich bei Lidl barfuß einkaufen dürfte. Sie entschuldigte sich und erklärte, daß das Personal so was nicht so oft erlebt und deshalb besorgt wäre. Wörtlich sagte sie:"Wenn Sie das unbedingt wollen, ist das Ihr gutes Recht." Sie klang zwar so, als verstünde sie nicht so ganz, wie man wegen so einer Kleinigkeit gleich so eine große Sache daraus machen würde, aber war sehr freundlich dabei.

Rolf, mein Freund, ist Jurist. Er läuft auch oft und gerne barfuß. Aber beim Einkaufen zieht er auch Schuhe an, weil er keine Lust auf so einen Kleinkrieg hat. Er konnte auch die Argumente der Kassiererin verstehen und meinte, daß es daran liegt, daß man heutzutage alles und jeden verklagen kann, wenn man sich selber doof anstellt. Und er war ganz erstaunt, weil sie eingelenkt haben.

Tja, und obwohl Lidl am bequemsten zu erreichen ist, habe ich trotzdem erst mal keine Lust dort einkaufen zu gehen. Es käme mir sehr komisch vor, dort barfuß, so quasi als "Sieger" aufzukreuzen. Und, von weitem betrachtet, hat das ganze tatsächlich eine etwas groteske Note. Aber, bald siegt die Bequemlichkeit, und dann schau ich mal, wie sie schauen, wenn wir wieder doppelt barfuß dort aufkreuzen.

Georg meinte ja neulich, daß der Kampfweg nicht immer der klügere ist. Ich habe ihn jetzt gegen meine Gewohnheiten beschritten. Aber ich fand es hier ganz wichtig. Jedenfalls ist jetzt Lidl-intern erst mal klargestellt, daß barfuß erlaubt ist. Also, wenn ihr unbehelligt bei Lidl barfüßen dürft, habt ihr das mir zu verdanken .

Gruß,
Tanja