Basel, letzte Etappe (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Tuesday, 21.03.2006, 15:00 (vor 6827 Tagen)

Samstag, 18.3.2006, später Nachmittag: Ich hatte bereits eine barfüßige Wanderung von Basel, Bahnhof SBB über Weil am Rhein, Riehen, Birsfelden, Bottmingen hinter mir, nun hatte gerade den am Stadtrand von Basel, jedoch noch zu Binningen gehörenden Margarethenpark erreicht. Ich verließ den Park, wo gerade eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter spazieren ging. Auf dem Trottoir lag ein zerplatzter und ausgelaufener Joghurtbecher, vermutlich vom Fahrrad gefallen. Die Mutter sagte: "Vorsicht! Nicht darein treten!" Da das Mädchen zögerte, sagte die Mutter: "Nicht stehen bleiben. Da ist Joghurt ausgelaufen." Mittlerweile hatte ich die beiden eingeholt und ging an der "Mohrerei" vorbei. Zwar finde ich Joghurt weniger eklig als Hundescheiße oder Glas, aber ich trat trotzdem nicht rein, sondern ging knapp daneben vorbei. Darauf das Mädchen: "Der ist barfuß!" Kurze Zeit später: "Der ist barfuß!" Und dann, kaum noch hörbar, da ich schon weiter weg war: "Der ist barfuß!"

Es folgte noch eine stark gesplittete Straße mit noch stärker gesplittetem Trottoir, die mit einer Brücke die SNCF-Gleise überspannt und dann auf einer Rampe hinunter ins Birsigtal führt. Ich überquerte auch noch die Gleise der Birsigtalbahn (des "Zehners"), wo an einer Haltestelle beim Zoo etliche Leute auf das gelbe Tram warteten und einige mich fassungslos anstarrten. Der Wanderweg parallel zum Birsigufer in Richtung Heuwaage war auch stark gesplittet, aber hier konnte ich weitgehend daneben gehen.

Es folgte wieder ein Gang durch die Altstadt. Zwar blieb meine Aufmachung weitgehend unbemerkt, aber ab und zu lästerten Jugendliche über meine Aufmachung. Mal ein "Brrrrrrrrrrr" (dabei war nirgendwo ein Pferd, das man zum Anhalten bewegen mußte), dann eine Kinderstimme: "Blutte Füße!", auch mal ein "Iiiiiiiiihhhhhhhhhh!" (kann ich nicht nachvollziehen), oder ein "Barfuß, Scheiße!" (Nein! Lag nicht in der Altstadt, es wurde nicht gestreikt wie in Stuttgart. Basel ist sauber bis auf den Splitt und ein paar Scherben in der Nähe der Wettsteinbrücke). Ich ging zum Münster, blickte auf den Rhein. Hier war es zugig, also ging ich weiter zur Mittleren Brücke und überquerte sie. Aber nicht nur ich sondern auch eine historische Straßenbahn, die letzte historische an diesem Tag (insgesamt viermal, vermutlich zwei Fahrzeuge).

Auf Kleinbasler Seite kamen mir zwei Jugendliche entgegen. Sie sprachen etwas in einer "Kameltreibersprache", die ich nicht verstand, aber ich ahnte, was kommen sollte. Plötzlich zog einer ein Feuerzeug aus der Tasche, entzündete es und sprang auf mich zu, wobei er die Flamme auf meine Beine richtete. Zum Glück fing nichts Feuer. Versengte Beinhaare sind sicher nicht angenehm, aber noch ekliger stelle ich mir auf der Haut zusammengeschmolzenes Nylon vor.

Als es 19 Uhr von irgendeinem Kirchturm schlug (nicht vom Münster, die Münsteruhr ging nämlich vor) entschied ich mich, langsam mich dem Bahnhof SBB zu nähern, um um 19.44 Uhr den Zug nach Zofingen zu bekommen. Also noch mal zur Heuwaage, dann in Richtung Elisabethenkirche, aber dann? Polizei, was denn sonst? Die erste Frage: "Finden Sie nicht, daß es ungewöhnlich ist, im März barfuß und in kurzen Hosen herumzulaufen?" Ungewöhnlich vielleicht. Trotzdem kenne ich genügend Leute, die bei noch tieferen Temperaturen als heute barfuß laufen oder kurze Hosen tragen. Der Münsterfährmann lief auch bei recht tiefen Temperaturen barfuß." Darauf der eine Polizist, während der andere im Auto meine Papiere überprüfte: "Das ist wahr, der trug sogar im Winter keine Schuhe." Der Beamte fragte noch, ob ich Schuhe und lange Hosen im Gepäck hätte, was ich verneinte. Ich konnte mich noch selber daran hindern, ihm die bei manchen (wenigen) Barfüßern übliche Unterscheidung zwischen "echten" und "unechten" Barfüßern zu erklären, aber ich ließ es bleiben.

Ich erreichte noch rechtzeitig den Zug, die Fahrt mit dem Rad vom Zofinger Bahnhof nach Hause bei +2°C ging auch ohne Probleme. Ich war aber müde. Etwa 12,5 Stunden war ich barfuß draußen gewandert, lediglich unterbrochen von einer Essenspause und 5 Kontrollen durch die Obrigkeit. 5 Kontrollen pro Tag, das ist neuer persönlicher Rekord, auf den ich allerdings nicht stolz bin. Ich bin davon überzeugt, daß es vielleicht nur zwei Kontrollen gegeben hätte, wenn ich die selbe Strecke barfuß, aber in langen Hosen gegeben hätte. Und drei Kontrollen, wenn ich zwar kurze Hosen, aber Turn- oder Wanderschuhe getragen hätte. Und gar keine, wenn ich lange Hosen und Schuhe getragen hätte. Aber ich hatte das bekommen, was ich noch benötigte, um meine Steuererklärung vervollständigen zu können (Ist mittlerweile geschehen), und das ist gut so.

Soll ich nur wegen allfälliger Kontrollen auch nur einen Teil meines Lebensstils, mit dem ich niemandem, aber auch wirklich niemandem einen Schaden zufüge, aufgeben? Nein!

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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