Auf´s Glatteis geführt (nach Kälberwerder) (Hobby? Barfuß! 2)

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Monday, 30.01.2006, 22:19 (vor 6873 Tagen)

Hallo

Einem Bekannten von mir gelang es doch tatsächlich mich zu überreden trotz aller Warnungen die zugefrorene Havel zu betreten. Nach wochenlangem Dauerfrost musste das Eis eigentlich tragfähig sein. Da ich noch lebe, war es das auch.
Er wollte unbedingt mal quer über die Havel von Berlin-Wannsee nach Berlin-Kladow wandern, was ihm in seinem 55jährigen Leben bisher noch nie gelang. Ich selbst hatte zwar vor über 20 Jahren mal Gelegenheit über den Wannsee zu laufen, doch das ist lange her. Auf Grund der Schifffahrt, für die so lange wie möglich eine Fahrrinne frei gehalten wird, ist so etwas nur sehr selten möglich.
Mein Bekannter erwartete allerdings keineswegs, dass ich da vielleicht barfuß mitmachen würde. Als ich ihn dann Schuhe tragend im Auto am U-Bahnhof abholte und er mich scherzhaft fragte: "Na? Heute nicht barfuß?", meinte ich dann: "Nein, noch nicht." Er ahnte nun, was ich vorhatte. :-)
Da man ja mit warmen Füßen starten soll, zog ich mir erst auf dem Parkplatz an der Pfaueninsel, genauer gesagt an der Fähre dorthin, die Schuhe aus, und wanderte los. Er konnte es kaum fassen, dass ich das wirklich in die Tat umsetzte. Wir hatten knapp unter 0°C.
Das Eis auf der Havel sah dann wenig vertrauen erweckend aus. An der Fähre zur Pfaueninsel war nämlich gar keins vorhanden, statt dessen pendelte die Fähre hin und her. Wahrscheinlich tat sie das nur, um ihre Fahrrinne frei zu halten, denn ein Stück weiter konnte man problemlos und kostenlos über das Eis auf die Insel gelangen. Das offene Wasser beunruhigte mich zwar zunächst, aber ein Stück weiter konnte man deutlich erkennen, dass das Eis dick genug ist um tragfähig zu sein. Außerdem waren auch eine ganze Menge anderer Leute auf dem Eis unterwegs.
Barfuß war es ausgesprochen rutschig. Ich konnte nicht so schnell vorankommen, wie ich wollte, da ich sehr vorsichtig ging. Stellenweise waren raue Bereiche mit einer dünnen Schneeschicht bedeckt, auf der es sich wesentlich besser gehen ließ.
Ein paar Schlittschuhläufer sprachen uns an, ob man um die Pfaueninsel herum käme. Wir verneinten das wegen der Fähre, dann sahen sie meine Füße. Einer fragte: "Ist denn das gesund?" Ich bejahte das und war froh, dass er nicht fragte, ob es nicht kalt sei. Da hätte ich sonst lügen müssen. Ich erklärte ihm noch, dass es mit etwas Übung kein Problem sei und ich schon mal zwei Stunden bei Schnee durchgehalten habe. Er fand das beachtlich.
Wir gingen dann noch ein kurzes Stück über die Pfaueninsel, ohne allerdings die Pfauen zu sehen, die dort im Sommer frei herumlaufen. Der Schnee auf der Insel ließ dann meine Füße merklich abkühlen, da nun auch von oben Kälte herankam.
Wir gingen dann weiter zur Insel Kälberwerder, auf der ich noch nie war. Das geht auch normalerweise gar nicht, da es keine öffentlich Fähre dorthin gibt. Am Ufer war das Eis offensichtlich irgendwann um vielleicht 10 - 20 cm abgesagt, so dass sich eine eisglatte Schräge ergab, die kaum überwindbar erschien. An einem kleinen Bootssteg kamen wir dann aber problemlos an Land.
Wieder sprachen mich Leute an, die wissen wollten, ob ich wenigstens Schuhe dabei hätte. Hatte ich, aber ich brauchte sie nicht. Auf der Insel, die nur von befugten betreten werden darf, fanden wir einen Kinderspielplatz, eine Laube mit Schuppen und zwei "Olympiaeichen" mit entsprechenden Hinweistafeln, die an irgendwelche Ruderer erinnerten. Ein genialer Ort für Denkmäler, eine normalerweise unerreichbare Insel. :-)
Um weiter in Richtung Kladow zu kommen, betrat mein Begleiter das Eis am nördlichen Ufer, rutschte aus und schlitterte auf dem Rücken liegend mehrere Meter über das Eis. Hier sah es auch überhaupt nicht Vertrauen erweckend aus. Große Risse zogen sich entlang des Ufers aus denen Wasser hervorquoll! Ich weigerte mich hier das Eis zu betreten. Das schien mir zu gefährlich. Kladow lag zwar nah, doch in diesem Bereich der Havel wanderte niemand mehr. Außerdem befindet sich dort die Fahrrinne. Ob die wohl ausreichend zugefroren wäre? Ein Risiko wollten wir jedenfalls nicht eingehen.
Er kam schließlich wieder zurück auf die Insel und wir traten den Rückweg an.
Am östlichen Ende von Kälberwerder sah es so aus, als wäre da offenes Wasser! Tatsächlich stellte mein Bekannter, der sich dort deutlich mutiger als ich vorwagte fest, dass sich unter einer dünnen Wasserschicht festes Eis befand.
Auf dem Rückweg begegneten wir noch einmal den Schlittschuhläufern, mit denen wir schon am Anfang sprachen und die mir nun erneut ihre Bewunderung ausdrückten.
An der Pfaueninsel vorbei erreichten wir wieder das Ufer von Wannsee und gingen über die teils vereisten, teils gestreuten Wege zurück zum Parkplatz. Das Eis der Havel lief sich noch am angenehmsten, da es frei von irgendwelchen Unebenheiten ist. Die vereisten Wege fühlen sich dagegen fast wie Schotter an.
Auch war das Eis vom Kälteempfinden her wesentlich angenehmer als der Schnee an Land, da meine Füße oben trocken blieben. Als ich daher auf Kälberwerder den Wunsch äußerte wieder auf das Eis zu kommen, um meine Füße wieder aufzuwärmen, hatte mein Begleiter Gelegenheit sich darüber zu amüsieren. :-)
Wir waren etwa 4 km auf dem Eis unterwegs und brauchten dafür mit vorsichtigen Schritten ca. 1½ Stunden.
Im Auto blieb ich barfuß. Die Füße wurden recht schnell wieder einigermaßen warm. Ein kribbeln oder brennen gab es nicht. Zu Hause wurden meine Füße auch nicht übermäßig warm, im Gegenteil, beim fernsehen wurden sie eher, wie immer, recht kühl. Den ganzen Abend warme Füße zu haben, das gibt es bei mir leider genauso wenig wie einen Wärmeschub. :-(

Viele Grüße

Ulrich


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