Notizen eines "verhinderten Schriftstellers" über die "Sonnenstube" (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Wednesday, 29.09.2004, 11:22 (vor 7304 Tagen) @ RainerL

Hallo Rainer!

"Habe gerade deine sehr gelungenen Berichte vom Wochenende gelesen, da bekommt man ja wirklich Sehnsucht nach dieser schönen Ecke (war da mal vor Jahren). Vielleicht schaffst Du es ja noch mal aus dem jetzt kühler werdenden Wetter in Zofingen in die "Sonnenstube" zu flüchten."

Meinst Du damit für ständig? Das Tessin wird wirklich von vielen Deutschen und Deutschschweizern aufgesucht, um etwa barfuß unter Palmen die Sonne statt beschuht und mit Mütze den Nebel oder Regen zu genießen. Manche fahren immer am Wochenende und sorgen somit fürs Staus auf der Autobahn oder für volle Züge. Manche fahren auch einmal im Jahr für längere Zeit dorthin. Einige logieren in Hotels, Pensionen oder Zeltplätzen, andere besitzen dort eine Wohnung (bzw. haben eine gemietet), die dann die meiste Zeit leer steht. Und es gibt Leute, die nach Beendigung ihres aktiven Berufslebens dem Norden ade sagen und für immer dort bleiben. Gerade die Gegend von Locarno/Ascona ist stark "germanisiert", weil man dort so ziemlich alles nahe beieinander hat: Palmenstrände am blauen "Meer", schroffe Gebirge, mehr zum beschuhten als zum barfüßigen Wandern geeignet, einsame, fast verlassene Dörfer, unerreichbar mit motorisierten Fahrzeugen und trotzdem nur wenige Kilometer (Luftlinie) von der "Großstadt" (was Locarno zwar lange nicht aufgrund seiner Einwohnerzahl, wohl aber aufgrund seiner Vielseitigkeit ist) entfernt. Also für jeden etwas, für Barfüßer und für Leute, die fett, mager oder sonst wie beschuht sind. Ich werde wohl kaum als Rentner für immer ins Tessin abwandern. Für mich ist das Tessin die "Sonnenstube" der Schweiz, und sie soll es bleiben. Und das kann ich dadurch erreichen, wenn ich mich dann dort aufhalte, wenn dort dei Sonne scheint. Würde ich dort ständig leben, dann würde sie ihren Charakter verlieren, ich würde miterleben, daß auch im Tessin nicht immer "eitel Sonnenschein" herrscht. Man denke nur an die typische Föhnwetterlage, wenn es südlich der Alpen schifft, aber nördlich der Alpen sogar in Wintermonaten Sonne und Temperaturen um 18°C erleben kann, daß man ohne ein "Extremer" zu sein, seinem Barfußhobby frönen kann, und dabei sogar vergißt, wo man sein Fahrrad abgestellt hat (ich muß immer an Giswil denken). Zofingen liegt eigentlich gar nicht so verkehrt. Es ist verkehrstechnisch günstig gelegen. Mit der Bahn (und auch mit dem Auto) erreicht man schnell die unterschiedlichsten Gegenden. Je nach Wetterlage hat man die Wahl, wo man aus barfußtechnischer oder auch sonstiger Sicht am meistens "herausholen" kann. Und als Radfahrer? Nach gut 3 Stunden Fahrt kann man jeweils eine Großstadt erreichen. Und nach nur einer Stunde mit dem Rad hat man den Hauensteinpaß erreicht. Während der kühleren Jahreszeit liegt über Zofingen (und dem Mittelland Nebel), während jenseits des Hauensteins bis nach Basel die Sonne scheint. Für Barfüßer kann das sogar vom Vorteil sein, etwa im Oktober. Im Nebel ist es kühl, aber nicht kalt genug, um beim Losfahren auf Schuhe angewiesen zu sein (bei klarem Himmel hätte es Nachtfrost gegeben). Hat man dann die Nebelgrenze erreicht, hat die Sonne bereits soviel Macht, daß man getrost ohne Schuhe weiterradeln kann, ohne daß einem die Zehen abfallen. Diese Ausführungen gelten übrigens auch für die Wahl anderer Kleidung (Jacke ja oder nein, lange oder kurze Hose, mit oder ohne Mütze/Handschuhe usw.).

"Hättest Schriftsteller werden sollen ;-)"

Das haben mir schon ganz andere Leute gesagt. Eigentlich bin ich selber überrascht, und vermutlich sind es auch meiner früheren Deutschlehrer (bzw. wären es, wenn sie noch lebten). Aufsätze waren nämlich immer meine Schwäche. Vielleicht liegt es daran, daß ich nicht auf Befehl mich zu irgendeinem Thema äußern kann, was mich eigentlich nicht interessiert. Und das Thema "barfuß" interessiert mich anscheinend, aber nicht alle Belange. Zu Barfußthemen, die mich nicht interessieren (z.B. Oktoberfest), schreibe ich gar nicht erst. Wenn es ernste Barfußthemen sind (z. B. wegen Gesundheit, Scherben), dann gebe ich auch ernste Antworten. Wenn es Dinge sind, die ich eigentlich nur milde belächeln kann (z.B. das Verlangen nach mohrig-schwarzen Fußsohlen, das "Echtheitszertifikat" von Barfüßern oder das "militante" Verlangen nach Barfüßigkeit bei gleichzeitiger Verteufelung von aus "religiöser Sicht unanständigen" Kleidungsstücken wie kurzen Hosen oder solche mit "häßlichen Lükken" kann ich nur mit ironischen Texten antworten, was jedoch noch lange nicht bedeutet, daß mir der "Originalschreiber" unsympathisch ist. Die Welt lebt halt von Gegensätzen. Wenn jedoch von "bösen Amtspersonen" die Rede ist, dann geht auch bei mir manchmal die Tastatur durch. Auch wenn ich nicht selten im Nebensatz erwähne, daß längst nicht alle Personen dieses Personenkreises so sind und ich offensichtlich nur zufällig an ein "schwarzes Schaf" dieser Gruppe geraten bin, so könnte manch einer, speziell derjenige, der den Text nicht sorgfältig bis zum Ende liest, meinen, ich würde jeden Polizisten, Zöllner, Museumswärter, Soldaten, BGS-Menschen, Securitas-Menschen usw. wegen ihrer angeblichen Barfußfeindlichkeit das ewige Fegefeuer wünsche. Ich gebe zu, daß ich schon häufiger Probleme mit solchen Menschen (Ausnahme: Museumswärter) hatte, jedoch nur bei Polizisten und Zöllnern wegen barfuß und/oder zu leichter Kleidung. In den übrigen Fällen waren es manchmal Verkehrsdelikte, wo also der Polizist im Recht war, in den meisten übrigen Fällen dagegen hatte ich absolut nichts verbrochen, ich geriet nur zufällig in Routinekontrollen. Daß ich derartige Dinge, etwa das halbstündige Festhalten durch einen BGS-Fritzen, der offensichtlich nach Terroristen fahndete, nicht gutheißen kann, wenn ich dadurch einen Termin verpasse, versteht sich wohl von selbst.

In der Firma habe ich als nebenamtlicher Leiter der Firmenbibliothek früher auch immer Bibliothekblätter verfaßt, und zwar zu bibliotheksspezifischen Sachen, aber auch zu anderen Dingen. Das Barfußlaufen habe ich allerdings nicht angesprochen, mit einer Ausnahme: Ein früherer Mitarbeiter hatte ein Buch über Mittel gegen Fußpilz verfaßt, ihm habe ich das Blatt gewidmet und auch eine Zeichnung beigefügt. Der Autor, in dicken Stiefel, Vollschutzanzug, Gasmaske und Hut steht vor einem Eimer und ist dabei, eine Giftbrühe anzurühren. Daneben zwei "personifizierte Fußpilze", gezeichnet als nackter Fuß, darüber ein Stück Bein mit Nase, Mund und Augen, zuoberst ein Fliegenpilzhut, mit Sprechblase. Erster Pilz: "Hilfe, dieser Kerl will uns Fußpilze ausrotten!" Zweiter Pilz: "Nur keine Angst, er studiert doch erst die Gebrauchsanweisung!" Meine Blätter wurden von der Mehrheit der Mitarbeiter gerne gelesen, dagegen waren sie einer, wenn auch mächtigen Minderheit ein Dorn im Auge. Zwar nannte ich niemals Namen, aber trotzdem konnte man zwischen den Zeilen lesen, daß ich gewisse Leute in der Geschäftsleitung verarschen wollte. Schließlich verbot mir der Personalchef das Verfassen weiterer Bibliotheksblätter.

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen


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