Barfuß beim "Gwaför" - erleichtert! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 20.09.2004, 08:54 (vor 7314 Tagen)

Letzten Freitag stand mir etwas unangenehmes bevor, ich mußte zum "Gwaför". Eigentlich gehe ich nie gerne dahin, und daß bereits seit meiner Kindheit. Irgendwie nervten mich die dummen Sprüche meiner Schulkameraden: "Warst du beim Friseur?" Auch meine Arbeitskollegen sind da nicht besser, was mich heute aber nicht mehr nervt. Heute stelle ich fest, daß ich nach jedem Friseurbesuch älter aussehe, da dann die grauen Haare mehr auffallen als die braunen, letzter scheinen schneller zu wachsen. Und zum anderen ist ein Friseurbesuch nicht gerade billig, denn auch in der Schweiz werden die Kosten nicht von der Krankenkasse zurückerstattet, obwohl man die Tatsache, daß die braunen Haare immer weniger und die grauen Haare immer mehr werden, im weitesten Sinne des Wortes als "Krankheit" auffassen könnte. Und die Zeiten, daß meine Eltern für die Friseurkosten aufkamen, sind auch schon lange vorbei.

Bei diesen "Problemen" wollte ich mir weiteres "Problem" NICHT aufladen: Das "Problem" mit zu engen, zu weiten, zu häßlichen, zu dreckigen, zu wer-weiß-nicht-was-für Schuhen! In der Hoffnung, daß ich mit den Schuhen auch meine Sorgen zu Hause lasse, radelte ich barfuß los, zum Friseur im Perry-Center bei Oftringen. Scheinbar unbemerkt gelangte ich durch die Gänge über die Treppe (ich hätte auch den Lift benutzen können, aber ich benutze grundsätzlich die Treppe, sogar dann, wenn ich Schuhe trage und mit jeder Stufe das Gewicht der Schuhe anheben muß) in den Friseurladen. Die Coiffeuse warf einen kontrollierenden Blick - auf die Liste der Anmeldungen, nicht auf meine Füße. Dabei hatte ich es nicht einmal für nötig gehalten, meine Barfüßigkeit durch weite Hosen zu tarnen, im Gegenteil. Ich wurde zum Behandlungsstuhl geführt, und nach kurzer Zeit ging's los. Ich blickte in den Spiegel und konnte ein Mädchen sehen, das neben dem Behandlungsstuhl der Mutter stand und in meine Richtung starrte, mal Richtung Fußboden, mal Richtung oben, dann wieder nach unten. Ob es empört war, aber die Worte fehlten! Oder träumte es nun selber davon, barfuß durch den Friseurladen zu wandeln und die weichen abgeschnittenen Haare der "Patienten" unter den nackten Füßen zu spüren? War es etwa in diesem Moment böse auf die "Rabenmutter", die es zwang, mit Wollpullover, langen Hosen und fett beschuht "eine Gefangene der modernen Zivilisation" zu sein?
Weitere Beobachtungen konnte ich nicht machen, da die Coiffeuse mich bat, meine Brille abzunehmen, da sie ihre Arbeit erschweren würde. Also konnte ich den Rest der Behandlung nur verschwommen wahrnehmen. Die "Gwaföse", die offensichtlich neu im Laden ist (oder gerade keinen Dienst hatte, als ich mir früher dort die Haare schneiden ließ, bisher nur mit Schuhen), fragte mich, ob ich aus Deutschland stamme und im Urlaub wäre. Umso erstaunter war sie, als ich sagte, daß ich bereits sei über 15 Jahren als Chemiker in der Schweiz arbeite. Sie meinte darauf, daß Chemiker ein interessanter Beruf sein müßte.

Am Ende der Behandlung war ich erleichtert. Und nicht etwa, weil ich die Prozedur barfuß überstanden habe, ohne mich zu verletzen. Erleichtert war ich nur um das Gewicht der abgeschnittenen Haare und um das Geld, das eine Behandlung kostet. Ob ich in Zukunft immer barfuß zum Friseur gehe? Wohl kaum, denn vor dem nächsten Winter brauche ich nicht mehr hin, und bis zum nächsten Frühling kann ich wohl nicht warten. Etwas lustiges passierte mir noch am Ausgang: Die Coiffeuse reichte mir eine Jacke, die dort am Haken hing, um sie mir überzuziehen. Ich aber lehnte dankend ab, da ich keine angehabt hatte und diese Jacke mir nicht gehörte. Die Jacke mochte ich übrigens nicht leiden. Ob ich auch sonst dankend abgelehnt hätte, möchte ich an dieser Stelle nicht diskutieren.
Was schließen wir daraus? Wenn ein Mensch im September bei Sonne und ca. 17°C zum Friseur geht und keine Jacke trägt, dann scheint es ungewöhnlich zu sein! Wenn aber einer barfuß kommt, das scheint das völlig normal zu sein. Ansonsten hätte die Friseuse doch auch nach meinen Schuhen gesucht.
Wäre doch auch eine Idee, am Eingang nicht nur Hut und Mantel abzugeben, sondern auch Schuhe, soweit man welche anhat.

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen


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