Wanderung am Ostweg (Hobby? Barfuß! 2)

malo @, Stammposter, Sunday, 19.09.2004, 23:07 (vor 7314 Tagen)

Hallo,

da heute Sonntag nochmals brauchbares Wanderwetter angekündigt war, liesen wir uns das nicht nehmen und wurden auch mit einem wunderbaren Tag belohnt.
Mit von der Partie: meine Freundin, Ute und Alex. Alle drei beschuht, ob meiner barfüßigkeit aber betraut.
Ein Auto wurde in der Frühe bei Ludwigsmühle, einem Stadtteil von Selb/Bay. deponiert. Start der Wanderung war Wildenau, ein Dorf auf Selber Flur, unmittelbar an der tschechischen Grenze zu Asch gelegen. Ein Dorf mit Feuerwehrhaus, intakten Bauernhöfen, kaum neue Wohnhäusern von Stadtflüchtigen, einem Dorfteich und keine Kirche. Lebenswert, ohne Stress und Hektik.
Hier beginnt der Ost-Weg. Der Weg wurde bewußt von mir gewählt, da durch den Fichtelgebirgs-Verein markiert, und in der "Fritsch"-Wanderkarte 1:50000, als zum Teil naturbelassen ausgeführt.
Um 10 Uhr ging es bei herrlichsten Sonnenschein, bestens duftender Luft los. Die vom Westen angekündigte Schlechtwetterfront zeigte bereits aus Richtung Hof erste Schleierwolken. Doch über unseren Köpfen jungfräuliches blau. Für wenigstens zwei Stunden rechnete ich noch mit Sonne pur. Der Weg geht vom Dorf hinaus zwischen Wiesen und Äcker hindurch zuerst asphaltiert geradewegs auf die deutsche Staatsgrenze hinzu. Erkennbar am Schild "Halt! Landesgrenze" und den weißblauen, weil bayerischen, Grenzpfählen. Für uns galt die Wegemarkierung "weißes O auf rotem Grund", der Ost-Weg. Zum Teil war dies auf den Grenzpfählen aufgemalt! Nach ca. 600 Meter der geteerten Flurstraße entlang, ging es in einen herrlichen Wiesenweg über. Links der Wald, rechts der Wiesengrund. Unten im Grund, über eine kleine Bachbrücke, wo sich für mich sogleich ein kurzer Kneipp-Aufenthalt ergab. Im Wald dahinter der erdenklich beste Naturweg für barfüßiges Wandern! Nadeln, weicher Waldboden, Wurzel, Zapfen, Gras und Moos. Was will man mehr. Kühl war es, dazwischen immer mal die Sonnenstrahlen den Bodern erreichend. Kein Laut im Wald. Kein Wunder, der Winter naht, die Vögel sind still geworden oder schon weg gezogen in den Süden. Nur oben am Himmel ab und an Düsenflugzeuge. Drüben über das flache, kleine beschauliche Tal ein einzelner Bauernhof. Dahinter die dazugehörigen Felder in eine Art Waldkaree hinein angelegt. Und das von drei Seiten umsäumt mit den Grenzpfählen. Hier muß Ruhe sein. Wo will man auch hin. Wir finden erste Pilze. Zumeist wurmig, aber vereinzelt brauchbar. So wird das Messer gezügt und die "Schwammer-Tasche" aus dem Rucksack hervor geholt. Da sich die "Weiber-Leut" hinter uns mit dem weiteren suchen nach Pilzen Zeit lassen, ich mit Alex vorne zu weit von ihnen zu entfernen drohen, machen wir eine kurze Rast. Der Rucksack spendiert ein feines böhmisches Bier aus der Glasflasche (keinen PET-Mist!), dazu gekochte Eier, Gurken und Tomaten aus eigener Zucht. Das schmeckt. Die Damen schließen auf und es geht weiter. Nun erreichen wir die Lichtung mit der Krippner-Mühle, Geyernmühle und ein paar vereinzelte Weiler um Neuenbrand. Rundum Wald, nach Westen hin offen gen Selb. Der Weg ist nun geteert und muß nur 500 Meter benutzt werden, bevor es wieder links in den Wald geht. Hier der erste "Menschen-Kontakt". Eine ältere Bäuerin schneidet ihre Stockrosen vor dem Haus. Ein kurzes Gespräch über das Woher und Wohin. Freundlich sind die Leute. Aber auch neugierig. Wer verirrt sich denn schon hier her, außer Wanderern. Der Weg in die Mühlbacher Waldung ist auf den ersten paar 100 Metern ein üblicher Fuhrweg, aber der Sorte "bereits recht vergammelt". Also barfußfreundlich. Nun folgen erneut ca. 2 km Weg besten Naturpfades. Der Beutel füllt sich mit Pilzen. Steinpilze, Reizker, Maronen. Nach dieser Waldung kommt wieder eine Lichtung. Zwei Felder als langer Schlauch, enden hier. Die Sonne brennt, es ist 11.30 Uhr. Der Magen knurrt. Hier lassen wir uns am Wegesrand nieder. Erneut ein Pils, dazu frisch gebackene Schnitzel und der am abend vorgefertigte Kartoffelsalat mit Zwiebeln, Gurken und Kartoffeln (auch eigene Zucht) schmecken unter all diesen positiven Umständen. Schöner kann ein Ausflug nicht sein. Ein Seelenfrieden ohne Vergleich. Drüben im Schatten des Waldes ist ein Jagdpächter mit seinem Gehilfen mit dem beseitigen der Wildschweinschäden in einer Wiese beschäftigt. Diese kommen seit dem Rückbau der tschechischen Grenzbefestigung um 1990 sehr viel aus dem böhmischen herrüber. Bald ist deren Arbeit beendet und sie fahren übers abgedroschene Getreidefeld unmittelbar an uns mit ihrem Geländewagen vorüber. Große Stilaugen gabs es ob unseres reich gedeckten "Tisches". Sie winkten freundlich. Fünf vor Zwölf, dann die ersten Schleier und kleine Schäfchenwolken vor der Sonne. Meine Vorhersage...
Aber die Temperaturen um gute 22 Grad. Wir brechen auf, und nun durch den Wald am Höllrangen entlang. Naturweg erster Güte! Völlige Übereinstimmung mit der Wanderkarte. Das Gelände wird steiler, doch wir bewegen uns nur wenig auf und ab, etwa gerade am Hang entlang. Ein Wegweiser im Wald zeigt "Historische Grenzsteine, 130 Meter". Natürlich wird das inspiziert. Etwa 50 Höhenmeter den steilen Hang hinunter klar sichtbar die weißblauen Grenzpfähle, in einer Schneise von etwa 5 Metern breite durch den Wald gerade verlaufend. Der alte Grenzstein wurde kurz zuvor frisch gestrichen. Auf bayerischer Seite trägt er diagonal ein schwarzes Band mit drei gelben Sternen. Die böhmische Seite zeigt eine Art Wappen, oben weiß, mitte rot, unten schwarz. Dessen Bedeutung muß ich noch ergründen. Nun stehe ich in Böhmen! Im Grunde ein illegaler Grenzübertritt. Eine nachdenkliche Stelle. Ist es doch zugleich einmal Deutschland gewesen, Sudetenland, Egerland. Ich wohne im Egerland, im bayerischen Egerland. Heimat! Schön ist es hier: "A sches Land, schöj is dou!" Wir gehen den Weg weiter und erreichen den Wartberg. 688 Meter über Normal Null. Zur Ostseite hin wurde Wald geschlagen, so ist der Blick weit ins böhmische frei. Ich erkenne drunten im sogenannten Egerbecken das weltbekannte Frantizkovy Lazne (Franzensbad), dahinter Duppauer Gebirge etwas links, etwas rechts mächtig erhebend der Kaiserwald, ganz rechts der Tillenberg (Europas einzig wahrer! geografischer Mittelpunkt), und den Großen Hengstberg, unmittelbar zu Hohenberg/Eger. Nahe dran zu Cheb (Eger) im tschechisch-böhmischen. Links grüßt der Kapellenberg, bereits zum vogtländisch-sächsischen gehörend. Aber insgesamt zählt er auch noch zum Fichtelgebirgsmassiv. Wir ziehen weiter und erreichen Buchwald. Etwa 5 Bauernhöfe verstreut in diesem Karee, erneut auf drei Seiten von der Grenze umgeben. Es sei bemerkt: unterwegs am Ost-Weg trifft man immer wieder kleine Holzunterstände, die dem BGS gehören. Schließlich zählt diese Grenzregion zu einer beliebten Schleusergegend. Und hier wird man des nächtens sicher gerne mit einer Wärmebildkamera auf die überraschten Ilegalen lauern. Ab Buchwald nun leider Forstwege/-straßen. Der gesamte Selber Forst ist hier damit durchzogen. Der Staatsforst muß Geld bringen. Im Wald aufgetürmt sehr viel Stammholz, Faserholz, sicher auch Brennholz, bereit gelegt zur Abfuhr. Die Wege nun mal mehr oder weniger gut barfuß begehbar. Für mich kein Problem. Für den ungeübten eher mit Notschuhen anzuraten. Nach nun ca. 8km Wanderung könnte man hier den Nord-Weg gen Westen zum abgestellten Auto nehmen. Da aber das Wetter temperaturmäßig angenehm ist, sich der angekündigte Regen nicht zeigt, beschleßen wir den "Umweg" über die Häusellohe zu nehmen. Vorbei an einem alten Steinkreuz aus dem 30jährigen Krieg, wo sich der Sage nach Egerer Reichsritter mit ein paar Schweden in einer Mondennacht bekämpft haben, erreichen wir die Häusellohe. Zwei alte Forsthäsuer, heute in Privatbesitz, mitsamt Scheunen und Stallungen liegen hier. Ein paar Radfahrer haben Rast gemacht. Sonst niemand weiterhin auf der Wanderung. Tourismus? Hier nicht, gottseidank. Drinnen im Fichtelgebirg um Ochsenkopf und Schneeberg ja, da ist in der Urlaubszeit so etwas wie Tourismus. Ab der Häusellohe ist der Weg geteert. Aber bereits recht verwittert, damit eher eine Massage für die Füße. Nun tröpfelt es etwas. Der "Regen" der Vorhersage. Und mehr kam heute auch nicht herunter. Kurz bevor der Wald zur Stadt Selb/Bay. hin zu Ende ist, erreichen wir den "Schau-Steinbruch". Ein ehemaliger Granitbruch, wie sie früher zu 100ten im Fichtelgebirge waren, ist hier nur noch als verwachsenes, zur Natur zurück gekehrtes Geotop, zu sehen. Ein Verein kümmert sich um das Gelände. Wurde doch der Betrieb hier erst 1976 eingestellt. Ein "Derrik-Kran" (Seile, Stahlausleger, Holz-Haupträger) sind vorhanden, das alte Dynamit-Haus, der offene Unterstand der Steinhauer. Sogar eine Steinsäge und Poliermaschine sind unter einen Dachung. Dazwischen ein paar Loorengleise. Alljährlich zum hier in der Nähe statt findenen Meilerfest, wird hier den Leuten vor geführt, wie man früher Pflastersteine, Treppenstufen, etc. per Handarbeit gewonnen hat. Heute findet das in China statt.... Das Gelände wird harmonisch mit der Natur gepflegt. Überall sind kleine Informationstafeln. Der mit Wasser gefüllte Bruch (ca. 10 Meter tief) sollte nicht unbedingt zum Baden verwendet werden. An diesem Ort gibt es nun Kaffee aus der Thermoskanne und Kuchen aus der Tubberdose. Unser Ausklang, das Ende einer herrlichen Wanderung. Bis zum Auto ist es noch ca. 1 km. Dort angekommen fahren zum Ausgangspunkt nach Wildenau, um den anderen PKW zu holen. Dabei benutzen wir die Staatstraße Richtung Asch/Tschechien. Der Teufel ist hier los! Auto an Auto quällt sich in beide Richtungen. Die einen rüber zum Tschechen, die anderen zurück mit gefüllten Benzintank (1 Liter 95er Super zu 88 Cent :-) Natürlich auch Zigaretten, CD´s usw. Ja klar fahre ich auch zum Tanken rüber. Aber das abends unter der Woche. Ganze 8 km sind es. Doch das hier? Von Hof herauf fast gute 30 km, von überall her: CO, BA, KC, BT, N, KU, Z, FÜ, SLF, LBS, V, PL,... Das ganze Sortiment der nächsten Landkreise. Welch ein Stress, welch ein Lärm.
Und wir? Ganze 13 Leute auf über 10 Km herrlichster Wanderung. Stille, Erholung und Frieden.
Schön war´s. Ob es heuer nochmal klappt?
Die Wanderkarte sagt mir im Bereich Epprechtstein, kl. Waldstein, großer Waldstein bis Richtung Gefees, unter Benutzung des Nordweges (siehe oben!) und des Höhenweges (siehe Schilderung letzte Woche), das hier gute 10-15 km auf Naturwegen auf Kammlage (etwa 900 Meter) möglich sind.
Jedoch: die vergangene Nacht war frostfrei, die drei Nächte zuvor Bodenfrost! Und auch letzte Woche zwei mal Bodenfrost.
Da oben auf den Bergen ist also schon tiefer Herbst. Der Boden im Wald schon ausgekühlt. Für mich kein Problem. Doch für den ungeübten Barfüßer derzeit nurmehr bedingt zu empfehlen.

Gruß,
Markus


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