Keine Barfüsser mehr in Appenzell ? (Hobby? Barfuß! 2)

Aquajeans, Monday, 13.09.2004, 17:54 (vor 7320 Tagen)

Jeden September mache ich an einem Septemberwochenende eine Motorradtour durch die Schweiz , Frau und Kinder verbringen die Zeit in einem Städtchenim Berner Oberland, so komme ich zum Pässefahren, und die Familie treffe ich dann am Abend wieder.

Ich habe nicht das Talent von Michael von Z., die Touren mit der gleichen Akribie zu beschreiben wie er, man möge mir dies nachsehen; insbesondere da ich nciht barfuss Motorrad fahre, sind die Details der Reise wohl auch nicht so wichtig

Dieses Jahr führte mich der Weg am Freitag ins Appenzellerland, mit seinen einladenden Kurven so richtig geeignet, um sich warmzufahren für die Pässe am Alpenhauptkamm an den darauffolgenden Tagen.

Appenzell entdeckte ich zufällig vor vier Jahren, quasi als Abstecher von der Strecke Chur-Bodensee. Mir gefiel natürlich besonders, dass man dort auch als Erwachsener, ohne aufzufallen, und ohne allein zu sein, barfuss sein konnte, sondern, dass man barfuss eher "normal" war. Ich erfuht erst später, dass das Barfussein in Appenzell eine Tradition ist, auf die man dort eigentlich stolz ist.

Damals, im Jahre 2000, waren viele erwachsene Einheimische, und die Kinder und Jugendlichen fast ausnahmslos, noch barfuss.

Ich freute mich also, für ein bis zwei Stunden die schweren Stiefel auszuziehen, die Lederkombi zu verstauen, und barfuss durch die Ortschaft zu spazieren, barfuss auf einer Terrasse etwas zu essen, und dies, an einem der wenigen Flecken auf der Welt, ohne aufzufallen, so wie in Belize.

Gross war meine Enttäuschung, als am vergangenen Freitag das Bild sich komplett gewandelt hat.

Zugegeben: Appenzell hat viel Bustouristik mit Kaffefahrtehn aus der BRD und aus der deutschen Schweiz. Das die Omis und Opis nicht barfusslaufen, ist normal, das tun sie auch nicht in Gran Canaria oder zu Hause in Wanne Eickel. Ich sah aber auch Schulklassen: dieses Jahr zu 95% beschuht. Ich sah Einheimische beim Supermarkt, nicht in den Souvenirläden: alle beschuht.

Auch in den Nachbarorten, wie Gonten, das gleiche Bild.

Dabei war der Freitag ein schöner Tag, sonnig, aber nicht zu warm, und ideal zum Barfusslaufen.

Was ist im Appenzellerland los ? Hat es eine kantonale Verordnung gegeben , die das Barfusslaufen einschränkt ? Woher kommt der Sinneswandel ? Vielleicht kann einer der Schweizer Teilnehmer im Forum, insbesondere M. von Z. mit seinem scharfen Sinn für Sarkasmus und antrophologische Analyse, eine treffliche Erläuterung liefern ? Galubt man vielleicht auf einmal , "modern" wirken zu müssen, und setzt man beschuht jetzt quasi als Reaktion auf die Vergangenheit ?

Eine löbliche Ausnahme sei doch noch erwähnt: am Freitag war auch Kuhtrieb, und eine Gruppe kam mit ihren Tiren durch die Ortschaft, an der Spitze der Bub der Familie, in Tracht, aber währschaft beschuht, die Männer und die Mutter, ebenfalls in Tracht und ebenso währschaft beschuht, und am Schluss, die Tochter, zirka 17-18, auch in Tracht, aber barfuss, mit schönen, gebräunten Füssen einer Person, die den ganzen Sommer sicher nicht inder Tracht, aber dafür barfuss verbracht hat, und einem netten Lächeln auf den Lippen. Einfach schön.

A propos Kuhfladen und die Diskussion darüber hier im Forum: die entsprechenden Spritzer haben ihr offensichtlich (zu Recht) nichts ausgemacht.

Aquajeans


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