Ein trauriges Kapitel zum Thema barfuß (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Stammposter, Monday, 30.08.2004, 13:18 (vor 7335 Tagen)

Dieses in das einzig traurige, was mir letzten Sonntag widerfahren ist auf barfüßigen Wanderung. Ich hatte gerade die Ruine Wartburg verlassen und befand mich nun auf einem Stück Weg, an dem sich eine Furche mit Wasser und Schlamm befand. Hier wollte ich meine Füße abkühlen, bevor es weiterging auf unschönerem Untergrund. Während ich so die Furche langsame auf und ab ging, kamen ein Mann Mitte dreißig und ein Mädchen, vermutlich seine Tochter den Weg daher. Er war in Anzug und Krawatte, fett beschuht und hatte einen Regenschirm dabei. Das Mädchen trug ein fast bodenlanges blaues Kleid und schwarze Lackschuhe. Ich wußte sofort, daß diese Leute keine lange Wanderung vor sich hatten, sondern sich vermutlich nur ein paar Meter vom nahen Parkplatz bewegt haben und wahrscheinlich im überteuren Restaurant des Sälischlößli speisen wollten. Das Mädchen wollte sich schon auf eine Bank setzen, aber der Mann ließ sie warten, bis er eine Wolldecke (oder ein Handtuch?) auf der Bank aus Naturholz ausgebreitet hatte. Kaum hatte sich das Mädchen gesetzt, hatte es mich das Mädchen erblickt und rief: "Barfuß, prima!" Und schon hatte es einen Schuh ausgezogen und dabei war, einen Kniestrumpf auszuziehen, rief der Mann wütend: "Bist du verrückt? Doch nicht hier!" Was ist ungewöhnlich, im Wald barfuß zu laufen? Da jammerte es: "Aber wieso darf der Mann barfuß laufen und ich nicht?" "Der Mann ist arm und hat kein Geld, um sich Schuhe zu kaufen. Der braucht sein Geld, um sich mit Schnaps, Zigaretten und Drogen einzudecken!" Das ging mir aber doch gegen den Strich. Wenn ein Vater sein Kinder die lediglich die Notlüge mit der Armut erfindet, um sich nicht in lange Diskussionen einzulassen, dann kann ich es noch nachvollziehen, auch wenn in Wirklichkeit das Gehalt eines Chemikers ausreicht, um sich Schuhe kaufen zu können. Aber mich dann als Säufer, Raucher und Hascher abzustempeln, das grenzt an Verleumdung. Ich ging auf den Mann zu und sagte: "Den letzten Satz hätten Sie sich sparen können. Derart unqualifizierte Sätze darf nicht einmal ein Polizist über einen Schwerverbrecher sagen. Sein Sie froh, daß keine erwachsenen Zeugen zugegen sind, ansonsten würde ich Sie anzeigen. Am liebsten wegen Kindesmißhandlung, weil ein kleines Mädchen mit völlig ungeeigneter Kleidung in den Wald nehmen und ihm dann noch die Möglichkeit nehmen, sich auf die natürlichste Weise fortzubewegen. Aber damit komme ich nicht durch. Aber für eine Anklage wegen Verleumdung reicht es allemal!" Als er hörte, daß ich kein Schweizerdeutsch, sondern hochdeutsch sprach, sprach er: "Sie verdammter Ausländer! So etwas wie Sie verseucht unsere saubere Schweiz! Lebt auf Kosten des ehrlichen Steuerzahlers und ist kriminell. Bleibt zu hoffen, daß Bundesrat... (er nannte den Namen eines Politikers, den ich hier nicht wiedergeben möchte, da Politik in diesem Forum nichts zu suchen hat) sich durchsetzen kann und die Initiative abgelehnt wird. Während der Zeit kam eine Frau, bekleidet mit teurer Lederjacke, eleganter Mütze, langer hautenger Hose und materialarmen Sandalen mit Pfennigabsätzen an ihren strumpflosen Füssen. (Es wurde in diesem Forum zwar schon häufig bemängelt, daß das Angebot an Damenschuhen ein Vielfaches höher sei als bei Herrenschuhen, speziell auf dem "Fast-barfuß-Sektor", aber auf Schuhwerk dieser Konstruktion könnte ich gut und gerne verzichten).
Während des Streitgespräches beförderte ich aus meinem Rucksack eine Fototasche, öffnete diese, als plötzlich der Mann sagte: "Kommt schnell weiter, dieser holländische Asylbewerber steckt uns noch mit Fußpilz und Aids an!" Alle drei setzten sich in Bewegung, wobei die Frau nicht so schnell voran kam. "Barfuß geht es schneller, und gesünder ist es auch!" rief ich nach: "Sie verdammtes Arschloch!" rief der Mann. "Ihre Tochter weiß wenigstens, was gesund ist. Sie ist intelligenter als Sie..." Ich wollte schon "Schafsäckel" sagen, aber ich ließ es bleiben, ansonsten zeigt er mich an wegen Beleidigung. Er hat ja Zeugen!
Nach einiger Zeit ging ich weiter, kam am Parkplatz vorbei. Dort stand neben anderen Fahrzeugen ein teures Auto mit St. Galler Kennzeichen. Das gehört sicher diesem "Schafsäckel", typisch St. Gallen, dachte ich. Aber beweisen kann ich es nicht. Was die Fototasche anbelangt, die hätte mir nicht einmal etwas genützt. Der Film war voll! Da war ich einem Menschen begegnet, der was gegen Barfüß hat. Und gegen Ausländer! Und ich bin beides. Und für derart primitive Menschen werde ich letzteres auch bleiben, selbst wenn ich längst Schweizer Staatsbürger bin. Man erkennt es an meiner Sprache.

Kopfschüttelnd

Michael aus Zofingen


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion