Das Problem kenne ich auch... (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd, Monday, 05.04.2004, 19:06 (vor 7482 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo lieber Michael,

wenn ich Deinen Text lese, sehe ich mich praktisch selbst im Sommer 2002/2003 auf diversen, absolut barfußfeindlichen Pisten Mitteldeutschlands herumeiern, mit nackten Füßen, demolierten Fußnägeln und blutigen Schnittwunden. Und die Leute sehen mich verständnislos an und glauben, ich kasteie mich wohlwissend, indem ich mir Steine in die Füße ramme. Ja, ich spreche aus Erfahrung. Und die hatte ich gottlob erst ein einziges Mal.

Solche extremen Wege, wie Du sie beschreibst, kenne ich (so gut wie) nicht, da bei unwegsamer Piste für den Barfüßer immer noch die Möglichkeit besteht, an den Wegesrand auszuweichen, um möglichst wenig Blut zu verlieren. Wenn dort aber auch Steine und/oder Scherben liegen, ist man mit nackten Füßen übelst aufgeschmissen und kann sich nur schleppend voran bewegen.

Vollkommen *unmöglich* hingegen scheint mir ein Stadtfestbesuch ohne Schuhe. Wenn ich an letztes oder vorletztes Jahr und an all die Riesenscherben in Frankfurt und Gießen denke (Biergläser und -flaschen), mein Gott, der Abend hätte für mich unweigerlich im Krankenhaus geendet. Und wer hat Schuld? Jeder, der achtlos seinen Müll wegwirft und nicht daran denkt, dass es Leute gibt, die auch mal ihre Schuhe zu Hause lassen. Und wieder mal stellen wir fest: Wir sind uns selbst im Weg.

Gruß
vom
BERND

Von Westen her sollte am Sonntag, den 4.4.04 im Laufe des Nachmittags eine Front heranrücken und dem Frühling ein vorläufiges Ende bereiten. Sollte die tags zuvor durchgeführte Barfußwanderung an der Emme wirklich die letzte Frühjahrswanderung gewesen sein. Nein! Ich schwang mich morgens aufs Fahrrad und radelte ohne Schuhe zum Hallwiler See, den ich ja bereits dieses Jahr einmal barfuß umrundet hatte. Würde ich nur die teilweisen Schotterstrecken besser ertragen? Bereits das erste Stück war schwierig, vielleicht aufgrund der Tatsache, daß man bei ca. 35 km barfüßigem Velofahren bei ca. +5°C so was ähnliches wie Klumpfüße bekommt. Unmittelbar danach reagiert man sicher empfindlicher. Später folgte ein Waldweg, der frisch mit Bruchschotter befestigt war, so eine Gemeinheit! Schlimmer noch: Etliche, besonders grobe und scharfkantige Steine lagen mitten im Laub (oder auf Grasflächen). Lag hier "Pfusch am Bau" vor? Ich vermute einmal, daß auch hier nach dem Motto "Zeit ist Geld" gearbeitet wurde. Vermutlich schleuderte eine Maschine die Steine auf den Weg (und teilweise daneben) und eine Walze folgte, um das ganze zu verdichten, wobei die Steine neben dem Weg so bleiben wie sie waren. Denken die sicherheitsbeschuhten Baulöwen denn nicht daran, daß es Leute gibt, die gerne barfuß laufen? Oder das landwirtschaftliche Maschinen (z.B. Mähmaschinen) Schaden nehmen könnten? Wozu wurde der Weg überhaupt gemacht, er war doch noch gut, zumindest für Leute mit Wanderschuhen und Turnschuhen. Autos dürfen da nicht fahren. Spaziergänger mit Halbschuhen oder Pumps findet man hier nicht. Oder dachten die Verantwortlichen etwa an "Pseudowanderer" (letztere sind leider die besten Kunden in den Restaurants am See, speziell in den teureren), die für die kleinste Wanderung die teuersten Marken-Bergschuhe anziehen, aber um jede Pfütze einen Bogen machen, damit jeder sieht, welche Marke sie tragen? Oder hat die Schuhindustrie den Wegebau gesponsert? Oder etwa die Ärzte, die den Leuten das Barfußlaufen vermiesen wollen, damit sie, unsere Halbgötter in Weiß, davon profitieren, daß sich die Leute den Rücken kaputtwandern (und als Zubrot noch die wenigen "unbelehrbaren" Barfüßer behandeln können, die sich die Füße an den Steinen zerschnitten haben)? Böse Kommentare erntete ich nicht, auch wenn mir kein einziger unbeschuhter Mensch entgegen kam. Ein Rentner meinte nur: "Wenn bloß diese Steine nicht wären!"
Andere Strecken, die ich bei meiner früheren Wanderung wegen ihrer matschigen Beschaffenheit als besonders angenehm empfand, waren es diesmal nicht mehr: der Boden war aufgrund der langen Trockenheit stark verkrustet. Derartig verkrustete Böden sind weder barfuß, noch mit Schuhen angenehm begehbar. Trotz alledem kam ich wieder gut am Velo an. Gegen 16.30 Uhr radelte ich heimwärts, Regen lag in der Luft und setzte kurz hinter Lenzburg ein. Es war zwar nicht viel, aber immerhin. Mehr machte mir der starke Gegenwind zu schaffen, allerdings nicht an den Füßen. Für die war Radfahren Erholung gegenüber der Seeumrundung teilweise über "Stock und Stein".
Ein Vergleich zwischen der Seeumrundung und der Wanderung tags zuvor an der Emme: Die Emmenwanderung ist eindeutig zu bevorzugen. Beide Orte sind etwa gleich weit von Zofingen entfernt, so daß die Entfernung auch kein Grund ist. hoffentlich kommen die Emmentaler nicht auch noch auf die Idee, jedes Weglein barfußfeindlich herzurichten. Das Emmental liegt im Kanton Bern. Hoffentlich überwiegt hier der sprichwörtliche Charakterzug der Berner, daß sie ihren "Chnäbelgrind" durchsetzen und alles so belassen wie es ist. Hoffentlich tritt nicht der zweite Charakterzug der Berner, die Langsamkeit, in den Vordergrund. Dieses würde bedeuten, daß auch im Kanton Bern alle Wanderwege gekiest würden, lediglich etwas später als anderswo in der Schweiz. Das Emmental liegt zwar nicht in der Innerschweiz, aber vom landschaftlichen her könnte es sich auch um eine Gegend handeln, in der das Barfußlaufen "nicht unüblich" ist.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen (der die Ärzte nicht an den gestrigen "Steinschnittwunden" verdienen läßt)


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