Barfuß Rad fahren und Gesundheit (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Friday, 17.10.2003, 07:55 (vor 7654 Tagen) @ RainerL

Hallo Rainer,

ich merke, daß es mit meiner Kondition beim Radfahren langsam weniger wird, man wird halt nicht jünger. Was meine Prioritäten anbelangt: In erster Linie möchte ich Radfahren, erst in zweiter Linie ohne Schuhe. Meine Vorliebe fürs Radfahren kam während meiner Zeit an der Universität in Oldenburg (1976-1989). Ich hatte einen Weg von etwa 5 km hin und die gleiche Strecke wieder zurück, und das jeden Tag. Ein eigenes Auto habe ich nie besessen. Ab und zu unternahm ich auch 2- bis 3-tägige Fahrradtouren, speziell zu Pfingsten, so etwa in den Raum Hannover (Straßenbahn-Museum in Sehnde-Wehmingen), nach Braunschweig, in den Harz, nach Kassel oder nach Wuppertal, für die Hinfahrt benötigte ich jeweils einen ganzen Tag ab Oldenburg, wobei ich manchmal morgens um 4 Uhr starten mußte, um gegen Abend das Ziel zu erreichen. Damals hielt ich es für absolut undenkbar, daß man auch barfuß recht gut radfahren kann. Ich sah ja nie Radfahrer ohne Schuhe, wenn man von Kindern im Vorschulalter absieht, die vor dem Elternhaus mit ihren Kleinfahrrädern, Dreirädern usw. ihre Runden drehten. Die erste Zeit trug ich auch immer lange Jeans beim Fahren, die bösen Worte meiner Eltern, daß ein erwachsener Mann außerhalb des eigenen Gartens oder von Badeanstalten niemals kurze Hosen tragen dürfte, lagen mir noch allzu sehr in den Ohren. (Meine Mutter findet es noch heute schrecklich, daß männliche Tennisspieler nicht mehr wie früher lange Hosen tragen!) Erst als ich einmal bei 30°C (was im Oldenburger Raum eher selten ist) eine Velofahrt nach Emden und am selben Tag wieder zurück fuhr und meine Beine bläulich geworden waren, weil der Schweiß etwas Farbe aus den Jeans herausgelöst hatte, entschied ich mich, beim Radfahren zumindest bei Temperaturen über 18°C kurze Hosen zu tragen. Erst in der Schweiz habe ich es "gelernt" auch bei tieferen Temperaturen kurze Hosen zu tragen, der Auslöser war eher zufällig: Da ich im Badezimmer nach dem Duschen einmal ausgerutscht war und mir leichte Schürfwunden auf der Sitzfläche zugezogen hatte, zog ich ausnahmsweise eine Turnhose unter die Jeans, als ich an einem sonnigen, aber anfangs kalten Dezembertag mit dem Rad nach Zürich fuhr. Später wurde es derart warm, daß mir beide Hosen übereinander zuviel wurden. Ursprünglich wollte ich mich nur der Turnhose entledigen, um mit Jeans alleine weiter zu fahren. Ich glaubte mich alleine, und war es auch anfangs. Als ich jedoch gerade die Jeans ausgezogen hatte und eine Gruppe älterer Frauen sichtbar wurde, verließ mich doch der Mut zu weiteren Umkleideaktionen. In der Turnhose radelte ich weiter (selbstverständlich von den Frauen weg), um mir eine andere "Umkleidekabine" zu suchen. Als mir dann aber ein Mann auf dem Rennvelo in Sommermontur entgegenkam, entschied ich mich, auf weitere Umkleideaktionen zu verzichten.
Der Tip, beim Radfahren auch auf Schuhe zu verzichten, kam von einem Freund: Er hatte Probleme mit der Hüfte und mit dem Knie. "Normale" Ärzte konnten ihm nicht helfen. Als er mich um Rat fragte, meinte ich, er sollte mal einen Chiropraktiker aufsuchen, mir hätte nämlich auch einer geholfen. Das tat mein Freund auch. Der Chiropraktiker konnte ihm helfen, meinte aber auch, daß für die weitere Heilung Bewegung gut täte, auch wäre Barfußlaufen ideal, da man dann automatisch die richtigen Bewegungen macht. Auch das tat mein Freund. In einem Brief teilte er mir mit, daß sein Leiden so gut wie weg sei, er selber würde seit Juni 2003 häufiger mit dem Fahrrad unterwegs sein und etwa zu 80 % der Strecken ohne Schuhe fahren. Das war auch für mich ein Grund, das barfüßige Radfahren zu testen. Die Bewährungsprobe war, als ich meinen Freund Ende August in Sinsheim mit dem Fahrrad besuchte und auf der Hinfahrt ohne Schuhe auskam (ich berichtete darüber in diesem Forum). Mein Freund hatte zwar nicht gelogen (er ist Pfarrer und darf nicht lügen), aber trotzdem war es mit seinem barfüßigen Radfahren nicht so weit her, wie ich aus seinem Brief vermutet habe. In Wirklichkeit fuhr er nur bei warmem und trocknem Wetter barfuß Fahrrad. Ansonsten radelte er nicht etwa mit Schuhen, sondern er benutzte das Auto! Zweifellos fährt man auch "viel mehr Fahrrad als früher", wenn man früher so gut wie immer das Auto benutzte und heute mal etwa 5-10 km fährt. Doch das sind für mich derart geringe Entfernungen, daß das nicht einmal erwähne.
Die Tatsache, daß man bei Radfahren bei höheren Temperaturen Schuhe anziehen muß als beim Gehen, kann ich nachvollziehen. Schließlich kann ich auch beim Wandern noch bei relativ niedrigen Temperaturen kurze Hosen tragen, während ich beim Radfahren bereits auf lange Hosen überwechseln müßte. Das liegt sicher auch daran, daß man beim Radfahren auf höhere Geschwindigkeiten kommt, so daß die Zehen (bzw. die Knie) stärker abgekühlt werden, speziell bei Gegenwind. Ich finde es jedoch blöd, wenn ich beim Radfahren Bandagen um die Knie wickle würde, nur um länger kurze Hosen tragen zu können oder die Pedalen mit einem "Windfang" zu verkleiden, nur um länger ohne Schuhe radeln zu können. Man kann auch übertreiben! Das geht in dieselbe Richtung, wie wenn man bei tiefen Temperaturen ständig eine Styroporplatte oder eine Noppenfolie dabei hat, nur um sich keine kalten Füße zu holen, wenn man mal bei rot an der Ampel warten muß oder auf dem Bahnsteig auf einen verspäteten Zug. Dagegen halte ich es für "legitim", beim Fahrrad die "gezinkten" Pedalen durch solche älterer Bauart zu ersetzen, wenn man einmal gerne barfuß unterwegs ist, andererseits aber nicht die Laufbahn eines Fakirs einschlagen will.
Ein recht kaltes, in den Flachlagen nebliges Wochenende steht bevor. Ich werde wohl meine Turnschuhe reaktivieren müssen, da auch Flipflops einerseits keinen Schutz vor Fahrtwind bieten und zum anderen zum Wandern im Jura (vermutlich werden die Gipfel oberhalb der Nebelgrenze liegen, so daß ich dort hinfahren werde.) absolut ungeeignet sind. Barfußfreundlich sind die Wanderwege im Jura auch nicht. Aber, wie anfangs gesagt: Ich verzichte nicht auf den Aufenthalt im Freien bei gutem Wetter, nur weil es zum Barfußlaufen zu kalt ist oder der Untergrund zu steinig, dornig usw. Lieber mit Schuhen in der freien Natur als zu Hause barfuß herumzulaufen und sich darüber ärgern, daß man so nicht nach draußen kann.
Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen


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