Bahnexpo 2003 - barfuß nicht reingetraut! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen @, Monday, 13.10.2003, 09:50 (vor 7658 Tagen)

In diesem Forum scheint es auch einige Liebhaber von Eisenbahnen zu geben, soweit ich die Beiträge richtig interpretiere. Daß ich auch dazu gehöre, überrascht vielleicht gar nicht, da auch ich in meinen Beiträgen, wenn auch nur in Nebensätzen, diverse Bahnlinien erwähne. Die "Bahnexpo 2003", die im Verkehrshaus Luzern ausgestellt war, hatte ich bisher noch nicht besucht, aber letzten Samstag (11.10.2002) sollte es losgehen.
Hat jemand schon das Luzerner Verkehrshaus barfuß besucht? Die Lage ist ja gerade dazu prädestiniert: Freibad und Campingplatz liegen in unmittelbarer Nachbarschaft, mit dem Schiff kann man von dort auf dem See herumfahren, der Trolleybus bringt diejenigen, die nicht mit dem Auto angereist sind, schnell zum Bahnhof und in die herrliche Altstadt. Aber auch die Uferpromenade ist ideal für Barfüßer, auch für solche, die wie ich noch recht empfindliche Füße haben.
Eines vorweg: Ich habe mich nicht getraut, das Museum barfuß zu betreten. Aber mit Flipflops, leichtem T-Shirt und "selbstverständlich" kurzen Hosen war ich auch nicht unbedingt so angezogen wie die Mehrheit der Museumsbesucher Mitte Oktober!
Meine Anreise nach Luzern wollte ich nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln antreten, sondern mit dem Fahrrad, ist das ein Stilbruch? Morgens gegen 7.30 Uhr verließ ich meine Heimatstadt Zofingen. Hochnebel lag über dem Land, es war 9°C warm. Darum konnte ich auch die Jacke zu Hause lassen, aber ein wärmeres T-Shirt (ein solches mit kurzen Ärmeln) war schon nötig. Die Flipflops hatte ich "extra für den Museumsbesuch" in die Packtasche gesteckt, so bleiben sie sauber und werden geschont! Kurz vor Sursee (Wakkerpreis 2003) ging der Hochnebel in Bodennebel über. Meine Hände wurden vom Fahren kalt, so daß ich sie abwechselnd in die Hosentasche stecken mußte. Auch hatte ich das Gefühl, daß meine Zehen einfroren. Die Füße konnte ich beim Radfahren allerdings nicht abwechselnd in die Hosentasche stecken, dafür bin ich zu unsportlich (in der Schule hatte ich im Sport nie eine bessere Note als 4!). Aber durch Fahren mal mit dem Ballen, mal mit der Ferse, mal mit dem Gewölbe und mal mit den Zehen ging es doch irgendwie. Eine "Bullenschleuder", die mich überholte, verminderte die Geschwindigkeit nicht, das gibt es wohl nur in der Schweiz. In Deutschland oder gar in noch weniger demokratischen Staaten wie USA oder Israel hätte die Polizei einen barfüßigen und kurz behosten Radfahrer bei Temperaturen unter 10°C kontrolliert und peinliche Fragen gestellt. In Emmenbrücke wurde der Verkehr dichter, auch waren mehr Fußgänger auf der Straße. Erst hier schienen die Leute überhaupt meine "nicht normale" Kleidung zu registrieren. Gegen 9.20 Uhr erreichte ich das Stadtzentrum von Luzern. Da das Museum erst um 10 Uhr öffnete, hatte ich noch Zeit, das Velo durch die Stadt zu schieben. Die Sonne ließ sich langsam blicken. Touristen waren um diese Zeit noch in der Minderheit, lediglich Japaner waren schon unterwegs. Man sagt ja, das Japaner es verstehen, böse zu werden aber ihr Lächeln immer noch beibehalten, daß ein Europäer nichts davon merkt. Diese Japaner verzogen jedoch ihr Gesicht! Was das wohl bedeutet? Weltuntergangsstimmung? Am Ufer der Reuß war Wochenmarkt, dort waren Einheimische, meist ältere Frauen, beim Einkaufen. Ich konnte Bemerkungen wie "Jesses!" oder "ein hitziger Siech" vernehmen. Auf der nachfolgenden Seepromenade, wo praktisch nur Jogger und Leute mit Hunden unterwegs waren, fiel ich schon gar nicht mehr auf. Ca. 100 Meter vor dem Museum zog ich ein leichteres T-Shirt und Flipflops an. Somit entging mir zum Beispiel die Chance zu testen, wie unterschiedlich sich bei Zahnradbahnen die Zahnstangen vom Typ Riggenbach, Abt, Strub oder Locher, mal verrostet, mal reichlich gefettet, unter den nackten Füßen anfühlen. Hat jemand anders so etwas schon gemacht? Die vielen eisernen Stege sind auch nicht unbedingt das, was man bevorzugt barfuß betritt. Lediglich bei Vorstellungen, etwa im Planetarium sowie auf dem Picknickplatz, konnte ich mich mal von den Schuhen trennen. Im Museum ist mir übrigens kein Barfüßer begegnet, auch keiner mit Sandalen ohne Socken. Auch schien ich der einzige zu sein, der kurze Hosen trug. Aber weder Besucher, noch die Museumsaufseher in ihren feinen Anzügen störten sich daran. Nicht einmal Kinder in sah ich in sommerlicher Kleidung. Die Mädchen, die Kleider oder Röcke trugen, hatten Wollstrumpfhosen drunter. Lediglich im Hans-Erni-Haus konnte man massenweise leicht bekleidete Menschen sehen, jedoch nicht live, sondern in Form von Kunstwerken. Aber auch auf Fotos: Eines zeigte den Künstler, wie er ein Bild malte; barfuß und in kurzer Hose!
Gegen 17 Uhr verließ ich das Museum (ich kann es wirklich jedem empfehlen, der sich für Verkehr interesssiert), sofort landeten die Schuhe in der Packtasche! Am Seeufer sah ich gerade eine ältere Frau, die Schuhe und Strümpfe ausgezogen hatte. Viele Leute trugen recht winterliche Kleidung, obwohl es noch 16°C warm war. Nur Radfahrer, Jogger, Fußball- und Tennisspieler sah ich in kurzen Hosen. Als ich das Velo an einem behandschuhten und bemützten Mädchen (ca. 5 Jahre) vorbeischob, rief dieses nur zur Mutter: "Mammi, dr Ma, bluttfuäs". Richtig dumme Bemerkungen hörte ich lediglich, als ich das Rad am Reußufer an einem Gartenrestaurant vorbeiführte. Liegt es am Alkohol? Oder macht die Gruppe stark? Oder halten sich Leute, die über Barfüßer usw. lästern, bevorzugt an exponierten Stellen wie in Kneipen, vor Kiosken, vor größeren Kaufhäusern usw. auf, nicht aber in technischen Museen? Über meine barfüßige Rückfahrt gibt es nichts außergewöhnlicher zu berichten, außer eines: Kurz vor Zofingen raste hupend und mit überhöhter Geschwindigkeit ein Auto heran, das voll von jungen Leuten war. Der Beifahrer kurbelte die Scheibe runter und schrie mit heiserer Stimme: "Hopp, Schwyz! Hopp Schwyz!"

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen


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