Barfuß über die Glut der Großstädte /Reisebericht (Hobby? Barfuß! 2)

Lotsi, Wednesday, 03.09.2003, 16:50 (vor 7687 Tagen)

Na Ihr,

war das ein SOMMER?!
Ich genieße die derzeitige Kühle. Wie schon oft gesagt: Barfußlaufen bei 20 Grad ist ein ganz besonderes Vergnügen. Zumal ich gestern von einer über zweiwöchigen Reise durch Prag, Wien und Budapest zurückgekehrt bin. Es war ein unvergleichliches Erlebnis, gerade weil ich diese Fahrt stets als ein gewisses Wagnis empfunden habe. Unterwegs, nur ich allein mit meinem Rucksack - und ganz ohne Schuhe. 16 Tage barfuß über die Gluthitze dieser Großstädte, kilometerlang kochender Asphalt, 16 Tage lang dieses spezielle Gefühl zwischen absoluter Freiheit und aufregendem Ausgeliefert-Sein. Denn inmitten der Häuserschluchten, inmitten des tosenden Trubels kann man sich auf nackten Füßen schon etwas verletzlich, mitunter gar einsam fühlen. Und gleichzeitig völlig unabhängig. Diese Spannung, diese Diskrepanz machen den Reiz perfekt - und selbst eine Reise durch eher gemäßigtere Breiten wird so zum abenteuerlichen Erlebnis.
Okay, nicht immer war es glutheiß. In den letzten Tagen war selbst Budapest erträglich. Aber die ersten 10 Tage meiner Reise - eine echte Herausforderung! Schattenhüpfen all the time.
In Wien war ich, wie schon zuvor, nahezu allein ohne Schuhe. So kam es mir jedenfalls vor. Ich weiß auch nicht, woran das in dieser wunderbaren Stadt liegt. So edel und vornehm ist es in Wien schließlich nicht überall. Um so mehr bin ich aufgefallen. Habe aber nie negative Reaktionen hinnehmen müssen, wenngleich meine Barfüßigkeit oft kommentiert wurde. Immer wieder, wenn jemand zu mir sagt "Sie sollten aber besser Schuhe anziehen, es ist heiß und schmutzig da draußen" (etwa die Dame in der Jugendherberge) koste ich die Freude aus zu erwidern: "Ich habe gar keine Schuhe dabei!" Und dann immer diese Blicke! Mag eine kindliche Freude sein, okay, aber ich liebe das dennoch.
In Prag war ich mit zwei Australierinnen im Zimmer, die mich erstaunt ansahen, als ich ihnen erklärte, ohne Schuhe zu reisen, obgleich sie erzählten, dass Barfußlaufen bei ihnen zu Hause sehr populär sei, sie selbst es oft täten. Aber in der Ferne? Die Amerikanerin und die Österreicherin im Zimmer schauten nur irritiert. Hielten mich wohl für etwas asozial. (Bald hieß ich da nur noch "This Hippie from Bavaria"). Zumindest liefen in Prag mehr Leute barfuß herum. Der Anteil der eher alternativ Reisenden ist dort deutlich höher.
Es löste immer wieder aufs Neue einen wohltuenden Schauder aus zu wissen, dass ich jedes Ziel, jeden Ort barfuß zu besuchen hatte. Dass ich keine andere Wahl hatte, wenn ich mich etwa spät abends verlief und über die noch warmen Straßen irrte (und dann auch nicht mehr an jeder Ecke Schuhe hätte kaufen können). Der Umgebung völlig ausgeliefert sein. Ach, herrlich!
Ich weiß auch nicht: Irgendwie ziehe ich die Stadt vor. So gerne ich auch barfuß über Gras oder durch den Wald laufe - Asphalt, Kopfsteinpflaster oder Teer sind mir noch lieber. Keine Ahnung warum.
Barfuß Reisen steigert die visuellen Eindrücke, das Fremde wird vertrauter, direkter, das Gesamterlebnis intensiver.
Ach je, Phrasen, ich weiß, aber mir fehlen halt einfach die Worte.
Soll ich noch weitererzählen? Oder langweilt es schon?
Kommende Woche geht es noch für einige Zeit nach Spanien. Dann kommt für mich unweigerlich der Herbst, weil ich dann nun endlich (wurde echt Zeit) diesen Studienabschluss angehen muss. Aber bis dahin genieße ich noch jeden Meter auf nackten Sohlen!

Liebe Grüße
Lotsi


gesamter Thread:

 RSS-Feed dieser Diskussion