grundsätzliche Gedanken (Hobby? Barfuß! 2)

Bene, Stammposter, Sunday, 10.11.2002, 19:36 (vor 7992 Tagen) @ Markus U.

Hallo Markus U!

Ein Beschuhter denkt auch selbstständig und macht nicht das, was die wenigsten "normalen" machen,
nämlich: ohne nachzudenken nachmachen, was die wenigsten anderen machen.

Das ist natürlich richtig.

Aber um bei Deiner Terminologie zu bleiben, muss ich doch feststellen, dass die sehr seltenen negativen bzw. abwertenden Reaktionen gegenüber meiner Schuhlosigkeit sehr überwiegend aus dem Proletariat kommen. Ich kann auch bei kritischer Betrachtung nicht beobachten, dass es einen diktierten Druck zum Tragen von Schuhen gibt.

Vielmehr handelt es sich eher um einen diffusen sozialen Druck der Umwelt, den man sich allerdings zu einem grossen Teil nur einbildet. Dieser Druck ist aber nicht politisch oder gesteuert. Er ist eher ein psychologisches Problem, vielleicht ein wenig durch das Grundbedürfnis begründet, dazu gehören zu wollen, nicht aufzufallen, nicht ausgestossen zu werden.

Diesbezüglich nimmt das Barfusslaufen keine Sonderrolle ein: Es ist zunächst leichter, das zu übernehmen, was alle anderen machen. Anders macht man es nur, wenn man (häufig erst zufällig oder auch durch einen Barfusspfad) merkt, dass eine andere Lösung vorteilhafter sein könnte. Wir haben gemerkt, dass für uns der Verzicht auf Schuhe ein Vorteil ist. Das ist zunächst nicht für alle anderen Menschen auch so. Und zum anderen denke ich, dass dennoch bei uns - auch bei Dir - noch genug übernommene Verhaltensweise übrig sind. Diese sind ja nicht nur von Nachteil: Wir sind auf Erfahrungen anderer, auf übernommenes Wissen angewiesen. Der Mensch zeichnet sich dadurch aus, von anderen lernen zu können (wenn er es auch nicht immer tut).

Gerade deshalb kann ich Deine Einschätzung zu den Barfusspfaden nicht teilen: In diesen liegt in gewisser Weise die "Gefahr" (für das System in Deinem Sinne), dass die Benutzer merken, wie positiv der Verzicht auf Schuhe ist. Dies kann eine Initialzündung sein und ich denke, dieses Risiko übertrifft bei weitem den von Dir genannten systemerhaltenden Kanalisierungseffekt.

Den Handel würde ich übrigens bei Deinen Kapital-Betrachtungen aussen vor lassen. Eine Familie hat normalerweise einen monatlichen Fixbetrag, den sie ausgeben kann, ob das für Schuhe ist oder ob sich die Familie die Schuhe spart und stattdessen lieber anderes kauft, ist hier letztlich egal. Man könnte das Problem sogar umdrehen: Müssten nicht Konzerne wie Sony, gegen die Deichmann ein Witz ist, Interesse daran haben, dass die Kids von heute für 100 Euro lieber Spielekonsolen kaufen, statt das Geld für Schuhe zu verschwenden?

Echte Barfüßigkeit, vor allem im Winter wider alle unhinterfragten Konventionen, ist der erste Akt der Befreiung des Menschen!

Das kann für einzelne Personen stimmen, allgemein hängt die Befreiung des Menschen aber sicher nicht von der Schuhlosigkeit ab.

Darüber könnte man schön weiter diskutieren...

Bene


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