Versuch über die Ängste vorm Barfußlaufen (Hobby? Barfuß! 2)

Michael(KO), Thursday, 30.05.2002, 17:20 (vor 8155 Tagen) @ Mercator

hallo mercator,

nachdem ich nun nicht (um ehrlich zu sein: ein zweiter anlauf wahr nötig) den zurück-button gedrückt habe, zuerst einmal gratulation zu deinen gedankenspielen. man muss zwar nicht mit allen gedanken übereinstimmen, deshalb hier mein (persönlicher) "gegenentwurf":

1.) Leute, die es tun, finden es geil, und die meisten davon würden gerne mehr davon wollen, trauen sich aber häufig nicht, es zu dürfen.

dem kann ich im prinzip zustimmen, zu den einschränkungen bitte etwas geduld (will heißen: siehe unten)

2.) Leute, die es blöd finden, haben definitiv keine stichhaltigen Argumente, bringen es aber trotzdem immer wieder fertig, die meisten Leute aus Punkt 1.) zu verunsichern.

volle zustimmung

Erste Idee: Barfußlaufen contra Triebverzicht

betrachte es auch mal von der seite: der mensch ist erwiesenermaßen ohne schuhe auf die welt gekommen (das soll auch heute noch so sein, auch wenn die schuhlose zeit wohl kaum noch den kreisssaal überdauert). die erfindung des schuhs als teil der bekleidung als schutz vor kälte ist sicherlich sinnvoll. leider gab und gibt es zeiten, in denen nicht jeder an den wirtschaftlichen errungenschaften teilnehmen kann/konnte - in den meisten fällen aus finanziellen gründen. hieraus entwickelt sich das nicht erreichbare zu einem statussymbol, welches wenn dann doch einmal errungen, nicht so schnell wieder abgegeben werden will. mit dem schuh dürfte es ähnlich gelaufen sein, wobei er sich schon vom statussymbol (sich in unseren breiten (finanziell) keine schuhe leisten zu können, ist eine randerscheinung) zu einem allgemeinen, nicht mehr hinterfragten gegenstand entwickelt hat (das auto z.b. ist vielleicht auf dem weg dorthin, aber hier gibt es noch gesellschaftsschichten, die es sich nicht leisten können, dennoch werden autoverweigerer in der gesellschaft ebenfalls als "kauzig" betrachtet).

Wir finden’s erstmal geil!

nunja, wenn du, so wie ich täglich eine stunde (barfuß, die gründe folgen noch) von und (teilweise) zur arbeit gehst, relativiert sich das "erstmal" auf die ersten paar schritte. glaube mir: es eine stunde am stück geil zu finden und das täglich, das gefühl kenne ich nicht...

Und dann hat Barfußlaufen auch noch etwas mit Nacktheit zu tun, indem wir etwas entblößen, was nach bürgerlichen Moralvorstellungen bedeckt gehört.

das mag stimmen, hat jedoch auch etwas mit durch zu hinterfragenden "bürgerlichen moralvorstellungen" zu tun

Und schließlich outen wir uns als Leute, denen sinnliche Wahrnehmungen qua Hautkontakt Spaß machen.

...naja...

Nackt? Hautkontakt? Hallo? Das zielt doch ganz klar in eine Richtung: SEX! oder zumindest Wohlgefühl.Und Alles, was damit zu tun hat, tut man nicht öffentlich.

immer diese vorstellung: gegenargument: nackt und hautkontakt geht bei normaler vor"gehens"weise tatsächlich nur mit den füßen, nackt ohne hautkontakt sind meine und die mehrzahl aller hände auch, ohne dass hier sexuelle gedanken im raum stehen. wenn denn der (nackte) fuß tatsächlich in hohem maße sexuelle gedanken motivieren würde, so stünde dies in direktem gegensatz zur sichtbaren praxis: ich habe im letzten jahr hier in koblenz nicht eine(n) barfüßigen geher(in) und nur einen barfüigen radfahrer gesichtet. wenn jemand das leben auf freiem fuß lebt, gibt es wohl auch noch bzw. nur andere als sexuelle gründe.

der gesundheitsaspekt, den du leicht hinterfragst, existiert bei mir auf jeden fall. wie bereits geschildert, gehe ich nahezu täglich etwa eine stunde (der weg von der arbeit, da hinwärts noch genügend öpnv verfügbar ist). anfangs habe ich (natürlich?) diesen weg beschuht zurückgelegt, mit der konsequenz von blasen und vor allem der tatsache, dass ich meine füße am ziel gespürt habe. ein vorteil des barfüßigen gehens ist, dass ich die füße auch nach einer stunde nicht (unangenehm) spüre, weiterhin sind mir blasen seitdem ein fremdwort. ich habe über die jahre sozusagen in einer "zurück-zur-natur"-entwicklung festgestellt, was der mir geschenkte körper ohne technische hilfsmittel zu leisten in der lage ist. seitdem ich (zumindest im sommer) komplett barfüßig lebe, habe ich auch nur dann kalte füße, wenn die außentemepraturen dieses erwarten lassen. dies zeigt mir doch, dass es gesundheitliche gründe gibt, die für das barfuß-gehen sprechen und die sind nachhaltiger als kurzfristige "sexuelle" gründe (barfuß durch eine matschpfütze -> geiles gefühl)

Als Barfüßer treffen wir sie viel empfindlicher, denn wir führen Ihnen etwas vor, wovon ich behaupte, dass sie es selber gerne täten, es sich aber selbst verbieten.

auch wenn ich hier sicherlich das eine oder andere widerwort erhalte: ich behaupte mal einfach, dass dem so nicht ist. wir leben in einer der freiesten und freizügigsten gesellschaftsformen der neuzeit. wenn es hier eine deutlich größere zahl menschen gäbe, die "es selber gerne täten", so würden sie es tun, es sei denn, sie hätten nicht realisiert, dass sie nur eine chance im leben haben.

Langgehegte Verhaltensmuster zu ändern ist aber ein Preis, den viele nicht zahlen wollen.

das wird es sein: die mehrheit kommt gar nicht auf den gedanken. wobei der preis ja ein sehr kleiner wäre, aber das ist ein anderes thema...

Da ist es für Nicht-Barfüßler viel einfacher, das Barfußlaufen im Allgemeinen und anwesende Barfußläufer im Besonderen für bekloppt zu erklären, ohne sich dazu in die Niederungen der sachlichen Diskussion zu begeben.
Unbeabsichtigt halten wir den Leuten einen Spiegel vor, und das macht viele Menschen sauer.

das ist leider richtig

Sagt einfach "Ich hab` `ne Klatsche. Ich mag das so." (Betonung jeweils auf dem "ich")

auch 'ne alternative *gg*

gruß

michael


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