Ob als Jesus oder als Individualist : barfuß unterwegs (Hobby? Barfuß! 2)

Georg @, Tuesday, 09.10.2001, 19:33 (vor 8386 Tagen)

Hallo zusammen,

ich möchte auch mal wieder einen längeren Beitrag für das Forum schreiben !
Dabei ist es keineswegs so, dass ich mich zur zeit nicht mit unserem Barfußthema befassen würde, aber im Forum merkt man zum Beispiel nicht viel davon, wenn ich mich durch Hunderte Postings wühle als Vorbereitung für das nächste Update im ?Best of? (doch davon die Tage noch einmal gesondert mehr).

Solange das Wetter mitspielt, ist die Schreibtisch - Barfüßerei mich nicht einmal zweite, sondern frühestens siebte Wahl. Davor kommen z. B. noch barfuß wandern, barfuß gehen, barfuß laufen, barfuß bummeln, barfuß spielen, barfuß Fahrrad fahren ...
Und an den vergangenen beiden Wochenenden war es doch recht schön - also war ich barfuß unterwegs (über die Woche auch ab und an, zum Supermarkt o. ä. - aber davon gibt es nichts zu erzählen).

Am letzten Septemberwochenende waren wir samstags nach längerer Zeit mal wieder in Koblenz.
Bereits auf der Hinfahrt (für Ortskundige : auf der rechten Rheinuferbundesstraße B 42) passierten wir gegenüber Andernach einen Winzerbetrieb, der Roten Sauser (junger, noch schäumender Rotwein) aus eigenem Anbau anzubieten hatte. Also hieß es, sich schön anzustellen in der Schlange vor dem Außenverkauf, alles auf besonntem Steinboden. Doch dann fiel dem Altwinzer ein, das ganze neu zu organisieren: ?Kommen Sie doch schon einmal hinten herum !? Der Weg führte durch seine Lagerhalle und war äußerst schattig - für den Rest des Tages habe ich besonnte Flächen ganz besonders zu schätzen gewusst !
Am Zusammenfluss von Mosel und Rhein gelegen hat Koblenz nicht nur zwei hübsche Uferpromenaden an beiden Flüssen zu bieten und mit dem ?Deutschen Eck? einen besonderen Anlaufpunkt, sondern auch eine nette Altstadt und eine leidlich weitläufige Fußgängerzone. Schön war es da und überall auch barfußtechnisch sehr entspannt - wenn davon auch, außer mir, niemand Gebrauch zu machen schien.
Wir hatten schon überlegt, was wir danach noch machen wollten, aber leider begann es schon nachmittags (statt abends, wie angekündigt) zu regnen, so dass es etwas vorzeitig nach Hause ging.
Am Sonntag Nachmittag ging meine Familie eigene Wege - so hatte ich Zeit, unsere Wanderung am, 13. 10. noch einmal vorzubereiten, bin mit der Bahn nach Bad Honnef gefahren und Teile der in Aussicht genommenen Strecke (einschließlich einiger Alternativen) abgewandert.

Die folgende Woche hätte ja mit dem Mittwoch als Feiertag sehr barfüßig werden können, wenn das Wetter mitgespielt hätte. hat es aber nicht - der Feiertag war bis Nachmittag total verregnet, Schade !

An diesem Wochenende (erstes Oktober - Wochenende) stand, nachdem sich eine Verpflichtung zerschlagen hatte, kurzfristig ein Besuch bei einem Freund in Witten / Ruhr an.
Wir wollten schon lange einige Unternehmungen gemeinsam gemacht haben, z. B. eine Radtour entlang der Ruhr (übrigens sehr lohnend). Ich bekam ein Leihfahrrad, zum Glück mit erträglichen Pedalen, so dass meine Schuhe im Rucksack bleiben konnten. Am Wendepunkt in Hattingen fiel noch ein schöner Stadtbummel auf Altstadt - Pflaster ab, auf dem Rückweg (eher ungewollt) eine Wanderung mit geschobenem Fahrrad über Eisenbahnbohlen auf einer nur noch von Museumszügen befahrenen Schienenstrecke. Während meine Lieben über glitschige Bohlen klagten, hatte ich guten Halt und fand das Gehen schön (das Schieben des Rades über Schotter allerdings nicht so).
Abends haben wir noch das ?Oktoberfest? in Witten - Herbede unsicher gemacht; wegen zu erwartender Scherben im Dunkeln entschied ich mich dort aber lieber für Schuhe.

Der Sonntag startete mit einem Frühstück und für mich mit einem hübschen Barfußspaziergang durch Witten zum Bäcker.
Unser Freund lebt in einer WG, seine Freundin, die wir kennen, aber eher selten treffen, in einer eigenen Wohnung. Sie war zum Frühstück auch da, und als es ans Aufbrechen ging, sprach sie : ?Du hast noch gar nicht Deine ... Du willst doch nicht soooo gehen ?? Ein kurzes ?Das siehst Du doch? beendete diese Diskussion erst einmal. Am Sonntag fuhr der fragliche Museumszug und in Witten wurden ?100 Jahre Witten Hauptbahnhof? gefeiert, entsprechend gab es Publikum. Und bei sehr mildem Wetter ging es mir ähnlich, wie von einigen anderen auch schon beschrieben : einer, der barfuß kam, war interessant. Schon am Bahnhofseingang begrüßte mich ein Jugendlicher mit ?Da kommt Jesus !? (eine unverdiente Ehre, aber zumindest freundlicher als der Vergleich mit Rübezahl, den ich vor Wochen auch mal gehört habe), und insbesondere die Hobby - Eisenbahner vom Museumszug fanden mich interessant : sei es, dass ich vor Gefahren wie sich bewegenden Bodenplatten gewarnt wurde (nicht unbegründet, aber des Risikos war ich mir auch so bewusst), sei es ein zum Kollegen gerauntes ?Guck mal, der ist barfuß ! Das ist ja lustig?.
Die oben erwähnte Freundesfreundin besah sich das alles interessiert und etwas skeptisch, aber meine Überlegung ?Wenn der meine Füße lustig findet, müsste ihm mal einer sagen, wie albern er mit seinem roten Westchen und der blauen Mütze aussieht? überzeugte sie sichtlich.
(Übrigens habe ich persönlich mit derartigen Bemerkungen von Fremden so gut wie keine Probleme (mehr). Ich nehme sie eher amüsiert - oft aber auch gar nicht, weil ich nicht darauf achte - zur Kenntnis und gönne meinen Mitmenschen die kleine Freude an der gemachten Beobachtung.)
Wir sind sehr schön auf Burg Blankenstein und ihren Aussichtsturm gestiegen, dann wieder hinunter und mit dem Museumszug zurück (da war zum Glück die Frage, ob wir Fahrkarten hätten - unser Freund hatte sie, aber wir hatten ihn beim Gehen durch den vollen Zug abgehängt - viel interessanter als meine Füße).
Für den Nachmittag hatte uns eine Mitbewohnerin des Freundes, die als Erzieherin in einer Behinderteneinrichtung arbeitet, dorthin zu einem Besuch eingeladen. Ich entschied mich für Schuhe, da ich keine Erfahrung im Umgang mit Behinderten habe und schlicht nicht besonders auffallen wollte (damit muss man barfuß halt doch rechnen). Es war sehr nett dort, der Besuch gerade auch für unsere sichtlich beeindruckt und nachdenklich gewordenen Kinder gewiss lohnend.
Und irgendwo dort hat die Freundesfreundin meine Frau zur Seite genommen (sie erzählte es mir bei der Heimfahrt) und gemeint, ich sei wohl sehr individuell ? (Meine Frau hat nicht widersprochen.)
Bleibt die ungeklärte Frage, ob ich ohne den Barfußauftritt auch als Individualist eingestuft worden wäre ...

Vielleicht macht der Beitrag dem einen oder der anderen von Euch Lust, auch einen Bericht zu schreiben ? Bestimmt gibt es auch im Rückblick auf die Sommermonate noch etwas nachzutragen !?

Serfuß
von Georg


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