Projektbericht Barfußprojekt, Teil 2 (Hobby? Barfuß! 2)

Projektleiter, Saturday, 22.09.2001, 22:05 (vor 8403 Tagen) @ Projektleiter

Im Bestreben, möglichst preiswert mit Öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren, hatten wir einen etwas komplizierten Anfahrtsmodus gewählt, aber kurz vor 10 Uhr stehen alle an der Wandertafel nahe der "Villa Schaffhausen" in Bad Honnef. Der Mittwoch ist recht kühl, aber wenigstens regnet es nicht (bis Dienstag Mittag hatte der Wetterbericht noch Dauerregen verheißen).
Jetzt verschwinden die Schuhe in den Rucksäcken, eine Runde Melkfett für die Fußsohlen wird spendiert und im Gänsemarsch setzt sich die Gruppe in Bewegung. Schon bald geht es auf einenm leicht steinigen Weg kräftig bergan und der Unterschied zum Vortag wird über die Fußsohlen deutlich fühlbar.
Doch wirklich unangenehm wird es erst auf einem recht kurzen Stück eines der typischen Wirtschaftswege im Siebengebirge, ehe es dann auf einem Naturpfad rechts hoch Richtung Breiberg geht.
der Breiberg ist unser Ziel, denn wir führen die "Barfußerstbesteigung" dieses Berges durch. Es geht eine knappe Viertelstunde über eine schöne stille und nur mäßig steinige Wegpassage, dann kommt an einer Hütte der Abzweig mit dem wieder steileren und über manch kleinere Hindernisse führenden Anstieg.
(Dem vorweggeschickten Vater gelingen hier schöne Photos von der wandernden Gruppe und wandernden Füßen in voller Aktion).
Oben angekommen zieht es leider "wie Hechtsuppe", und bei dem kühlen Wetter muss die Rast samt Gipfelfeier etwas kürzer ausfallen. Das in drei Teilen mitgeführte Gipfelkreuz wird zusammengeschraubt und alle Barfußwanderer dürfen sich auf dessen Querbalken und im mitgebrachten "Gipfelbuch" verewigen. Und von allen werden Beweisphotos gemacht.
Weil die ersten aber bereits über kalte Füße klagen (bei dem kühlen Wetter und kräftigem Wind wahrlich kein Wunder) wird schnell wieder aufgebrochen und weitergewandert, das Kreuz des Zeitgewinns halber zusammengebaut mitgenommen (für den Präsentationstag).
Noch einmal kommt eine sehr steinige Passage mit erheblichem Geklage, dann ist der fortgesetzte Aufstieg beendet und wir beginnen den Abstieg durch das Treitschbachtal. Die Technik des barfüßigen Bergabsteigens wird kurz erklärt und unter großer erwartungsfroher Zustimmung Matsch in Aussicht gestellt.
Den Abstieg genießen alle, viele lassen mit großer Freude keine matschige Stelle aus, gehen sogar extra zurück, um sie noch einmal passieren zu können. Der Pfad ist landschaftlich ebenfalls sehr schön und dass vor einer Wegekreuzung auch durch den Bach gewatet werden kann, lässt sich über die Hälfte kein zweites Mal sagen.
An der Wegekreujzung steht ein Auto der Forstverwaltung, sein freundlicher Insasse empfiehlt den Weg rechts des Baches, er sei weniger matschig. Ich wollte ohnehin links gehen, aber da es da Matsch geben soll ... wollten alle links.
Noch weiter unten war Gelegenheit zum Durchqueren des Flusses und barfüßigen Querfeldeinklettern an einem belaubten Abhang. Das ließ auch nur aus, wer bereits stehend k.o. war.
Ein schöner Rastplatz mit einem Teich schließt sich an, wo das Treitschbachtal endet. Da jetzt auch etwas die Sonne herausgekommen war, fand kurz vor Schluss endlich die Rast statt.
Vorbei am Ausgangspunkt ging es zu einem Brunnen und von dort mit sauberen und wieder in Schuhen verpackten Füßen zum Zug zurück.
Und wie schon am Vortag musste ich zigmal erklären, dass das ungewohnte Kribbeln in den Füßen von der fortgesetzten guten Durchblutung kommt und ein sicheres Zeichen dafür ist, dass die Füße jetzt gar keine Schuhe fühlen wollen.
(Am Freitag haben uns zahlreiche Mütter erzählt, dass ihre Kinder sich zuhause noch die Füße eingecremet haben und dann ins Bett verschwunden sind. Und diese Feststellung wurde in sehr positivem Sinne geschildert.)

Am Donnerstag, dem dritten Tag, fand die Auswertung in der Schule statt, ihre Ergebnisse stelle ich noch gesondert zusammen.

Eine ganz wichtige und sehr erfreuliche Feststellung war, dass nicht ein einziges Pflaster verbraucht wurde und trotz des bescheidenen Wetters niemand Schnupfen oder Husten bekommen hatte !

Eine kleine Dokumentation unserer beiden Wanderungen entstand, dank der schönen Photos sehr anschaulich bebildert.

Und dann die Präsentation am Freitag. Das Wetter war immer noch mau, der Tastpfad konnte nur unter der überdachten Pausenhalle aufgebaut werden. Ein Vater, von Beruf Architekt, hatte Sand, Kies und Rindenmulch spendiert, die Grasnabe war angeliefert und Korken, Kiefernadeln, Stroh, Sägespäne und Laub in Plastiksäcken herbeigeschafft worden.
Aus alledem ergab sich ein gut fünfzehn Meter langer und ein Meter breiter Pfad. (Regel : mit verbundenen Augen gehen und auf dem Rückweg sagen, welches Material es jeweils ist.)
Daneben die Stellwände mit den Beschreibungen, mit Gipfelkreuz und -buch.
Ergebnis : der Tastpfad war nicht immer ganz so frequentiert wie es wünschenswert gewesen wäre - aber wohl hundert Leute, Geschwister, Mitschüler, viele Elter, auch einige Lehrer und der Hausmeister machten davon Gebrauch.
Und die Stellwände fanden viel Beachtung, längst nicht nur bei den Eltern der beteiligten Schüler. Rückmeldungen gab es reichlichst, fast ausschließlich sehr positiv. Es ergaben sich etliche Gespräche, in denen Eltern von ihrer positiven Verwunderung sprachen, dass wirklich niemand verletzt oder krank ist - eine gute Gelegenheit, manchen Irrglauben richtig zu stellen.
Dass wir gleich mehrfach gesagt bekamen, unser Projekt sei das mit Abstand kreativste und reizvollste überhaupt gewesen, betrachten wir durchaus als Ehre. Und eine Mutter, deren kleiner Sohn mehrfach über den Tastpfad gelaufen war, hofft schon inständig, dass es in sechs Jahren wieder angeboten wird, wenn der Knabe in diesem Alter ist.

Dass ich mehr als zufrieden bin, muss da wohl nicht mehr betont werden.
Zur Nachahmung sehr empfohlen !

PS : Zur Theorie und dem konzeptionellen Umfeld schreibe ich in den nächsten Tagen noch etwas.

Und noch eines : dieser Beitrag ist kein Fake - und nichts ist dazu erfunden.


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