Barfuß auf Pilgerwegen (Hobby? Barfuß! 2)

Harald 2, Sunday, 08.04.2001, 14:54 (vor 8569 Tagen)

Hallo Barfuß-Leute!
Nachdem heute das Wetter für mich nicht das richtige zum Barfußgehen ist (Regen bei ca. 5 Grad), noch ein bisschen Theoretisches über nackte Füsse:
Wandern auf Pilgerwegen ist eine uralte Sache, die in den letzten Jahren eine erstaunliche Rennaisance erlebt. Der bekannteste Pilgerweg in Europa ist wohl der Jakobsweg nach Santiago de Compostela. An dieser Strecke ist in letzter Zeit eine neue Infrastruktur für zu Fuß gehende Pilger entstanden, und in Buchhandlungen könnte man schön langsam ein ganzes Regal mit Erlebnisberichten füllen (der bekannteste von Paulo Coelho, für mich der schönste von Carmen Rohrbach - "Wandern auf dem Himmelspfad").
In Österreich erlebte die Fußwallfahrt nach Mariazell eine unerwartete Wiederbelebung.
Völlig unterschiedlich sind die Gründe, warum Leute eine Pilgerreise zu Fuß unternehmen:
- "klassische" christliche religiöse Motive wie Erfüllung von Gelübden oder Busse für begangene Sünden
- "esoterisches" Erleben übernatürlicher Kräfte an speziellen Orten
- bewusst den normalen Lebensrhythmus verlassen, um mit sich selbst klar zu kommen, Entscheidungen zu treffen, nach Sinn zu suchen, ...
- intensives Gruppen- oder Einsamkeitserlebnis, je nachdem
- Freude am Wandern, am Unterwegssein, am einfachen Leben, ...
- Ehrgeiz zu sportlicher Leistung
...
Viele Menschen auf den Pilgerwegen haben auch mehrere Gründe, mitunter kommen zu den bewußten auch noch unbewußte Motive dazu. Oder zu den genannten solche, die man niemand erzählt.

Doch jetzt zurück zum Thema unseres Forums: Wie Pilgern eine alte Tradition in Europa ist, so gehört für mich Barfußgehen einfach dazu. So ist es eigentlich erstaunlich, oder vielleicht auch bezeichnend für das Verdrängen der Fähigkeiten unserer blossen Füsse, dass die modernen Fußwallfahrer so gut wie nie ohne Schuhe unterwegs sind.
Die Pilger früher Zeiten waren wohl auch deshalb häufig barfuß, weil Schuhe einfach teuer waren. Wenn diese auf der langen Reise kaputt gingen, konnten sie nicht so einfach neue kaufen. Daneben verzichteten aber auch viele auf Schuhe, um sich die Aufgabe der Wallfahrt zu erschweren. Im Extremfall marschierten dann Menschen barfuß und halbnackt über verschneite Pässe und schleppten noch schwere Kreuze mit sich.
Ich habe aber schon den Verdacht, dass viele Barfußpilger die Schuhe daheim (oder in der Tasche) ließen, weil das für sie angenehmer war. Entweder, weil so keine Schuhe drücken können, oder weil es ihnen ja darum ging, einen Weg möglichst intensiv zu erleben. Warum also nicht hautnah?
Wer von Euch weiß etwas zum Thema? Wer ist schon barfuß auf Pilgerschaft gewesen, oder wer kennt jemand, der es getan hat? Wer plant so etwas? Welche Motive für eine bloßfüßige Wallfahrt könnte es noch geben?

PS: Ich bin ein paar Mal von Wien nach Mariazell gegangen, eine besonders tolle Wanderung von 3-4 Tagen. Nicht nur wegen der alten Wallfahrtstradition, sondern einfach auch wegen der Landschaft. Ein großer Tal des Weges führt durch fast menschenleere Wälder, wie es sie in Mitteleuropa nur mehr sehr selten gibt. Ganz ohne Schuhe war ich nie unterwegs, aber mein Anteil an Barfußstrecke wurde von mal zu mal größer.
Der Jakobsweg ist auch seit Jahren einer meiner Träume. Ich bräuchte eben viel mehr Zeit zum Reisen... Ganz barfuß wäre das wohl eher nichts für mich, aber irgendeinen Schuhminimalismus würde ich mir schon einfallen lassen, z.B. nur Treckingsandalen für den Notfall in den Rucksack packen. Obwohl natürlich gerade die Idee, auf so einem Weg ganz auf die eigenen Füsse angewiesen zu sein, schon etwas für sich hat...


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