Barfuß um die Welt, Polartraum (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd A @, Wednesday, 29.11.2000, 11:24 (vor 8698 Tagen) @ Markus U.

Allerdings kann ich nicht umhin, zwei kritische Fragen zu stellen:
warum tut sich jemand die Strapaze, bei Glatteis in der Wildnis verzweifelt nach einer Herberge suchen zu müssen, freiwillig an, und wie finanzierst Du diese gewiß recht aufwendigen Abenteuerreisen?
Aber trotzdem: Danke für diesen herrlichen Bericht!
Staunend, neugierig und zugegebenermaßen auch ein wenig neidisch, aber nicht mißgünstig grüßt Dich
Markus U.

Hallo Markus U

Zu Deinen Fragen: Ich muss gestehen, dass ich die winterlichen Verhältnisse in Skandinavien unterschätzt hatte. Solche für unsere Begriffe "katastrophalen" Straßenverhältnisse hatte ich nicht erwartet. Ich glaubte, mit guten Winterreifen + Schneeketten ausreichend ausgerüstet zu sein. Spikes währen besser gewesen.
Ich kannte die Gegend zuvor nur aus Sommerreisen. Da war die Quartiersuche überhaupt kein Problem. Wie gesagt, viele Leute haben auf ihrem Hof eine oder mehrere kleine Übernachtungshütten, die sie preisgünstig anbieten. Wie ich feststellen musste meist nur im Sommer!
Ich könnte mir durchaus vorstellen, nochmal im Winter nach Skandinavien zu fahren. Dann allerdings nicht mehr mit dem Auto, sondern mit der Bahn - die ist glatteistauglicher! Und nur mit fest gebuchtem Quartier.
Zum Finanziellen: Wenn Du meine Reiseberichte bisher verfolgt hast, ist Dir sicher aufgefallen, dass die allermeisten Reisen schon viele Jahre her sind (Die beschriebene Winterreise war im Januar/Februar 1993 und zugegebener Maßen sehr teuer. Die Fernreisen stammen alle aus den Achziger-Jahren.) Damals war ich noch Jungeselle, hatte eine billige kleine Wohnung und einen Job, bei dem ich zwar nicht reich wurde, aber zumindest ein normales Arbeitergehalt hatte. Ich lebte hier relativ sparsam (Nichtraucher, Nichttrinker). Manche meiner damaligen Arbeitskollegen verdampften täglich 2 Schachteln Zigaretten, was bei dem damaligen Preis 6 Mark pro Tag waren. Das macht 2190 Mark im Jahr und ist schon die Hälfte einer Fernreise!
Heute kann ich mir solche Reisen nicht mehr leisten, zumal ich nur stundenweise zuverdiene und sonst Hausmann bin. (Meine Frau arbeitet Vollzeit). Mit Familie sind solche Reisen unmöglich, außer man hat ein Spitzengehalt. Doch ganz kann ich auf meine Abenteuertouren nicht verzichten. Da muss man halt billige Alternativen suchen. Das heißt Anreise mit der Bahn, Quartier im Zelt.
Skandinavien ist dafür, zumindest im Sommer (Juni-September) ideal. Es gibt für die skandinavischen Länder ein spezielles Bahnticket, das Scanrail-Ticket. Man erhält es in unterschiedlichen Versionen, Z.B. unbergrenztes Reisen mit der Bahn in allen 4 nordischen Ländern (Dänemark, Norwegen, Schweden, Finnland) an 5 Tagen innerhalb eines Monats für 375 DM. Dazu noch der DB-Supersparpreis für 199 DM + eventuelle Bustickets. Wenn man auf teure Schlafwagenplätze verzichtet, kommt man so für ca 600-700 DM fast überall hin im Norden. Zelten darf man in Skandinavien (vor allem in Schweden) fast überall. Das schwedische "Allemansrätten" (Jedermannsrecht) ist weltweit wohl einmalig. Es gestattet jedem (auch Ausländern)sich frei in der Natur zu bewegen und aufzuhalten, solange man nichts zerstört. Ausgenommen sind natürlich Jagd und Fischerei. Wachsender Missbrauch durch rücksichtslose Touristen (meistens leider Deutsche! Knirsch, Schäm!)lassen jedoch Forderungen laut werden, dieses Recht einzuschränken. In Norwegen findet man entlang der Straßen bereits etliche Verbotsschilder.
Hoffentlich bleibt es noch lange bestehen und man hat noch lange die Möglichkeit zu einem preisgünstigen Urlaub.
Da meine Frau und die Kinder auch den Norden lieben, ist unser Familienurlaub auch meist im Norden und ich kann meine Touren meist damit verbinden, so dass es dann nur ein geringfügiger Mehraufwand ist.
Gruß Bernd A


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