Die lieben Verwandten (Hobby? Barfuß! 2)

julia fiona, Tuesday, 24.10.2000, 21:25 (vor 8734 Tagen) @ Lorenz

Lieber Lorenz,
ich habe keine Probleme mit Schuhträgern an sich, einige Schuhträger sind sogar meine besten Freunde :-)
Ich denke, dass die Deutschen besonders darauf fixiert sind, nicht aufzufallen und zugleich (und auch dafür!) von ihrem Nächsten anerkannt zu werden. Sie schließen auch leichter Menschen aus, die anders sind (Daran appelliert wohl auch die derzeitige "deutsche Leitkultur"-Debatte des CDU-Merzen: Passt Euch an, Fremde, oder bleibt uns fern - brrrrr!). Boshaft getratscht wird überall, wo ich mich auskenne, aber überall mit mehr Selbstironie und Bereitschaft, das Anderssein anderer anzuerkennen, als in Deutschland.
Aber, selbst in schwierigen Fällen: Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus. Ich habe schon oft von einem angemessenen Auftritt gesprochen, der es leichter macht, (nicht nur als Barfüßer) unter Fremden gut anzukommen. Ich versuche (und auch das gehört zur Barfuß-Mode, so wie es sowieso zur Mode gehört), stets dem Umfeld angemessen aufzutreten. So habe ich natürlich, als ich in Tweed durch Irland oder US-Farmland stapfte, auf Nagellack an Fingern und Füßen verzichtet. Derlei Signale, die (unfreiwillig) erotisch oder frivol wirken könnten, vermeide ich auch bei Kirchenbesichtigungen. Es ist ja nirgendwo verboten, barfuß zu sein (in Moscheen sogar erwünscht), man soll sich nur der Würde des Ortes anpassen und nicht zuviel nackte Haut zeigen oder zu "wild" herumlaufen. Für den Besuch von Gotteshäusern, also meist als Touristin, habe ich ein knöchellanges, dunkelgraues Kleid, sehr schlicht, das für den Sommer leicht genug ist. Da es schulterfrei ist und ich mein Haar gern offen trage, bedecke ich mich drin zusätzlich mit einem Tuch, das ich draußen wie einen Gürtel umbinde.
Was nun den Onkel und seine Bagage betrifft, von denen ich sprach: Da ist Hopfen und Malz verloren, die sind so fixiert auf das Nichtauffallen und Alleswiedieandernmachen, dass mein Auftritt in ihrem Kaff ihnen körperliche Pein bereitet. Deshalb bin ich auch nur noch da, wenn es gar nicht anders geht, also zu hohen Familienfesten. Man muss Intoleranz ja nicht auch noch suchen, wenn sie schon unvermeidlich ist.
Gruß Julia


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