Eindrücke vom Barfusspark (Hobby? Barfuß! 2)

Moritz @, Tuesday, 03.10.2000, 23:43 (vor 8819 Tagen)

Hallo zusammen,
schon seit einiger Zeit wollte ich mal den Barfusspark in Dornstetten-Hallwangen testen - gestern hat es nun endlich geklappt. Die Erfahrungen waren vielfältig und zum Teil erstaunlich, deshalb will ich sie euch nicht vorenthalten.
1. Der schon in der Presse immer wieder berichtete starke Andrang scheint wirklich zuzutreffen. Nein, nicht etwa, dass gestern Scharen von Barfüssern dort waren, aber das extra eingeführte Einbahnstrassensystem auf den Zu- und Abfahrtswegen, die zahlreichen Hinweise auf Ausweichparkplätze usw. sprechen dafür, dass dort im Sommer wirklich was los ist.
2. Obwohl der Thermometer 12 Grad anzeigte und es wolkenverhangen war, war ich nicht etwa alleine dort. In den wenigen Minuten, in denen ich am Ende der Runde an der Fusswaschanlage den Schlamm von den Füssen spülte, kam eine Gruppe von 5 jungen Frauen und eine Familie an und begab sich auf den barfüssigen Weg. Ich schliesse daraus: Nachdem der Barfusspark ja noch offiziell geöffnet ist (leider nur bis 15.10.), kann es ja nichts schaden, auch barfuss rumzulaufen. Ist ja dort normal. Läuft man im Stadtpark oder sonstwo bei diesem Wetter barfuss, löst man meist ungläubiges Staunen aus, mindestens, und die Leute befürchten schlimmste Erkältungen und schlimmeres.
3. Der Weg selbst ist wirklich ein Genuss. Ich fand zwar manche Stellen eher schwierig (Kies, Steine usw.), das kann aber daran liegen, dass insgesamt die Strecke durch die vorangegangenen Regenfälle ziemlich aufgeweicht war und dementsprechend auch die - bei mir eh nicht sehr ausgeprägte - Hornhaut schnell weich wurde. Für Matsch- und Schlammfreunde ist die Strecke jedoch bei diesem Wetter ein Traum. Mir hat es auch riesig Spass gemacht, durch knöcheltiefen Schlamm zu waten, ein für mich ganz neues feeling.
4. Bei der Rückkehr dann ein "Schlüsselerlebnis": Ich sass an den Fusswaschbecken, als ein Auto mit der bereits erwähnten Familie eintraf. Auch wenn ein paar Leute unterwegs waren, war natürlich eher wenig los, so dass man unmittelbar am Eingang zum Barfusspark parken konnte. Eine Dame mittleren Alters entsteigt dem Auto, kommt auf mich zu. - Können Sie mir sagen, wo der Weg beginnt? - Gleich hier, hinter dem Häuschen. - Ah, und wo tut man die Schuhe hin, trägt man die mit? - Man kann sie dort in die Schränke einschliessen, oder man lässt sie gleich im Auto. Es geht ja eh gleich hier los. - Ah ja, vielen Dank. Und nun kommt das, was ich nie begreifen werde: Die Familie entschloss sich tatsächlich, beschuht die ca. 30 Schritte vom Auto zu den Schuhschränken zu tun, um dann die 20 Schritte bis zum offiziellen Beginn der Strecke barfuss zurückzulegen. Der direkte Weg vom Auto zum Eingang hätte ca. 40 Schritte betragen.
Und genau das zeigt doch das ganze "Dilemma": Wenn da ein Schild steht "Barfusspark", dann läuft man dort barfuss. Ganz klar, die müssen's ja wissen, die dieses Schild aufgestellt haben. Ohne die geringsten Bedenken oder Hemmungen darf man da barfuss laufen, auch bei 12 Grad. Aber bis zu genau diesem Schild ist nicht Barfusspark, sondern normaler Weg bzw. Parkplatz. Und da läuft man eben nicht barfuss. Genau so klar. Und wenn es noch so absurd und umständlich ist, die Schuhe 25 Meter neben dem Auto umständlich in einen Schrank zu schliessen.
Dieses eigentlich unbedeutende Erlebnis spiegelt m.E. genau die Entwicklung wider, wie ich sie ja kürzlich schon erwähnt habe: Dass barfuss laufen gesund ist und Spass macht, spricht sich schon immer mehr rum. Und wirkt sich aus auf die Häufigkeit von Barfüssen in Parks etc. Aber dann scheint da irgendwo eine unüberwindbare Schwelle zu liegen, den einen Schritt weiterzugehen und einfach auch mal dort barfuss zu laufen, wo es nicht "vorgesehen" oder gar verbreitet ist. Und deshalb sieht man - ich will nicht durch Wiederholungen langweilen, aber es passt einfach hierher - in der city, beim einkaufen, an der Uni oder wo auch immer ausser bestimmten Zonen keineswegs mehr, sondern immer weniger Barfüsser.
Ich will jetzt keineswegs Barfusspfad-Aktivisten wie Lorenz irgendwie demotivieren. Sicher ist es erfreulich, dass wenigstens dort sich die Leute den barfüssigen Genuss gönnen. Aber die Hoffnung, durch solche Aktionen das Barfusslaufen generell verbreiten zu können, teile ich absolut nicht. Ich denke eher, die Barfusspfade führen dazu, die Einteilung in "Barfussterrain" und "Schuhzone" noch mehr zu verfestigen. Ich lasse mich gern eines besseren belehren, vielleicht seh ich das ganze auch zu negativ, aber für mich war es eben beeindruckend, wie meine allgemeinen Erfahrungen aus diesen Sommer durch die Erfahrungen im Barfusspark bestätigt wurden. Okay, es war nur eine Familie. Und vielleicht wagen es ja auch einige Besucher, schon das Auto barfuss zu verlassen. Aber irgendwie war's doch typisch, meine ich.
Fuss zum Gruss
Moritz


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