Zu früh gefreut! (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Monday, 31.03.2008, 19:50 (vor 6110 Tagen)

Nachdem ich als barfüßiger Zuschauer den Badener Limmatlauf beobachtet hatte und dabei auch einen zwar fett belaufschuhten, jedoch ansonsten völlig "vernünftigen" ehemaligen Arbeitskollegen nach Jahren wiedergesehen hatte, hielt ich mich nun auf dem Platz vor der reformierten Kirche in der Nähe des gebührenfreien Liftes (diejenigen in Bad Schandau und am Bürgenstock sowie das Senkeltram in Bern sind ja sauteuer) auf, um in den Strahlen der Sonne noch etwas zu verzehren, bevor ich barfuß gen Zofingen radeln würde. Immer noch war die schöne Stadt Baden voller Menschen. Die drei (oder waren es vier?) Leute, die so aussahen, daß sie, wenn sie mal zur Faust greifen, diese durchaus auch wirkungsvoll einsetzen konnten, saßen immer noch friedlich auf der Bank. Sie trugen immer noch dunkle Kleidung, und dem einen war es immer noch nicht zu kalt geworden, um barfuß zu bleiben. Seine Schuhe schienen immer noch an der selben Stelle zu stehen.

Meistens blickte ich hinunter zur Limmat, ins gegenüber liegende Ennetbaden, auf die Kinder, die hinter Tauben herjagten, auf Leute mit Hunden. Nur ab und zu fiel mein Blick in die Richtung der zum Drittel (oder war es zum Viertel) barfüßigen Gruppe. Da entdeckte ich, daß etwa im Abstand von 40 Metern vor der Gruppe zwei Polizisten standen und intensiv in deren Richtung blickten. Da die Polizisten barhäuptig waren und keine (Kalk-)Mützen trugen, fielen sie auf die Entfernung in ihren dunklen Uniformen gar nicht mal auf. Dann gingen sie weiter. Ich hatte den Eindruck, als ob sie nichts spezielles suchten, sondern durch bloßes Schreiten durch die Stadt den Stadtbesuchern Pseudo-Sicherheit übermitteln wollten.

Ich glaubte nicht, daß sich die Polizisten an meiner Barfüßigkeit oder Kurzhosigkeit stören würden, denn ich war ja weder der einzige Barfüßer, noch der einzige Kurzhösler auf Badener Stadtgebiet an diesem Frühsommertag. Trotzdem ließ ich die Beamten aber nicht aus den Augen. So bekam ich auch mit, wie der Blick des einen Beamten in meine Richtung fiel, dann auch der des anderen. Dann gingen sie auf mich zu. Ohne ein "Grüezi" fing der eine an zu fragen: " Wieso sind Sie barfuß?" Ich antwortete: "Das ist gesund, besonders an einem so angenehm warmen, jedoch nicht zu heißen Tag wie heute!" "Barfuß soll gesund sein? Im Sand vielleicht, aber doch nicht auf diesem harten Boden! Was sollen denn die Leute denken? Können Sie sich ausweisen?" entgegnete der Polizist.

Ich ging zum Velo, auf das ich meinen Rucksack mit den Papieren geklemmt hatte. Ob die Beamten das Schild "Nein, es ist nicht zu kalt" gesehen habe haben, kann ich nicht sagen. Zu dumm zum Lesen waren sie nämlich nicht, denn immerhin konnten sie aufgrund meines in Zofingen ausgestellten Ausweises erkennen, daß ich Schweizer Staatsbürger war. Der andere (ältere) Polizist sprach leise zum jüngeren Kollegen, so daß ich es vermutlich nicht mitbekommen sollte (oder glaubte er, daß ich seinen Dialekt nicht verstand?): "Wieder so ein Papierschweizer! Die in Zofingen bürgern wohl jeden ein!" Allmählich war meine gute Laune vergangen. Zwar kann ich mich über ein "künstliches Unterscheidungskriterium" zwischen "echten" und "unechten" Barfüßern amüsieren, aber wenn man lediglich die in der Schweiz geborenen Schweizer als "echt" bezeichnet und die "unechten" Schweizer mit Ausländern und Asylanten in einen Topf wirft und womöglich pauschal noch als "kriminell" bezeichnet, dann grenzt das an Rassismus. Da kann ich hässig werden. So etwas hasse ich, egal in welchem Staat so etwas passiert (nicht nur in der Schweiz).

"Ziehen Sie Schuhe an, Sie sind hier nicht im Busch, sondern in der Stadt!" befahl der ältere Polizeischerge, jetzt auf hochdeutsch. "Ich habe keine Schuhe dabei. Sagen Sie das zu jedem, der keine Schuhe trägt?" "Selbstverständlich, barfuß in der Stadt ist asozial." Darauf fragte ich: "Und wieso haben Sie den Gentleman auf der Bank nicht gebeten, Schuhe anzuziehen? Oder gehören ihm die Schuhe unter der Bank nicht?" Jetzt wurde der Beamte verlegen. Wenn er ehrlich gewesen wäre, hätte er gesagt: "Wir hatten Angst, daß wir dann zusammengeschlagen werden." Er sagte aber: "Der Mann trägt aber LANGE Hosen. Dann sieht man seine Füße nicht. Dann kann er von mir aus auch im Winter herumlaufen, das wäre mir egal!" Darauf sagte ich: "Ist es Ihnen denn auch egal, wenn jemand im Auto an einer roten Ampel wartet und Schnaps aus einer Flasche trinkt, die in einer Papiertüte eingewickelt ist, während Sie einen Menschen, der Schnaps aus einer als solche erkennbaren Schnapsflasche trinkt, zur Kasse bitten?" Darauf sagte der jüngere: "Das ist doch ganz was anderes. Alkohol am Steuer ist verboten, barfuß laufen aber nicht." "Wieso regen Sie sich dann so auf, wenn barfuß laufen nicht verboten ist. Oder ist das Tragen von kurzen Hosen etwa verboten? Dann hätten Sie heute etliche Leute beim Limmatlauf zur Kasse bitten können, die liefen übrigens dort unten am Ufer längs." Der jüngere entgegnete: "Das ist doch ganz was anderes! Wenn eine Sportveranstaltung ist, dann rechnen die anderen damit, daß die Sportler kurze Hosen tragen. Aber hier recht kein Mensch damit, daß einer zu dieser Jahreszeit barfuß oder in kurzen Hosen unterwegs ist. Die Leute erschrecken doch nur."

Allmählich merkte ich, daß es sinnlos war, mit diesen obrigkeitshörigen Beamten zu diskutieren. Ohne eine Antwort zu erwarten, fragte ich: "Gilt für Sie denn das, womit die Leute rechnen mehr als das Gesetz? Und wenn die Leute etwas sehen, womit sie nicht rechnen, handeln Sie so, wie wenn es verboten wäre?" (Den Ausdruck "Spießer" benutzte ich nicht, worüber ich mich im Nachhinein ärgerte. Beim Zusammenschiß durch "Dr. Simpel" besaß ich den Mut, etwa weil "Dr. Simpel" unbewaffnet war?) Es gab auch keine Antwort.

Der Ausweis wurde mir zurück gegeben, ich durfte, besser mußte gehen, und zwar sofort. Und nicht etwa zurück durch die Fußgängerzone, sondern ich sollte das Velo mit dem Lift hinunter zur Limmatpromenade befördern. Auch beschrieb er mir haargenau den Weg, wie ich aus der Stadt herausfahren sollte, ohne durch die Fußgängerzone zu müssen. Offensichtlich wollte er damit erreichen, daß ich nicht von allzu vielen fett beschuhten Spießern barfuß und in kurzen Hosen gesehen wurde.

Irgendwie war ich enttäuscht. Ich dachte immer, Baden wäre eine weltoffene Kleinstadt und hätte eine tolerante Stadtpolizei. So kann ich mich täuschen. Vielleicht bin ich ja zufällig an die fiesesten Beamten geraten. Vielleicht haben sich die Beamten auch über irgendwelche Leute geärgert, gegen die sie aus lauter Feigheit nicht vorgehen wollten. Oder sie mußten sich im Menschengetümmel irgendwelche lauten Beleidigungen gefallen lassen, etwa Jugendliche, die gleichzeitig aus mehreren Richtungen schrien: "Verdammte Bullen! Aufgeblasene Krötenarschkriecher." oder wer weiß nicht was. oder hatten sie sich etwa Blasen in die Füße gelaufen vom langen Patrouillieren, wobei sie viel lieber auch für den kürzesten Weg das Blaulicht-4rad verwenden würden? Und an mir haben sie sich nun abreagiert, weil sie mich für ungeschützt und wehrlos hielten? Wie dem auch sei, ich war verärgert. Erst als ich zu Hause war, hatte ich mich beruhigt.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

Zu früh gefreut!

Walter (CH) @, Stammposter, Monday, 31.03.2008, 20:42 (vor 6110 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Lieber Michael

Die Reaktion dieser Polizisten erstaunt mich sehr. Es dürfte diesen Herren sehr wohl bekannt sein, dass es weder verboten ist, barfuss zu laufen noch Shorts zu tragen, in Kombination oder einzeln, ganz unabhängig von Jahreszeit, Temperatur, Witterung und Umgebung. Zu "öffentlichem Ärgernis" reicht es auf jeden Fall nicht aus. Zwar trage ich selber zum jetzigen Zeitpunkt nur Shorts, wenn ich ganz ersichtlich Sport treibe, aber es geht nun wirklich keinen Menschen (und eigentlich zähle ich Ordnungshüter dazu) etwas an, wenn jemandem diese Bekleidung auch bei kalter Witterung ausreicht.

Kurz gesagt: Mir schiene es angebracht, diesen Text der vorgesetzten Stelle dieser Polizisten (war es Stadt- oder Kantonspolizei? Über den Daumen gepeilt, würde ich auf Stadtpolizei tippen, die Kantonspolizei hat meist andere Sorgen) zu senden, in Baden wohl dem für die Polizei zuständigen Stadtrat. Es würde mich interessieren, was für eine Antwort von dort kommt. Unter Umständen wäre eine Kopie an die örtliche Tageszeitung auch noch nützlich.

Zu früh gefreut!

Engel, Stammposter, Tuesday, 01.04.2008, 14:24 (vor 6110 Tagen) @ Walter (CH)

Kurz gesagt: Mir schiene es angebracht, diesen Text der vorgesetzten Stelle dieser Polizisten (war es Stadt- oder Kantonspolizei? Über den Daumen gepeilt, würde ich auf Stadtpolizei tippen, die Kantonspolizei hat meist andere Sorgen) zu senden, in Baden wohl dem für die Polizei zuständigen Stadtrat. Es würde mich interessieren, was für eine Antwort von dort kommt. Unter Umständen wäre eine Kopie an die örtliche Tageszeitung auch noch nützlich.

Das wäre auch mein Vorschlag gewesen, vor allem das mit der Presse.
Hab ich Micha auch schon Nahe gelegt als er letztes Jahr Ärger mit den Stadtbütteln in Bretten hatte.
Schade das man in so einer Situation nicht irgend n Aufnahmegerät oder ne Kamera am laufen hat. Diese Aufnahmen würden höchstes Interesse bei Behörden und vor allem bei der örtlichen Presse hervor rufen.

Zu früh gefreut!

Manfred (Ten), Stammposter, Monday, 31.03.2008, 21:43 (vor 6110 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Wir sollten das nächste Barfüsser-Treffen unbedingt in Baden/CH machen !
Wollen sie uns dann alle ausweisen ? :-))

(Vielleicht in Kombination mit Technorama/Winterthur davor oder danach - wo es bislang bekanntlich ja absolut keine Probleme gab?)

Zu früh gefreut!

FrankX, Stammposter, Tuesday, 01.04.2008, 10:34 (vor 6110 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

Es tut mir leid, dass Du an meinem Wohnort so schlecht behandelt wurdest. Vielleicht erinnerst Du Dich noch an meine Begegnung mit der Stadtpolizei in einer Winternacht vor ein paar Jahren? Da wurde ich, im Gegensatz zu Dir, nicht so unfreundlich behandelt. Es scheint als ob sich in das massiv aufgestockte Polizeikorps ein paar Rambos eingeschlichen haben, die sich unbedingt wichtig machen wollten.

Im Sommer hatte ich bisher noch nie Probleme damit. Deinem Bericht zur Folge lag es wohl daran, dass ich LANGE Hosen trug :)

Ich habe noch nachgeschaut, was das Polizeigesetz der Stadt aussagt. Wegweisen können sie Dich nicht, sondern höchstenfalls eine Busse geben wegen einen Verstoss gegen folgende Artikel. Das würde ich aber sofort anfechten:

§ 25
Vorführungen und Handlungen aller Art, welche Anstand oder Sitte verletzen,
sind verboten.
§ 26
1 Wer in der Öffentlichkeit durch ungebührliches Verhalten Ärgernis erregt,
kann bestraft werden
2 Personen, die in ihrer Urteilsfähigkeit erheblich eingeschränkt sind (z.B.
Alkoholisierte, unter Betäubungsmittel oder Medikamenteneinfluss Stehende,
etc.), können auf deren Kosten nach Hause oder in Spitalpflege gebracht oder
nötigenfalls vorübergehend in Gewahrsam genommen werden.

Gruss,

FrankX

Schreiben an den Badener Stadtrat

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 01.04.2008, 19:05 (vor 6109 Tagen) @ FrankX

Hallo Frank,

vielen Dank für Deine Übermittlung der "Badener Gesetze". Ich habe sie in mein Beschwerdemail über die Stadtpolizei Baden, wie ihn Walter, Engel und Thomi vorgeschlagen haben, an den Badener Stadtrat integriert:

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Werter Stadtrat,

ich habe Baden als eine in einer wunderschönen Gegend gelegene und sehenswerte Stadt in Erinnerung, die auch kulturell viel zu bieten. Sicher haben Sie erheblich dazu beigetragen, daß diese Stadt diesen sympathischen Charakter besitzt. Auch danke ich Ihnen dafür, daß Sie die Möglichkeit bieten, daß Volkssportveranstaltungen wie der "Badener Limmatlauf" ausgetragen werden können. Auch den Organisatoren und vielen Freiwilligen einen herzlichen Dank, daß das ganze so reibungslos geklappt hat.
Ich selber war am Samstag, den 29.3. 2008 am Badener Limmatlauf, allerdings nur als Zuschauer. Wegen eines früheren Rückenleidens (Bandscheibenprobleme) verzichte ich lieber auf Sportarten, die die Wirbelsäule unnötig strapazieren (z.B. Lauf- und Skisport), sondern beschränke mich auf rückenschonende Sportarten wie Wandern oder Velofahren, und beides nicht unter Wettkampfbedingungen. Mein früheres Rückenleiden konnte ich nur dadurch beheben, daß ich in der Freizeit, soweit die Witterung und Situation es erlaubt, möglichst oft keine Schuhe trug. Beim Gehen ohne Schuhe tritt man weniger hart auf und schont damit die Bandscheiben.

Dank des prächtigen Frühlingswetters während des Badener Limmatlaufes war mir es möglich, auf den Gebrauch von Schuhen zu verzichten. Da ich einerseits mit dem Velo von Zofingen angereist war und andererseits nicht vor hatte, eine Veranstaltung mit "Krawattenzwang" zu besuchen, trug ich zweckmäßigerweise eine kurze Sporthose. Niemand in der Nähe des Sportanlasses störte sich daran, daß meine Kleidung denen der Laufsportler angenähert war (viele Läufer trugen sommerliche Trikots, ein älterer Herr absolvierte den langen Laufparcours sogar barfuß).

Etwas enttäuscht war ich jedoch, als ich noch gegen 16 Uhr den Platz vor der reformierten Kirche in der Nähe des Personenliftes aufsuchte, um noch etwas zu verzehren, bevor ich gen Zofingen radeln würde. Während ich auf einer Bank saß, näherten sich zwei Herren von der Stadtpolizei Baden. Sofort wurde ich gefragt, warum ich barfuß wäre. Als ich gesundheitliche Gründe nannte, glaubten die Beamten es nicht und verlangten meinen Ausweis. Sie schienen überrascht zu sein, daß ich eine Schweizer Identitätskarte dabei hatte, jedoch hochdeutsch sprach. Die Beamten redeten auch mit mir hochdeutsch. Einer der Beamten gebrauchte darauf den Ausdruck "Papierschweizer" und sprach leise auf Schweizerdeutsch (ich konnte es aber trotzdem verstehen) zu seinem Kollegen, daß er nicht begreifen könnte, daß solche Leute wie ich überhaupt eingebürgert werden.
Die Umgangsweise der Beamten wurde weniger höflich, ich wurde aufgefordert, mir Schuhe anzuziehen, ich hatte aber keine dabei. Darauf meinte der eine Beamte, barfuß in einer belebten Stadt wäre asozial. Als ich daraufhin die Beamten fragte, warum sie eine Gruppe von drei ca. dreißigjährigen kräftig gebauten Männern beobachtet hätte, jedoch nicht eingeschritten waren, obwohl einer der Männer ebenfalls ohne Schuhe war, lautete die Antwort: "Der Mann trägt aber LANGE Hosen. Dann sieht man seine Füße nicht. Dann kann er von mir aus auch im Winter barfuß herumlaufen, das wäre mir egal!" Auf meine Frage, ob denn das Tragen von kurzen Sporthosen verboten sei, und meinen Hinweis auf die vielen Läufer in kurzen Hosen beim teilweise über städtisches Gebiet führenden Limmatlaufes meinte der Beamte: "Das ist doch ganz was anderes! Wenn eine Sportveranstaltung ist, dann rechnen die anderen damit, daß die Sportler kurze Hosen tragen. Aber hier recht kein Mensch damit, daß einer zu dieser Jahreszeit barfuß oder in kurzen Hosen unterwegs ist. Die Leute erschrecken doch nur."
Die Beamten forderten mich auf, den Platz sofort zu verlassen, und zwar sollte ich den Lift benutzen und über weniger belebte Wege die Stadt verlassen, damit nicht noch mehr Leuten meine Aufmachung zugemutet werden muß. Ich fand das Verhalten dieser beiden Polizisten unverhältnismäßig. Darf die Stadtpolizei derart restriktiv vorgehen, etwa gemäß folgenden Gesetzen:
§ 25
Vorführungen und Handlungen aller Art, welche Anstand oder Sitte verletzen,
sind verboten.
§ 26
1 Wer in der Öffentlichkeit durch ungebührliches Verhalten Ärgernis erregt,
kann bestraft werden
2 Personen, die in ihrer Urteilsfähigkeit erheblich eingeschränkt sind (z.B.
Alkoholisierte, unter Betäubungsmittel oder Medikamenteneinfluss Stehende,
etc.), können auf deren Kosten nach Hause oder in Spitalpflege gebracht oder
nötigenfalls vorübergehend in Gewahrsam genommen werden.

Seit wann verletzt das Tragen von kurzen Hosen und/oder das Nichttragen von Schuhen Anstand und Sitte? Benötigten die Teilnehmer des Limmatlaufes eine Sondergenehmigung?
Oder ist das Ausüben von Sport in kurzen Hosen kein "ungebührliches" Verhalten, das Ärgernis erregt, wohl aber der Aufenthalt auf einer Bank in selbiger Kleidung. Oder ist "ungebührliche Kleidung" etwas, was die Mehrheit derjenigen Personen, die sich zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort aufhält, gerade nicht trägt? Ist "ungebührlich" gar ein variabler Begriff, der abhängig von Jahreszeit, Temperatur, von der Mentalität der Bevölkerung oder gar von der Willkür und Laune eines Polizeibeamten abhängig ist? Ich hoffe nicht!
Alkoholisiert war ich übrigens nicht, die Beamten hatten diese auch nicht überprüft. Wenn sie wirklich der Meinung gewesen waren, daß ich unter Alkoholeinfluß gestanden hätte, dann wäre es unverantwortlich gewesen, mich mit dem Velo von Baden nach Zofingen fahren zu lassen.

Ich hoffe, daß dieser Vorfall eine Ausnahme war und kein repräsentatives Verhalten der Stadtpolizei. Ich bitte Sie trotzdem als vorgesetzte Stelle der Stadtpolizei Baden dafür zu sorgen, daß in Zukunft die Polizeibeamten mehr Toleranz ausüben, solange man nichts verbotenes macht. Sollte mir ein solcher Vorfall in Ihrer sonst so sympathischen Stadt noch einmal widerfahren, sehe ich mich gezwungen, gerichtlich gegen die Stadtpolizei vorzugehen.
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Ist vielleicht etwas lang geraten. Ich habe bewußt zuerst den Limmatlauf positiv erwähnt, damit sich der Stadtrat geschmeichelt fühlt, bevor ich - höflicher als mir lieb ist - die Stadtpolizei kritisiere. Hätte ich nur kritisiert, würde der Stadtrat mein Schreiben gleich "rundordnen", ohne es an die Polizei weiterzuleiten, da man mich für einen notorischen Querulanten halten würde, der sich wegen jedem Muckensäckeli beschwert.
Ich habe bewußt an den Stadtrat geschrieben und nicht an das Sekretariat der Stadtpolizei. Denn wenn so etwas innerhalb der Polizei bleibt, ist die Gefahr groß, daß die Sache unter den Tisch gekehrt wird. Ich rechne sowieso damit, daß die Beamten, die mich schikanierten, alles abstreiten werden, soweit sie überhaupt gefragt werden. Aber dann doch lieber, wenn der Polizeichef vom Stadtrat eins auf den Grind bekommt.

Mit freundlichen Grüßen

Michael aus Zofingen

Schreiben an den Badener Stadtrat

Charles B., Stammposter, Tuesday, 01.04.2008, 19:53 (vor 6109 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

erstmal nachträglich mein Mitgefühl zu diesem hässlichen Vorfall in Baden. Einfach ungeheuerlich. Und mir kaum erklärlich, dass Dir derartiges leider nicht zum ersten Mal passiert.

Zu Deinem Beschwerdebrief an den Badener Stadtrat: Glückwunsch! Ich kann förmlich nachfühlen, wie Du Dich beherrschen musstest, aber Du hast den optimalen Ton und Aufbau getroffen - wenn ich mir diese unbescheidene Einschätzung anmaßen darf :-) Ich hätte sicher einiges anders, aber insgesamt nicht besser formulieren können.

Du gehst nicht in die volle Offensive, lässt weitere Forderungen und Drohungen, wie zB Entschuldigung der Beamten oder Einschalten der Presse, unausgesprochen. Vielleicht könntest Du noch den Namen des Gesetzes einfügen, aus dem Du zitierst? - Ansonsten hätte ich nur ca. 20 Mal ss statt ß (nach NDR-neuer deutscher Rechtschreibung) und vielleicht einen oder zwei unbedeutende Vertipper anzubieten :-))

Solidarische Grüße aus Frankfurt
Charles

Schreiben an den Badener Stadtrat

Rolf (F), Stammposter, Tuesday, 01.04.2008, 20:28 (vor 6109 Tagen) @ Charles B.

... - Ansonsten hätte ich nur ca. 20 Mal ss statt ß (nach NDR-neuer deutscher Rechtschreibung) und vielleicht einen oder zwei unbedeutende Vertipper anzubieten :-))

Solidarische Grüße aus Frankfurt
Charles <

Hi Charles,

in der Schweiz/Suisse/Svizzera/Svizra und in Liechtenstein gilt die Neue Deutsche Rechtschreibung mit der ß-Sonderregel.
Der Buchstabe ß wird generell nicht benutzt, sondern immer durch ss ersetzt.
Der Prozess begann 1906 in den Bundesakten des Berner Parlaments; 1938 wurde ß im Kanton Zürich nicht mehr in Schulen verwendet, und als letzes vezichtete die NZZ im Jahre 1974 darauf.

Also gilt heute:

In Belgien, Deutschland und Österreich (einschließlich Nordschleswig und Südtirol): barfuß

Dagegen in der Schweiz und in Liechtenstein: barfuss

Gruß,

Rolf(F)

Schreiben an den Badener Stadtrat

Charles B., Stammposter, Tuesday, 01.04.2008, 21:07 (vor 6109 Tagen) @ Rolf (F)

.
.
... oder so.
(Kennt jemand den Badesalz-Sketch mit der Fliegenfangmaschine ?-)

Hi Rolf. Hab Dir OT geantwortet.

Michael könnte natürlich als Schweizer auf die ß verzichten und ss stattdessen verwenden. Tut er aber nicht, darum habe ich auf die NDR hingewiesen.

Abschweiferei, Alder :-)
cheers
Charles

Zu früh gefreut!

Manfred aus Wien, Stammposter, Tuesday, 01.04.2008, 14:22 (vor 6110 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Irgendwie bin ich immer fassungslos, wenn ich deine Berichte lese. Hier in Wien ist mir sowas noch nie passiert, auch nicht in anderen österreichischen Städten und Ortschaften, wo ich barfuß unterwegs war.

Zu früh gefreut!

Markus U., Stammposter, Tuesday, 01.04.2008, 18:17 (vor 6109 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hi Michael,

wie Du weißt, schätze ich Dich sowohl ob Deiner ausführlichen, stets spannend und humorvoll geschriebenen Berichte, und auch in der persönlichen Begegnung habe ich ich als einen sehr interessanten und vielseitig gebildeten Gesprächspartner kennengelernt. Andererseits fällt auf, daß niemand so viele unangenehme Begegnungen mit der Polizei hat wie Du, sei es nun in der Schweiz, in Deutschland oder auch in Frankreich.
Und das liegt, wie ich meine, NICHT NUR an den kurzen Hosen auch zur Winterszeit (was man ja auch sonst hin und wieder, freilich in Kombination mit Sokken und fettem Schuhwerk beobachten kann), sondern auch daran, daß Du zudem obenrum entweder nur ein fadenscheiniges Hemdli oder überhaußt nichts anhast. Nimmt man noch Deine etwas eigentümliche "Wanderhaltung", welche Dich auch dann, wenn Du selber gar nicht kalt hast, fröstelnd aussehen läßt, dann muß das die Polizisten, deren Aufgabe die Gefahrenabwehr ist, geradezu "magisch" anziehen, und wenn ich mir vorstelle, daß ich Polizist wäre, dann täte ich Dich sofort kontrollieren, nur um sicherzugehen, daß keine Gefahrenlage besteht, denn schließlich können Polizisten wegen unterlassener Hilfeleistung bzw. Vernachlässigung ihrer Dienstpflichten belangt werden, wenn sie bei einer mutmaßlichen Gefahrenlage, indem sie etwa eine möglicherweise hilfsbedürftige Person sich selbst überlassen, ein gebotenes Einschreiten versäumen. Daß Du in Wirklichkeit gar nicht hilflos bist, kann ein Polzist, der Dich noch nie gesehen hat, schließlich nicht wissen. Also ist eine Kontrolle vonnöten, damit die Polizei weiß, daß es mit Dir keine falsche Bewandtnis hat. Indessen macht eine Personenkontrolle Arbeit, und die Polizei, die gewiß lieber ohne besondere Vorkommnisse Streife geht oder fährt, ärgert sich, daß die Kontrolle sich in Deinem Falle letztlich als "unnötig" herausgestellt hat. Hinzu kommt, daß Du Deinerseits Wut über die "Belästigung" durch die Kontrolle empfindest und bissige Bemerkungen machst, womit Du die Polizisten erst recht auf die Palme bringst oder anders ausgedrückt: Du wendest keine Deeskalationsstrategie an.
Meine Empfehlung ist also, daß Du, wenn Du schon auf dem Tragen kurzer Hosen bestehst, im Winter wenigstens obenrum einigermaßen vollständig gekleidet bist, also mit Pullover und Jakke oder so. Es muß ja keine fette Winterjakke mit Schal und Handschuhen sein (das sähe zu barfuß wirklich beknackt aus), sondern halt eine Jeansjakke oder Lederjakke über dem Pullover.

Barfüßige Frühlingsgrüße,
Markus U.

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