Treffen mit Leo in Luzern (Hobby? Barfuß! 2)
Orkan Emma mag vielerorts erheblichen Schaden angerichtet haben. Auch hier sorgte er am vergangenen Samstag für regnerisches und stürmisches Wetter. Einen Tag später war es morgens zwar noch bewölkt, jedoch trocken. Und es sollte am Nachmittag sogar sonnig werden. Also Grund genug (für mich), sich nach draußen zu begeben und auf fettes Schuhwerk zu verzichten.
Gegen 11 Uhr radelte ich los, der Wind kam zum Glück von hinten, so daß ich die Jacke als lästigen Ballast in der Packtasche mitgeschleppt hatte. Bald war sogar ein Träger-T-Shirt ausreichend. Mein Ziel war Luzern, und das hatte seinen Grund. Denn auch Leo wollte nach Luzern kommen. Nach seinem Besuch im Verkehrshaus wollten wir noch durch die Stadt gehen. Da ich früher als zum vereinbarten Zeitpunkt in Luzern war, nahm ich mir Zeit, langsam barfuß durch die Altstadt zu gehen und hinterher noch die Uferpromenade entlang. Am Zaun zum Lido kettete ich mein Velo an.
Und immer hatte ich noch Zeit. Ich ging auch über den Sand und die Rasenflächen des Lidos, der außerhalb der Badesaison tagsüber ohne Erhebung von Eintritt begangen werden darf. Ich watete sogar durchs Wasser und eine Frau fragte, ob es nicht zu kalt sei. Ich verneinte und drehte mich um, so daß sie das Schild "Nein, es ist nicht zu kalt!" auf meinem Rucksack lesen konnte. Am meisten Zuspruch auf dem Lidogelände fand der Kinderspielplatz. Und alle Leute außer mir waren fett beschuht.
Als ich mal den Schiffsanleger betrat und ein Mann, der offensichtlich mein Schild gelesen hatte, fragte: "Findet hier eine Demonstration gegen die Klimaerwärmung statt?" Ich verneinte und sagte, daß ich nur gerne barfuß laufe, das wäre gesund. Auch tauchte die Frage auf, ob ich immer barfuß laufe, was ich jedoch verneinen mußte, wegen meines Berufes. Ich sagte noch, daß es mich nicht überraschen würde, wenn im Umkreis von 300 Metern auch jemand anders barfuß laufen würde.
Ich ging auf das Verkehrshaus zu. Mir kam ein Rollstuhlfahrer entgegen, der zu seinem Begleiter sprach: "Der ist ja auch barfuß!" Ob er im Verkehrshaus gewesen war und Leo gesehen hat? Dann begegnete ich Leo, er war selbstverständlich barfuß und trug eine kurze Hose (und keine Mütze). Bei der Gelegenheit möchte ich betonen, daß das Treffen mit Leo NICHT ausdrücklich als Barfußtreffen deklariert war. Da es andererseits aber auch nicht als "Schuhtreffen" deklariert war, kam jeder so wie er es für richtig hielt.
Zunächst wanderten wir die Seepromenade zurück in Richtung Altstadt. Eine Spanierin fragte Leo, was auf meinem Schild stand, und Leo erklärte es ihr, auf spanisch. Irgendwie fand sie es drollig (nicht trollig). Trollig wurde es, als Leo seinen Fotoapparat einem Passanten gab und ihn bat, uns beide von einem beanhängerten Trollbus zu fotografieren. Der Mann schien (wie viele andere Passanten auch) sich über unsere Barfüßigkeit zu amüsieren. Das paßte ja auch zum guten Wetter, lediglich der Kalender paßte nicht dazu. Und viele Leute sind halt kalenderhörig. Besonders unter Kindern waren Mützen keine Ausnahme.
Wir gingen in Richtung Museggmauer, wollte sie auch besteigen, dieses war aber wegen Bauarbeiten nicht möglich. Aber neben der Mauer gehen war es auch ganz schön. Für die nackten Füße war auch Abwechselung am laufenden Band geboten. Mal Asphalt (teilweise mit Splitt), mal Steine, mal Rasen, mal Matsch, mal eine Tartanbahn, mal Kopfsteinpflaster. Die Reaktionen der anderen waren durchweg positiv.
Als wir die Spreuerbrücke (gedeckte Holzbrücke) überquerten, sprach ein Mann: "Da spürt man wie angenehm man auf Holz gehen kann." Selbstverständlich gingen wir auch über die berühmte Kapellbrücke (sie war mal abgebrannt, wurde jedoch wieder aufgebaut), ebenfalls eine gedeckte Holzbrücke. Auf dieser Brücke war auch eine englischsprachige Frau, die zumindest auf das Tragen von Strumpfwerk verzichtete. Wir gingen weiter, um uns in einem Imbiß in der Altstadt einen Döner zu besorgen. Auch hier wurden wir vielleicht angestarrt, aber nicht dumm angemacht. Ein Gast wünschte uns sogar einen guten Tag, als wir das Gebäude verließen.
In der Nähe der Seebrücke, die wir überqueren wollten, tobte sogar ein Mädchen ohne Schuhe herum. Es war aber nicht barfuß, sondern trug eine (ursprünglich) weiße Strumpfhose, die Schuhe standen daneben. Nach Ratinger Definition müßte man in diesem Fall von einer "unechten Strumpfhosenträgerin" sprechen. Als das Mädchen unsere nackten Füße erblickte, zog es schnell die Schuhe an.
Bevor Leos Zug fuhr, betrachteten wir uns noch einige meiner mitgebrachten vorsintflutlichen Papierfotos, überwiegend von Luzern. Einige Fotos waren Hochwasserfotos, auf denen doch einige Leute barfuß waren, mehr als sonst in der Stadt. Dann gingen wir zum Bahnhof, ich begleitete Leo bis zum Zug und wartete, bis er abfuhr. Dann begab ich mich zurück zum Verkehrshaus, um mein Velo zu holen. Auf einer Rasenfläche hatte ein Jugendlicher ein Seil zwischen zwei Bäumen etwa 50 cm über dem Boden aufgespannt und er übte das Balancieren auf dem Seil. Und das tat er übrigens barfuß! Sicher hat man beim Seiltanzen (ebenso wie beim Autofahren) barfuß deutlich mehr Gefühl als mit normalen Schuhen.
Da das Wetter immer noch schön war, schob ich mein Velo noch am See entlang und durch die Fußgängerzone, bevor ich aufstieg und fuhr. Kurz vor Neuenkirch war es so stark abgekühlt, daß ich ein "normales" T-Shirt anziehen mußte. Aber Jacke, Mütze, lange Unterhose oder Schuhe benötigte ich nicht.
Ein schöner Tag ging zu Ende. Vielen Dank auch Dir, Leo, daß es Dich auch mal in meine Gegend gezogen hat. Vielleicht treffen wir uns ja noch mal irgendwo, wo immer das auch sein mag.
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen