Zukunft mit Erdung (Hobby? Barfuß! 2)

Eugen, Stammposter, Tuesday, 19.02.2008, 00:03 (vor 6058 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz,

ich möchte noch einige Ergänzungen zum interessanten Thema der "Erdung" zufügen.

James Lovelock, der die Gaia-Hypothese formuliert hat,....

James Lovelock kenne ich recht gut - inzwischen ist seine mit Lynn Margulis formulierte Hypothese ja zu einer Theorie geworden....Geosystemwissenschaft. Der Mensch spielt in dieser Geschichte allerdings eine immer mehr parasitäre Rolle...

Vielleicht wird die Kultur im Jahr 2100 eine ganz barfüßige Kultur sein, vielleicht sogar eine naturistische.

Durchaus möglich - zumal wenn die Temperaturen in der Atmosphäre steigen...:-))))

Aber es gibt auch heute schon vereinzelt Menschen, die sich vom kapitalistischen Wachstumswahn abkoppeln. Und die sind recht oft barfüßig-erdverbunden! Die leben heute schon in der neuen Welt, die ich suche und in die ich ganz viele Kinder hinüberziehen möchte.

Diese "alternativen" Menschen hat es auch schon vor 100 Jahren gegeben. Der Monte Verita bei Ascona wäre hier ein Beispiel. Der beindruckendste für mich war Gusto Gräser (1879 - 1958). Einer, der konsequent seinen Weg gegangen ist - sehr erverbunden barfüßig. Er war der Überzeugung, dass der Wald, die Natur zuerst im Innersten des Menschen neu entstehen muß; erst dann wird die Natur auch wieder in der äußeren Welt zur neuen Blüte gelangen. Das ist so ähnlich wie die Erschaffung der Loreley durch einen Dichter im Bewußtsein der Menschen.

Über den "Neuen Menschen" in der Dichtung Gusto Gräsers, vorgetragen von Herrmann Müller im Januar 2008 in Einsiedeln, heißt es:

Die Erhaltung der Natur - in uns und außer uns - ist eine seelische, eine poetische,
eine religiöse Aufgabe. Wiedergewinnung des Landes in uns geschieht durch Erwecken
der schlafenden Urbilder. In ihnen ist die Wurzel unserer Herkunft bewahrt, mit ihnen
bindet sich der selbstentfremdete technoide Mensch zurück an seinen Ursprung vor Jahrtausenden.

Gräser beschwört die Urbilder der Großen Mutter, des Weltbaums, des Jahrkreises, des
heiligen Mahls, der heiligen Hochzeit und andere - nicht aber, und darauf kommt es an,
nicht durch gelehrten Rückgriff auf Altbekanntes, wie das andere tun, auch ein C. G. Jung,
sondern aus eigener Schau, aus innerster nothafter Erfahrung. Sein Denken kommt nicht
aus der Studierstube sondern aus der Praxis eines Wander- und Bettelpropheten, der
Frau und acht Kinder mit Gedichten auf der Straße ernähren muss, der ein Freiwild ist
für jeden Polizisten, ein Schreckbild für Staat und Gesellschaft......

Einen weiteren informativen Aufsatz über spirituell utopische Gemeinschaften um 1900 -- ihre
Propheten, Visionen und Konflikte, findet man übrigens hier:

http://www.gusto-graeser.info/Wirkung/Tagungen/Vortrag2004und2006.rtf

Der Vortrag zeigt für mich die Gratwanderung in der modernen Gesellschaft zwischen spiritueller Naturverbundenheit und der gesellschaftlichen Realität - das DA Sein und und das ICH Sein, die absolute spirituelle Unabhängigkeit, also ohne sich einem Guru ("Führer") anzuschließen.

Einige Menschen steigen ja für kurze Zeit aus dem Alltagsleben aus und machen Sommerurlaub -- barfüßigen oder naturistischen - z.B. In Euronat. Andere extreme Einzelgänger begeben sich auf ihrer Suche nach neuen Wegen direkt in den Urwald und leben mit den "naturistischen" Völkern zusammen - was mit Romantik allerdings wenig zu tun hat - wie auch schon Gräser immer wieder verdeutlichte. Da jeder Mensch ein Individuum ist - liegt in der Bildung von Gemeinschaften immer etwas Paradoxes - etwas instabil ephemeres.

Vor einigen Jahren war der "Regenwaldkämpfer" Bruno Manser in den Schlagzeilen, der von
1984 bis 1990 mit dem Penang Volk im Urwald auf Borneo lebte (barfüßig - nackt), sich
ihrer Lebensweise anpasste und diese bei ihrem gewaltlosen Widerstand gegen die
Holzfällerindustrie und die malaysische Regierung unterstützte. Seit 2000 ist er
im Regenwald auf Borneo verschollen (auf ihn war ein Kopfgeld ausgesetzt...)

Aus einem Dokumentarfilm:
http://www.bmf.ch/pix/upload/news/film_bild_05_470x300.jpg

Das Wichtigste wird wohl sein, dass man in Schulen Kindern wieder ein echtes Naturbewußtsein näherbringt, und das in Konkurrenz zu einer hochtechnisierten Parallelwelt. Da der Mensch Teil der Natur ist, muß er in ihr auch leben - sie direkt hautnah erfahren - und das fängt natürlich bei den Füßen an :-))))

Genug der Philosophie -
Barfüßiges Glück wünscht
Eugen


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