Konsens deines Beitrages (Hobby? Barfuß! 2)

Bernd (Frankfurt), Stammposter, Friday, 15.02.2008, 00:10 (vor 6125 Tagen) @ Andi35

Lieber Andi,

vielen Dank, dass du uns so minutiös deine Eindrücke vom Karnevalstreiben im Ländle schilderst, aber - mit Verlaub - ich glaube, ein Fünftel des Umfangs hätte uns gereicht. Jede einzelne Station deiner Erfahrung gibst du in Form eines Drehbuchs wieder, doch fällt deine abschließende Betrachtung relativ mager aus.

Ich kenne dich von deinen Postings und aufgrund unserer persönlichen Korrespondenz als intelligenten, reflektierten und durchaus sensiblen Menschen. Meine Frage: Was genau versprichst du dir von diesen Karnevalsveranstaltungen? Das sind doch Events für Proleten, die das ganze Jahr über angepasst vor sich hin dümpeln und nur ein paar Tage im Februar dazu Gelegenheit haben, die Sau raus zu lassen, sich komplett daneben zu benehmen, indem sie hohle Gassenhauer gröhlen, militärisch aufmarschieren, sich hemmungslos besaufen und zum Abschluss in die Ecke kotzen. Big deal.

Trotzdem schön zu erfahren, dass du als Barfüßer ohne Schnittwunden und Pöbeleien davongekommen bist.

Bitte nicht als destruktive Kritik auffassen.

Sei lieb gegrüßt
vom

BERND

Als ich ankam, drang auch hier schon die rockige Musik einer Band aus der Halle und schon vor der Halle sah man, anhand des Gehabes der Leute, die vor der Halle rauchten, das Niveau, das da herrschte: saufen und kotzen, bis der Arzt kommt, war da wohl die Devise, mehr nicht, gar nicht zu vergleichen, mit der Veranstaltung, in der Blautalhalle, von der Menschenmenge her "ja", vom Niveau her "nein"!
Ich fragte ein paar Jugendliche, ob es denn noch Eintritt koste und ob in dem Gebäude, vor dem sie stünden, auch Treiben wäre, ob das auch zur Faschingsveranstaltung gehöre, worauf sie sagten, Fasching ginge ihnen nicht ab, sie seien hier in ihrem Jugendclub (ich fragte sie das, als ich noch ein kleines Stück von der Halle selbst entfernt war).
Ich spürte plötzlich, dass es unter meinen Füßen nass und schleimig war und sah dann, dass hier, wie leider bei den meisten Jugendlichen typisch, der ganze Boden vollgespuckt war, echt asozial. Naja, eine Szene hätte ich ihnen ja schlecht machen können und ich zeigte auch nicht, dass mich dieses widerliche, ekelhafte Verhalten aufregt. Ich stand mit ihnen vor der Tür und rauchte noch eine Zigarette mit ihnen, während noch einige Mädels und auch Typen heraus kamen, die mich neugierig über meine Barfüßigkeit fragten.
Sie fanden es cool, aber "verschwendeten" nicht im Geringsten mal den Gedanken daran, mit der ekelhaften Spuckerei aufzuhören, wo ihnen nun doch erst recht bewusst war, dass ich barfuß bin und dass das für mich sicher eklig sein muss.
Ich fragte sie, ob sie denn einen Kicker in ihrem Jugendclub hätten, denn das ist, zumindest bei uns im Saarland, oft der Fall, was sie auch bejahten und ich schlug vor, dass wir doch mal eine Runde spielen könnten, wenn es kein Problem sei und ich dort hinein dürfe. Sie sagten, ich könne ruhig mit hinein gehen und das tat ich dann. Wir "kickerten" zu viert und danach wollte einer der Jugendlichen noch ein Einzel mit mir machen, ich gewann alle Spiele.
Anschließend verabschiedete ich mich und ging Richtung Halle und auch hier war alle paar Meter Spucke auf dem Boden und mitten auf dem asphaltierten Pfad, kurz vor dem Eingang der Halla, hatte jemand hin erbrochen, was meine Lust, auf dieses Treiben in der Halle, schon eindämmte und in gewisser Weise ja auch von dem Niveau zeugt, das dann gemeinhin und allgemein, auch herrscht!
Ich fragte vor der Tür einen der Sicherheitsleute (die waren übrigens durch die Bank sehr freundlich (denn ich unterhielt mich kurz danach noch mit anderen von ihnen) und nicht, wie üblich, aufgeblähte Wichtigmacher, mit der typischen "Türstehervisage"), ob es noch Eintritt koste oder ob ich nun so hinein gehen könne. Ich zeigte ihm auch meine nackten Füße und fragte ihn, ob das ein Problem sei, worauf er sagte, es käme, ob mit oder ohne Eintritt, sowieso keiner mehr in die Halle ohne ein Band am Arm, das man beim Zahlen, vor dem Betreten der Halle, bekam.
Wir unterhielten uns noch kurz über das Barfußgehen und es kamen die üblichen und bekannten Fragen und die junge Frau, die bei dem Sicherheitsmann stand, sagte: "Ach komm´, den musst Du `rein lassen, der ist doch cool." :-D Tatsächlich tat er das dann auch, indem er sagte, ich soll noch mit seinem Kollegen, der innenseitig an der Tür stand, reden. Ich sagte, er müsse schon mit mir gehen, denn meine Aussage allein hätte dabei wohl kein Gewicht, anders aber, wenn er mit ihm rede.
Sein Kollege riet mir jedoch ab, in die Halle zu gehen, da es düster sei und auch eine Menge Glas herum liege, also sah ich auch davon ab, denn schon im Eingangsbereich lag einiges an Glas.
Ich quatschte noch ein wenig mit dem Sicherheitsmann, der innen, an der Ausgangstür, stand, als Eingang diente die Tür nebenan. Auch er fragte mich das uns Bekannte und Übliche, über die Barfüßigkeit und ich sagte zu ihm, wenn es da drin wirklich so schlimm aussähe, dann ginge ich schon im eigenen Interesse nicht hinein. Dabei erwähnte ich auch, wie ekelhaft ich die Sauereien vor der Tür fand.
Zu der Sache mit dem Erbrochenen meinte er, da sei ein Typ `raus gegangen und habe sich den Finger in den Hals gesteckt und mitten auf den Weg erbrochen und ich fragte ihn, ob denn da nicht die Leute draußen etwas zu ihm gesagt hätten, die dort standen und er sagte, zu dieser Zeit sei keiner draußen gewesen.
Auf meine Äußerung, dass ich wegen dieser Schweinerei sofort die Polizei gerufen hätte, zumal er ja Sicherheitsmann sei und auch solche Fälle eindeutig zu weit gehen würden, meinte er, es hätte keinen Wert gehabt, ihn aufzuhalten.
Nach einer Weile verabschiedete ich mich von ihm und verließ den Halleneingang, wollte wenigstens noch eine Runde in Langenau "barfüßeln" und dabei fiel mir eine weitere Sauerei auf: ein Typ stand zwischen einem Krankenwagen, der sicherheitshalber dort stand und einem Lkw-Anhänger und urinierte dort an eine Wand, eines Anbaues der Halle. Der Menge nach schien er aber nicht der Einzige gewesen zu sein, der das dort tat, denn der Urin lief schon über den Parkplatz.
Nicht weit davon entfernt, machten zwei Frauen, hinter einem parkenden Auto, ihr kleines Geschäft in die Straßenrinne, sie waren gerade dabei, die Straßenseite wieder Richtung Halle zu wechseln, aber, als ich die Urinlache sah, die unter dem Auto durch, auf die Straße lief und sie von dort kamen, war mir schon klar, was da abging und so etwas auch noch von Frauen, echt asozial ist das!
Entschuldigt, dass ich heute mit solchen Dingen ins Detail gehe, aber, ich möchte Euch hiermit nur mal ein Bild von der Lage, ja: von den Zuständen vermitteln, die dort abgingen und Euch verdeutlichen, dass es wirklich nicht immer schön ist, barfuß zu gehen, dafür sorgen solche rücksichtslosen Leute und es wird von Generation zu Generation immer schlimmer.
Ich unterhielt mich auch mit einer jungen Frau, die vernünftig schien und sie stimmte mir zu und sagte auch, dass sie schon fünf Jahre zu Fasching dort hin ginge und das Niveau sinke dort von Jahr zu Jahr, ein Jahr zuvor, habe es eine Massenschlägerei, mit ca. 50 Beteiligten, gegeben, nun ja, so viel dazu.
Genug gesehen, angewidert und etwas enttäuscht, über den Abend, fuhr ich dann noch mal allein Richtung Ulm, denn, im Gegensatz zu Stephan, hätte mir nun auch eine gemütliche Kneipe, mit toller Stimmung, gereicht, aber leider war da nichts. In das Zentrum von Ulm, wollte ich dann aber auch wieder nicht, denn es wäre mir zu kalt gewesen, dort herum zu laufen, denn dort sind nämlich überwiegend Fußgängerzonen und in den wenigen Gässchen und Straßen, die man mit dem Auto befahren darf, kenne ich mich nicht so gut aus. Ich trug unter dem Schlafkittel zwar eine kurze Hose, ein T-Shirt und einen Pulli, aber es wäre mir doch zu kalt gewesen, wenn ich hätte die Gassen nach einer gut besuchten und stimmungsvollen Kneipe absuchen müssen, was dazu ja auch ungewiss war. Also fuhr ich weiter, durch Neu-Ulm und auch hier hatte keine Kneipe mehr auf, dort ist eh nicht viel.
Schließlich kam auch die Polizei noch aus einer Seitenstraße und ich befürchtete, dass diese mir nachfahren und mich anhalten, so war es dann auch: sie setzten sich an der roten Ampel hinter mich, fuhren mir ein Stück nach, blinkten auf und ließen die rote Laufschrift "Stop, Polizei" laufen.
Auf dem kurzen Stück versuchte ich, meine "Notschuhe" unter dem Fahrersitz hervor zu kramen, denn auch, wenn sie einem Barfußfahrer nichts wollen können, was wir ja hinreichend wissen, wollte ich nicht wieder eine Diskussion mit ihnen eingehen und dieselbe herausfordern, ich wollte eben dem ganzen Gespräch einfach vorbeugen und aus dem Weg gehen. Leider schaffte ich das aber nicht, da ich ja zusehen musste, dass ich weiterhin unauffällig fahre, was einfach nicht gescheit geht, wenn man mit einer Hand hinter sich herum "klabuschtert", also musste ich das lassen und hoffte, dass sie es nicht sehen.
Erst das Übliche: "Guten Morgen, allgemeine Verkehrskontrolle" und dann das Verlangen der Papiere. Einer fragte, ob ich vom Fasching käme, was ich natürlich bejahte, er lachte und sagte: "Ja, das sieht man ja eigentlich auch." Sie waren freundlich, vor allem der Fahrer, der an mein Fenster kam.
Dennoch greift die Polizei in Baden-Württemberg und Bayern recht hart durch, denn er meinte, ich hätte doch sicher nichts dagegen, einen Alkoholtest zu machen, was ich ruhigen Gewissens verneinen konnte. Im Saarland war ich auch schon in solchen Situationen, doch, da ich immer einen nüchternen Eindruck machte, was ja auch immer der Fall war, musste ich nicht blasen, hier aber schon, doch, das war ja kein Problem. Er fragte, ob ich auf dem Heimweg sei, was ich bejahte und ich sagte ihm, dass ich bei einem Kumpel in Nersingen zu Besuch bin.
Dann sah er aber meine Barfüßigkeit und meinte, ich solle beim nächsten Mal bitte Schuhe anziehen, denn das koste mich jetzt normalerweise ein Bußgeld von 20,00 €, ich sagte nichts dazu und dachte mir meinen Teil um Ruhe zu haben. Ich lege mich ja nicht unbedingt mit der Polizei an, wenn es nicht sein muss, zumal, vor allem dieser Polizist, ausgesprochen freundlich war, er lächelte dann nur noch und wünschte mir eine gute Heimfahrt.
So, ich glaube, ich belasse es jetzt mal dabei und das war auch eigentlich das Wesentliche, was ich schreiben wollte, der Beitrag sprengt ja wieder jeden Rahmen und das noch mit Dingen, die wohl viele gar nicht für so erwähnenswert halten, aber jeder setzt so seinen "Schwerpunkt", diesmal tendierte es eben eher ins Negative, was ich aber immer besser wegstecken kann.
Ich gebe zu, dass der Beitrag sicher nicht gerade total interessant ist, aber, er ist eben "Eins zu Eins" aus dem Leben, worauf ich Wert lege, mit vielen Details, ob positiv oder auch negativ. Doch, durch seine Länge, habe ich mich dazu entschlossen, ihn doch in zwei Teile aufzuteilen, auch, wenn es nicht gerade ein Wanderbericht oder Ähnliches ist, der einen übermäßigen Aufwand verdient! :-D
Über die Ostertage fahre ich wieder zu Stephan, vielleicht wird es dann besser, als letztes Mal, obwohl es mir bei Stephan eigentlich immer gut gefällt und die Leute sind auch von ganz anderem (einfach besserem) Schlag, als meine "Bundeslandsgenossen"! :-)
Schöne Füße aus dem Saarland,
Andi


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