Novemberpresse (Hobby? Barfuß! 2)

Jörg (Hanna), Stammposter, Saturday, 09.02.2008, 18:28 (vor 6133 Tagen) @ Georg

Hallo Georg,

vielen Dank. Am interessantesten finde ich den Artikel über die Künstlerin Relindis Agethen. Vermutlich kennt sie dieses Forum hier gar nicht, allerdings findet sich doch einiges wieder, was auch hier immer wieder anklingt:

1) Die Eltern "erlauben" barfuß nicht bzw. stehen dem skeptisch gegenüber
2) Sie ist die einzige ihrer "68er-Clique", die heute noch bf läuft (vgl. Berichte von Jay)
3) Bf lenkt manche Leute ab (hier in Seminaren) - ein Grund für mich, warum ich Verständing dafür habe, daß bf im Beruf für manche Jobs bzw. Kunden-/Lieferantenkontakt nicht erlaubt/erwünscht ist. Hier wollte ich ja auch nochmal was zu schreiben...
4) Man begegnet vor allem Neugierde, selten Ablehnung.
5) In spanischen Supermärkten sieht das aber schonmal anders aus...
6) Schuhe tragen empfindet man mehr und mehr als Qual
7) Verletzungen sind äußerst selten.
8) Krankheiten auch :-)

=> Die Frau ist durch und durch authentisch als Barfußläuferin!

Serfuß,
Jörg

--
Die Malerin, die barfuß zu den Feten kommt

Seit Jahrzehnten geht die Künstlerin und Akademie-Leiterin Relindis Agethen auf nackten Sohlen durchs Leben [...]
Kaum waren die 21 Kerzen auf dem Geburtstagskuchen ausgepustet, entledigte sich die Kornwestheimer Künstlerin und Leiterin der Akademie Agethen ihrer Schuhe. "Vorher hätte es meine Mutter nicht erlaubt", erzählt sie. Aus Überzeugung wollte die junge Relindis, die in Danzig geboren wurde und in Paderborn aufwuchs, auf ihr Schuhwerk verzichten. "Es war eine Frage der Weltanschauung." Ohne die lästigen Treter zu gehen, hatte für sie und ihre Altersgenossen "etwas vom freien, ungebundenen Leben, wir wollten die Konventionen hinter uns lassen. Das passte genau zu den Achtundsechzigern." Damals sei sie nicht die Einzige gewesen, die barfuß gegangen sei und "Hauszelt-Pullover" getragen habe. "Das war nichts Besonderes." Ihre Freunde aber ließen das Barfußgehen irgendwann hinter sich und schnürten wieder die Schuhe. Relindis Agethen ging weiter auf nackten Sohlen durchs Leben - bis heute. Inzwischen habe das nur noch wenig mit Weltanschauung zu tun, sagt sie, "es ist mehr eine liebe Gewohnheit".
Während es für die Betreiberin einer Kunstakademie in Kornwestheim nach über 40 Jahren Barfußgehen ganz normal ist, das Haus ohne Schuhe zu verlassen, in den Supermarkt zu gehen oder zu unterrichten, sind ihre nackten Füße für Passanten noch immer ein Hingucker. [...] Gibt sie Seminare - als studierte Theologin bildet sie auch Religionslehrer fort -, schickt sie dem Unterricht stets eine Erklärung für ihre bloßen Füße voraus, weil es den Zuhörern sonst an Konzentration mangele. Den Versuch, in derartigen Situationen Schuhe zu tragen, "damit Ruhe ist", gab sie auf. "Ich hab es einfach nicht ausgehalten." Lediglich wenn es im Winter gar zu kalt ist, greift sie zu Flip-Flops, damit die Fußsohlen nicht am eisigen Untergrund festfrieren. "Das gibt schmerzhafte Verletzungen."
Also hat sich Relindis Agethen an die neugierigen Blicken gewöhnt und auch daran, dass sie schon mal aus einem Geschäft hinauskomplimentiert wird - so geschehen in einem Supermarkt im spanischen Granada [...] Am Tag nach dem Rausschmiss jedoch begrüßten die Supermarktangestellten sie quasi mit Handkuss. Sie hatten die deutsche Künstlerin in einem Fernsehbeitrag gesehen - allerdings nur vom Hals an abwärts. "Von allen Künstlern wurden die Gesichter gezeigt [...] Nur von mir nicht, da gab es nur Bilder von den Füßen." Die Angestellten im Supermarkt erkannten sie dennoch wieder.
Dass sie manchen Menschen eher wegen der bloßen Füße als wegen ihrer Kunst im Gedächtnis bleibt, stört Relindis Agethen wenig - im Gegenteil. Während des Studiums war sie bekannt "als die Malerin, die barfuß zu den Feten kommt". [...]
Denkt Relindis Agethen an diese Zeit in Frankreich, an Malreisen, die sie mit ihren Schülern unternimmt, oder an einen ihrer Besuche in Spanien zurück, dann verbindet die Malerin mit diesen Erinnerungen nicht nur Bilder, sondern Gefühle im Fuß. "Ich weiß noch, wie sich Wege angefühlt haben, ob sie heiß oder steinig waren", erzählt sie. So hat sie über die Jahre hinweg eine Art taktiles Album angelegt. Erinnerungen an schlimmere Schmerzen hat sie darin nicht abgespeichert. "Ich habe mich seltsamerweise nie verletzt", sagte sie. "Und wenn ich heute in eine Reißzwecke trete, piekst es nur ein bisschen." Auch krank werde sie selten - dabei habe ihre Mutter prophezeit, dass Barfußgehen unweigerlich zum Nierenleiden führe. "Doch das habe ich nie bekommen." [...]
"Ich habe eben einen westfälischen Dickschädel", sagt sie. Und der lässt sich wohl nicht mehr von den Vorzügen des Schuhetragens überzeugen. [...]
[Kornwestheimer Zeitung, 05. 11. 200]
Worin die "Vorzüge des Schuhetragens" eigentlich bestehen, bleibt aber das Geheimnis des Verfassers.


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