Barfuß am Silvestertag, 1. Teil (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 03.01.2008, 16:02 (vor 6104 Tagen)

Silvester 2007: Wie schon am Heiligabend, so wollte ich auch diesen Tag mit einer Citycard verbringen, diesmal jedoch nicht in Zürich, sondern in Bern. Mit -1°C war es auch ganze 4°C wärmer, als ich mit dem Velo den Bahnhof erreichte, um mit dem Zug um 5.44 Uhr Richtung Olten zu fahren. Selbstverständlich war ich ohne Mütze, und obendrein noch "zwar echt, jedoch nicht authentisch barfuß". Die Ratinger Spezifikation für "echt" war erfüllt, weil ich zu faul war, mir überhaupt Schuhe mitzunehmen. Die Münchner Spezifikation für "authentisch" dagegen verpaßte ich meilenweit, da Haare und Hose nicht einmal annähernd die notwendige Länge auswiesen und obendrein nicht einmal aus Jeansstoff waren.

Via Olten gelangte ich in die Hauptstadt der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Hier schien es kälter zu sein als in Zofingen und obendrein lag hier Bodennebel. Dr Boden des Bahnsteigs fühlte sich kalt an. Ich entschloß mich, den Hauptbahnhof nicht zu (bar-)fuß zu verlassen, sondern mich der S-Bahn zu bedienen, die mich nach Gümligen brachte. Hier war es sternenklar und somit noch kälter, so daß ich immer auf und ab gehen mußte, während ich auf das von Worb kommende "Blaue Bahnli" wartete. Noch verschlafene Leute starrten ungläubig auf meine Füße, während ich einstieg.

Als ich an der "Zytglogge" in Bern in ein "normales" Tram umstieg, herrschte wieder dichter Nebel. Fischermätteli, Ostring, Weißenbühl, Saali, Wabern, Guisanplatz, so hießen die Wendepunkte der 3 "richtigen" Berner Tramlinien, während ich immer am Bärenplatz umstieg, wenn ich die Linie wechseln wollte. Das hatte seinen Grund, denn hier konnte ich unter den "Lauben" auf den Anschluß warten, dort war es (nicht nur) aus barfußtechnischer Sicht angenehmer zu warten. Es gab einige ungläubige Gesichter. Einmal stieg auch ein Securitas-Mensch in die Straßenbahn. Zum Glück war er wohl nicht für die Ordnung im Tram zuständig, sondern er hatte anderswo seinen Einsatzort. Somit kümmerten ihn meine nackten Füße auch einen feuchten Kehricht. Aber ein gewisses mulmiges Gefühl bleibt doch, dafür habe ich schon genug längst nicht immer gute Erfahrung mit Uniformträgern, vom "normalen" Schutzpolizisten über die "Kalkmütze" in Einrichtungen der Deutschen Bahn bis hier zu Düsseldorfer Haltestellenpersonal und einem Bundeswehrsoldaten im Frankfurter Stadtteil Fechenheim.

Danach stieg ich am Hauptbahnhof aus dem Tram, um ins Bahnhofsgebäude zu gelangen. Baustellenbedingt war das nicht so einfach wie früher, auch war es nicht überall gut barfuß begehbar, teils wegen "Sauereien" von den Bauarbeitern, teil wegen des feuchten und teilweise versalzenen Untergrundes. Im Inneren des Bahnhofs war es aber angenehm zu gehen. Einige Penner pöbelten mich an wegen meiner Aufmachung, aber mich störte es nicht. Mich wunderte nur, daß überhaupt betrunkene Obdachlose im Bahnhof herumlungerten. Dabei war in den Medien zu vernehmen, daß die Polizei nach dem Umbau mit äußerster Strenge gegen "unerwünschte Personen" vorging und ich im Vorfeld schon überlegte, ob die Berner Polizei auch Barfüßer in "unvollständiger" Kleidung wegweisen würde. Aber nichts geschah an diesem Tag. Weil Silvester war? Oder weil gerade zu Jahreswechsel die Stadtpolizei und die Kantonspolizei zu Police Bern fusionierten und somit genug mit sich selbst beschäftigt waren.

So gelangte ich zum Bahnsteig der RBS. Es wimmelte von RBS-Personal, und ich hatte den Eindruck, als ob sich einige langweilten. Aber keiner kam in meine Nähe, um mich zu kontrollieren. Also bestieg ich einen RBS-Zug nach Unterzollikofen. Der teppichartige Bodenbelag in dem Wagen, in den ich mich setzte, war total "off-topic-feindlich". 3 Jugendliche bestiegen den Wagen und gingen zufällig dorthin, wo ich saß. Als sie aber meine nackten Füße sahen, riefen sie "Scheiße", machten auf dem Hacken kehrt und setzten sich ans andere Ende des Wagens.

Der Zug setzte sich in Bewegung. Als er aus dem Tunnel auftauchte, sah ich, daß der Nebel verschwunden war und der Sonne Platz gemachte hatte. Bei der Haltestelle Felsenau sind übrigens nackte Füße auf den Bahnsteig gemalt, um anzudeuten, wo man längsgehen soll. Oder bedeutet es, daß barfüßige Fahrgäste dort gehen sollen und fett beschuhte Fahrgäste wohl anders? Wohl kaum.

An der Endstation Unterzollikofen stieg ich aus und ging barfuß weiter ostwärts. Früher fuhren auch hier Züge in Richtung Solothurn mitten durchs Dorf, bevor die Umgehungsstrecke fertig wurde. Ich erreichte den Bahnhof Zollikofen an dieser Strecke. Die Sonne schien, es war angenehm auszuhalten. Der sonnenbestrahlte Boden war wesentlich wärmer als der im Schatten. Ein fett beschuhter Mensch würde den Temperaturunterschied nicht mitbekommen. Selber schuld! Mit dem nächsten RBS-Zug ich wieder nach Bern. Dort verließ ich den Bahnhof und begab mich ins Getümmel der Stadt, das mich verschluckte.

Schöne Grüße
Michel aus Zofingen

Fortsetzung folgt

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