Barfuß auf dem Zofinger Weihnachtsmarkt (Hobby? Barfuß! 2)
Am letzten Adventswochenende (und nur an diesem) war Weihnachtsmarkt in Zofingen. Das Wetter war wechselhaft, aber nicht "übermäßig kalt" (Zofingen liegt ja schließlich nicht im Fichtelgebirge). Was stand dem im Wege, auch mal barfuß unterwegs zu sein? Nichts! Um es vorweg zu nehmen: Ich wurde ausnahmsweise NICHT von der Polizei kontrolliert.
Am Samstagnachmittag wanderte ich zunächst nach Aarburg und wieder nach Zofingen zurück. Unterwegs begegnete ich an verschiedenen Orten zwei Arbeitskollegen. Der erste (ein Fußgänger) fragte mich, wo mein Velo geblieben wäre. Daß ich barfuß war und kurze Hosen trug, sprach er nicht an (vermutlich hätte er gelästert, wenn ich Schuhe oder lange Hosen getragen hätte). Der andere Arbeitskollege (ein Radfahrer) frotzelte: "Was, du trägst bei so hohen Temperaturen eine Jacke? Wenn das so weiter geht, frierst du in 10 Jahren bereits bei 30°C im Pelzmantel und mit Mütze!" um dort ab. Er selber trug übrigens auch eine Jacke, dazu lange Hosen und Schuhe, jedoch keine Mütze.
Kurz nach 16 Uhr erreichte ich den Zofinger Weihnachtsmarkt. Das Kopfsteinpflaster in der Altstadt war angenehm barfuß begehbar. Aber kein anderer außer mir tat es, fette Schuhe waren Trumpf. Auch war niemand sonst in kurzen Hosen, und viele Leute trugen Handschuhe und Mützen, vor allem Kinder. Was sollen die denn anziehen, wenn es mal wirklich richtig kalt ist, so wie im Fichtelgebirge? Viele Kinder machten große Glotzaugen, während Erwachsene meine nicht allzu winterliche Kleidung nur dann mitbekamen, wenn ich nicht im Gedränge war. Oder sie merkten es, wenn Kinder etwa folgendes sagten: "Lueg, der Mann, barfuß!"
Auch hier traf ich einige Bekannte, die jedoch unaufgefordert nach unten blickten, etwa der Vater unserer Abteilungssekretärin. Er sagte: "So wie ich es mir gedacht habe! Da hinten ist ein Glühweinstand, das tut gut." ich unterhielt mich auch mit einem mir unbekannten Mann. Er sprach mich an mit der Bemerkung, daß er mich schon öfters in der Stadt so gesehen hätte. Ihn schien das Thema zu interessieren, auch, ob es dazu Training benötigte. Nicht nachvollziehen konnte er, daß es Leute gibt, die gleich die Polizei rufen, wenn sie einen barfuß auf der Straße sehen. Er sagte dazu: "Irgendwie erinnert es mich daran, daß es in Hitlerdeutschland auch "Normalbürger" gab, die jeden Juden den Behörden meldeten. Dabei schadet man doch niemandem, egal, ob man barfuß läuft oder Jude ist." Ich entgegnete: "Aber wenigstens wird man in der Schweiz nicht gleich vergast, wenn man barfuß läuft." Darauf der Mann: "Daß Juden überhaupt vergast wurden, hat der Allgemeinbürger erst erfahren, als es mit der Diktatur vorbei war. Vielleicht erfährt man in einem Nachfolgestaat auch erst, was in der heutigen Schweiz an unrechten Dingen geschah. Möglicherweise auch, daß Menschen, die sich durch fehlende Schuhe oder weniger Kleidungsstücke von der Allgemeinheit unterschieden, aber auch Arbeitsunwillige, Invaliden usw. für immer aus dem Verkehr gezogen wurden!" "Und in Zofingen womöglich noch diejenigen, die die Parkbußen nicht bezahlen können oder wollen", meinte ich lächelnd.
Am Sonntag wollte ich eigentlich zum Heiternplatz bzw. Hirschpark. Ich war auch dort. Als ich sah, daß sich am Himmel etwas zusammenbraute, ging ich in die Altstadt zum Weihnachtsmarkt, weil ich mich dort unterstellen konnte (ich hatte nur eine normale Jacke dabei, keine Regenjacke). ich erreichte sie auch, bevor es richtig losging. Wenn Leute mit Schirmen im Gedränge sind, fühlt man sich als Nichtschirmträger irgendwie "bedroht". Einziger Vorteil: Die Gefahr, daß man als Barfüßer die fetten Stiefel der anderen Besucher auf den Zehen zu spüren bekommt, wird kleiner. Gefährlicher werden höchstens die beschirmten Kinderwagenschieber, sie sehen nicht, wohin sie schieben. Die Räder eines Kinderwagens sind sicher nicht angenehm auf den Zehen. Mir passierte aber nichts.
Als ich mich unter ein Vordach gestellt hatte, kamen ein paar junge Frauen zu mir, eine fing gleich an zu labern: "Du holst dir noch eine Erkältung, oder eine Hirnhautentzündung, eine Nierenentzündung eine Blasenentzündung..., wenn du keine Schuhe, keine Socken und kein lange Hose trägst." Sie zählte alle möglichen Krankheiten auf, wobei sie Sars und Fuchsbandwurm vergaß. Sie sagte, ich soll nach Hause gehen, mir was wärmeres holen und dann wiederkommen. Darauf entgegnete ich: "Es ist nicht zu kalt. Gefährlich wird es erst, wenn die Kleidung naß wird. Wenn ich jetzt im Regen nach Hause gehe, ist die Jacke total durchnäßt, und DANN kann ich mir was aufsacken. Daher bleibe ich hier, bis der Schauer vorbei ist." Dann ging sie weiter.
Als der Regen vorbei war, ging ich noch einmal über den Weihnachtsmarkt. Auf dem noch nassen Pflaster (und aufgrund der Tatsache, daß jetzt weniger Betrieb war) brachte das Barfusslaufen noch mehr Spaß. Dann wanderte ich nach Hause, bevor der nächste Schauer niederging.
Die Sekretärin hat mich gestern angesprochen, sie hat von mehreren Personen über meinen barfüßigen Marktbesuch erfahren. Sie sagte nur: "Wenn das deine Mutter wüßte!"
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen