Eine Meldung aus Renens (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 11.12.2007, 16:19 (vor 6127 Tagen)

Von meiner barfüßigen Bahnfahrt durch die Schweiz am 17.11.2007 habe ich ja in diesem Forum berichtet. Auch über die Vorkommnisse am Bahnhof von Renens.
Auf meine Beschwerde erhielt ich folgende Antwort:

" Monsieur,

Nous accusons réception de votre courriel daté du 20 novembre 2007, lequel a retenu notre meilleure attention.

Renseignement pris auprès des policiers, il apparait que ces derniers vous ont interpellé car il est rare de croiser des gens marcher sans chaussures, surtout en hiver et ils se sont inquiétés de votre état de santé.

En espérant que vous comprendrez les raisons de votre interpellation, nous vous prions de croire, Monsieur, à l'assurance de notre parfaite considération.

Direction de la Sécurité publique
1020 Renens "

Soweit die Antwort. Zwar beherrsche ich kein französisch, aber irgendwie interpretiere ich daraus, daß die Polizisten sich nur Sorgen um meine Gesundheit gemacht haben, weil ich im Winter ohne Schuhe war, was eher selten sei.

Das ist aber eine sehr billige Antwort zu dem, was wirklich vorgefallen war. Vermutlich hat die Person, die mir die Antwort übermittelt hat, einfach nur im "offiziellen Polizeiprotokoll" nachgeschaut, und mehr stand da wohl nicht drin. Nichts von den diskriminierenden Methoden, die tatsächlich vorgefallen waren und die ich der Polizei in folgendem Mail auch deutsch und deutlich mitgeteilt habe:

" Sehr geehrte Damen und Herren,

entschuldigen Sie bitte, dass ich die in meinem Wohnkanton Aargau übliche deutsche Sprache verwende, aber ich bin der französischen Sprache nicht mächtig. Der Anlass meines Schreibens ist der Polizeieinsatz der Stadtpolizei Renens am Bahnhof am vergangenen Samstagabend (17.11.2007). Folgendes war vorgefallen:

Ich erreichte den Bahnhof Renens um 19.06 Uhr mit dem Regioexpress aus Richtung Genf.
Ich wollte die Metro in Richtung Lausanne-Flon (Abfahrt 19.07 Uhr) noch erreichen und hatte es entsprechend eilig, um zum Perron der Metro zu gelangen.

Ich besass eine Tageskarte der SBB, die zur uneingeschränkten Benutzung der meisten Schweizer öffentlichen Verkehrsmittel (darunter auch der TSOL) an diesem berechtigte.

Da ich an diesem Tag die meiste Zeit in geheizten Zügen verbringen wollte und längere Aufenthalte im Freien nur auf der Alpensüdseite (Temperatur +8°C) vorgesehen waren, verzichtete ich auch auf allzu winterliche Bekleidung. Sommerjacke und kurze Hosen waren völlig ausreichend, auch das Tragen von Schuhen hielt ich für unnötig.

Die Metro erreichte ich nicht mehr, daher wartete ich auf die nächste (Abfahrt 19.22 Uhr).

Ich hatte bereits in der Metro Platz genommen, als uniformierte Beamte der Stadtpolizei Renens den Wagen betraten und mich zum Aussteigen zwangen.

Ich musste die Jacke ausziehen, mich an das Polizeifahrzeug stellen, während die Beamten unsanft meinen gesamten Körper nach Waffen oder Drogen abtasteten.

Dieses geschah in Anwesenheit anderer Leute.

Mir fiel auch eine junge Dame in Zivil auf, von der ich erst vermutete, dass sie aus Sorge um meine Gesundheit die Polizei gerufen hätte. Dieses war aber nicht der Fall. Die junge Dame war nämlich selber Polizistin. Ich vermute, dass sie, als "harmlose Zivilistin" getarnt den Bahnhof observiert hatte, um "verdächtige" Personen ihren uniformierten Kollegen zu melden.

Ich wurde im Polizeifahrzeug zur Polizeistation Renens gefahren, die junge Dame war auch im Fahrzeug.

Ich wurde in eine Zelle eingesperrt und musste alles abgeben, sogar meine Armbanduhr.

Zeitweise war ich alleine, konnte jedoch erkennen, dass ich durch das Fenster in der Zellentür zeitweilig beobachtet wurde. Durch das Spezialfensterglas waren jedoch nur Silhouetten erkennbar.

Zeitweise wurde ich aber auch von einen Beamten, der deutsch konnte, befragt. Die Fragen, die gestellt wurden, fand ich sehr befremdlich. Etwa die Frage, was ich in Renens wollte, warum ich barfuss war usw. Besonders empört hat mich der Satz: "Ich weiss nicht, wie es im Kanton Aargau ist. Aber im Kanton Waadt haben wir mit Männern, die im Winter in kurzen Hosen und ohne Schuhe angetroffen werden, ein Problem!" Mit Frauen in vergleichbarer Aufmachung etwa nicht?

Nach erfolgter Befragung wurden mir die Sachen wieder zurückgegeben, jedoch in einem chaotischen Zustand. So wurden Ausweispapiere nicht etwa wieder in die Brieftasche gesteckt, sondern lieblos direkt in den Rucksack gesteckt. Nichts war mehr beieinander.
Ich wurde wieder an den Bahnhof gefahren, von den Beamten bis an den Bahnsteig begleitet, von dem die nächste Metro um 20.22 Uhr abfahren würde.

Mein Kommentar zu diesem Polizeieinsatz:

Zweifellos war meine Kleidung weniger winterlich als die anderer Bürger. Aber in der Schweiz gibt es kein Gesetz, das das Tragen von kurzen Hosen und das Barfusslaufen verbietet oder auch nur auf bestimmte Jahreszeiten beschränkt. Daher war es unverhältnismässig, mich in Gegenwart anderer Leute wie einen Schwerverbrecher zu behandeln. Es wäre noch verhältnismässig gewesen, mich im Zug zu kontrollieren. Ich hätte ja Opfer eines Raubüberfalls gewesen sein können. Solange man mir keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit nachweisen kann, ist niemand berechtigt, mich an der Weiterreise zu hindern. Es bestand doch kein Anlass dazu, dass ich die Metro beschädigen würde. Also hätten die Beamten sehr wohl im fahrenden Zug die Kontrolle fortsetzen können. Das Abführen in die Zelle, wie man es bei mir gemacht hat, grenzt an Freiheitsberaubung. Das ist eine STRAFTAT! Wir alle sind daran an die Gesetze gebunden, auch Polizisten. Während ich gegen kein Gesetz verstossen habe, haben sich diese Beamte eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit schuldig gemacht. Mit welchem Recht unterstellen sie einem Menschen, der in der Schweiz einer geregelten Arbeit als Chemiker in einem mittelständischen Unternehmen nachgeht und in der Freizeit aus gesundheitlichen Gründen am liebsten auf Schuhe und allzu winterliche Kleidung verzichtet, gleich ein schweres Verbrechen? Das ist reine Beamtenwillkür! Als unbescholtener Schweizer Bürger, der immer pünktlich seine Steuern bezahlt, habe ich Anspruch darauf, dass sich die Polizei, auch die Stadtpolizei Renens, auf ihre Kernkompetenzen beschränkt. Und dazu gehört, dass die Verkehrsregeln in der Stadt eingehalten werden, öffentliche Anlagen nicht beschädigt oder verschmutzt und die Bürger und Besucher der Stadt ihre Ruhe haben. Andere Tätigkeiten, die lediglich darauf ausgerichtet sind, mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel Geld durch Einnahme von Parkbussen in die Stadtkasse zu bringen oder wehrlose aus fadenscheinigen Gründen zu schikanieren, gehören nicht zum Aufgabenbereich der Polizei in einem demokratischen Rechtstaat. Was optimale Einnahme von Parkbussen anbelangt, da liegt die Stadtpolizei Renens gegenüber der der Regionalpolizei Zofingen meilenweit zurück. Aber in Bezug auf Intoleranz gegenüber andersartigem wie dem Barfusslaufen ist die Stadtpolizei Renens Schweizer Meister unter den Polizeiinstitutionen.
Soweit meine Ausführungen. Ich hoffe, dass in Zukunft derart unverhältnismässige Polizeiübergriffe gegenüber unbescholtenen Bürgern unterbleiben, während gleichzeitig wirklich gefährliche Verbrecher ungestört ihrem "Handwerk" nachgehen können, ohne dass die Polizei einen Finger krumm macht, ob aus Angst vor eigenem Schaden oder sonstigem sei mal dahingestellt. Was sollen die anderen Bürger denken, wenn sie sehen, dass ein Barfüsser wie ein Schwerverbrecher behandelt wird. Die glauben doch glatt, dass barfuss in der Öffentlichkeit wie in den USA als "Erregung öffentlichen Ärgernisses " gilt. Dabei ist Barfusslaufen gesund: Es beugt gegen Rückenbeschwerden vor und fördert die Durchblutung. Somit ist man weniger anfällig gegenüber Erkältungen, während Leute, die sich bereits bei Temperaturen um +10°C in dickste Winterkleidung einpacken, jedes Jahr ihre Erkältung bekommen. Sollte mir so ein Polizeieinsatz wieder passieren, sehe ich mich genötigt, gerichtliche Schritte einzuleiten.

Mit freundlichen Grüssen

Michael Oelting "

Soweit mein Beschwerdeschreiben. War zweifellos etwas lang geraten. Aber hätte ich nur wenige Sätze gebracht, hätte ich auch keine befriedigende Antwort bekommen. Wenn sich die Polizisten WIRKLICH Sorgen um meine Gesundheit wegen meiner "ungewöhnlichen" Bekleidung gemacht hätten, dann hätten sie mir nicht die Jacke abgenommen und minutenlang vor der Bullenschleuder stehen gelassen. Ich bleibe dabei: DIESE Polizisten, die mich in Renens kontrolliert hatten, haben unverhältnismäßig reagiert.

Auf eine gerichtliche Klage werde ich verzichten, denn Chancen hätte ich wohl keine. Die beteiligten Polizisten würden alles abstreiten. Und welcher der zufällig anwesenden Leute, die die Kontrolle beobachtet haben, würde als Zeuge vor Gericht erscheinen. Würde ich mir einen Anwalt nehmen, der sich die Mühe machen würde, nach allfälligen zeugen zu suchen, käme das verdammt teuer. Dafür ist die Sache doch nicht wichtig genug.

Zwar sind längst nicht alle Polizisten so, daß sie beim Anblick eines barfüßigen und leicht bekleideten Mannes im Winter gleich derart ausrasten. Aber überall gibt es halt schwarze Schafe. Und im Gegensatz zu "barfüßigen schwarzen Schafen" kann man die uniformierten nicht so einfach aus der Schweiz kicken, leider!

Nachdenkliche Grüße

Michael aus Zofingen

Eine Meldung aus Renens / Übersetzung

Ralf RSK, Stammposter, Tuesday, 11.12.2007, 17:08 (vor 6127 Tagen) @ Michael aus Zofingen

" Monsieur,
Nous accusons réception de votre courriel daté du 20 novembre 2007, lequel a retenu notre meilleure attention.
Renseignement pris auprès des policiers, il apparait que ces derniers vous ont interpellé car il est rare de croiser des gens marcher sans chaussures, surtout en hiver et ils se sont inquiétés de votre état de santé.
En espérant que vous comprendrez les raisons de votre interpellation, nous vous prions de croire, Monsieur, à l'assurance de notre parfaite considération.
Direction de la Sécurité publique
1020 Renens "

"Sehr geehrter Herr,

Wir bestätigen den Erhalt Ihres Schreibens vom 20.11.2007, das unsere höchster Aufmerksamkeit erhalten hat.

Bei den Polizisten eingeholten Auskünften zufolge ergibt sich, dass dieselben Sie befragt haben, weil es selten ist, auf Menschen zu treffen, die ohne Schuhe laufen, zumal im Winter, und dass sie beunruhigt waren über Ihren Gesundheitszustand.

Darauf hoffend, dass Sie die Gründe für Ihre Befragung verstehen, bitten wir Sie, mein Herr, unsere Versicherung vorzüglicher Hochachtung anzunehmen.

Direktion für Öffentliche Sicherheit
1020 Renens"

Viele Grüße, Ralf

Was Du brauchst ist ein Attest!

Barpfotenbaer, Stammposter, Tuesday, 11.12.2007, 20:52 (vor 6127 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

so häufiger Besuch bei der Polizei wäre mir langsam lästig. Versuch doch mal, Dir von einem Arzt ein Attest ausstellen zu lassen, in dem Du bescheinigt bekommst, daß Du aus diesem oder jenem Grund bei der Arbeit nach Möglichkeit keine Schuhe tragen sollst.
Du brauchst Dich ja bei der Arbeit nicht daran zu halten, aber so trägst Du ein abgestempeltes Dokument mit Dir herum, das jedem Schutzmann genügen sollte.

Medizinische Gründe für ein Attest gibt es doch immer. Rückenbeschwerden, Schwierige Kindheit, Fußklaustrophobie, ...

Herzliche Grüße vom Barpfotenbär,

PS: Deine langen* Texte kosten echt Lebenszeit. Pro Beitrag ca. 30 Minuten. Pro Woche 4 Beiträge = 2 Stunden. Im Jahr macht das runde 5 Tage pro Person. Macht 1 Jahr, hochgerechnet auf 73 Personen. Mal 80. Wenn nun also 5840 Menschen regelmäßig Deine Beiträge verfolgen würden, hättest Du damit genau ein Menschenleben auf dem Gewissen -- und damit wieder allen Grund für etwas Kontakt mit der Polizei!

* Muß ich dazuschreiben für jene, Die nicht wissen, wie lang Deine Texte wirklich sind, weil sie sie ja nie lesen, da sie ihnen zu lang sind.

Eine Meldung aus Renens

Manfred (Ten), Stammposter, Wednesday, 12.12.2007, 11:13 (vor 6127 Tagen) @ Michael aus Zofingen

...daß die Polizisten sich nur Sorgen um meine Gesundheit gemacht haben,

wenn die so g e g e n Jemanden vorgehen bei dem sie sich angeblich "nur Gedanken um seine Gesundheit" gemacht haben möchte ich die nicht bei wirklichen Rechtsverstössen erleben :-((

Das ist aber eine sehr billige Antwort zu dem, was wirklich vorgefallen war.

Vermutlich hat die Person, die mir die Antwort übermittelt hat, einfach nur im "offiziellen Polizeiprotokoll" nachgeschaut, und mehr stand da wohl nicht drin. Nichts von den diskriminierenden Methoden, die tatsächlich vorgefallen waren...

Eben ! Deshalb würde ich mich mit so einer Antwort auch nicht zufrieden geben und unter Hinweis auf die Umstände noch einmal zurückschreiben.

Ganz unbarfüssige (wegen Kompressionsstrümpfen) Grüsse von Manfred. der nach der Operation nun wieder zu Hause , aber leider noch sehr unbeweglich und mit Schmerzmitteln "abgefüllt" ist.

Eine Meldung aus Renens

Ulrich (Berlin) @, Stammposter, Wednesday, 12.12.2007, 11:34 (vor 6127 Tagen) @ Manfred (Ten)

Hallo Manfred und Michael

Das ist aber eine sehr billige Antwort zu dem, was wirklich vorgefallen war.
Vermutlich hat die Person, die mir die Antwort übermittelt hat, einfach nur im "offiziellen Polizeiprotokoll" nachgeschaut, und mehr stand da wohl nicht drin. Nichts von den diskriminierenden Methoden, die tatsächlich vorgefallen waren...

Eben ! Deshalb würde ich mich mit so einer Antwort auch nicht zufrieden geben und unter Hinweis auf die Umstände noch einmal zurückschreiben.

Das sollte dann aber in einem deutlich kürzeren Text erfolgen. Man muss bedenken, dass man in Renens französisch spricht, diese Leute dort sich also bei Michaels Briefen mit einer Fremdsprache herumschlagen und dann noch Kritik ertragen müssen. Wer ist da schon motiviert auch noch einen längeren Text zu lesen? Man überfliegt ihn vermutlich, erkennt das ein bestimmter Vorgang kritisiert wurde und schildert die eigene offizielle Sichtweise. Auf Details geht man nicht ein, weil man sie gar nicht gelesen hat.

Ganz unbarfüssige (wegen Kompressionsstrümpfen) Grüsse von Manfred. der nach der Operation nun wieder zu Hause , aber leider noch sehr unbeweglich und mit Schmerzmitteln "abgefüllt" ist.

Da du wieder zu Hause bist, wird die Operation wohl gut verlaufen sein. Das freut mich! Ich wünsche dir weiterhin gute Besserung, und dass du Schmerzen und Kompressionsstrümpfe bald wieder los bist. :-)

Viele Grüße

Ulrich

Eine Meldung aus Renens

Andi35 @, Stammposter, Wednesday, 12.12.2007, 23:50 (vor 6126 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hi Michael!

Ich bin auch der Meinung, dass die Antwort, im Gegensatz zu dem, was die da mit Dir getrieben haben, recht mager war, aber ich denke zum Teil, dass es so ist, wie Ulrich schrieb.
Es könnte gut so sein, wie er meint, dass sie nicht auf diesen langen Brief eingehen wollten und sehr wahrscheinlich auch nicht konnten, davon ausgehend, dass dort niemand so richtig der deutschen Sprache mächtig ist. Dass es daran lag, dass es andere Kollegen bearbeitet haben, die den Vorfall nur anhand des Berichtes erfuhren, glaube ich dabei weniger, bestimmt haben sich auch die Polizisten, die dabei waren und wussten, worum es geht, dessen angenommen!
Was ich nicht hoffe ist, dass sie Deinen Brief nur überflogen haben, das könnte, allein schon aufgrund der Tatsache, dass es in einem anderssprachigen Land geschah, gut möglich sein.

Dennoch denke ich, dass man sich hätte etwas mehr Mühe geben können, das wäre nach dem Vorfall schon notwendig gewesen, dazu vermute ich auch, dass sie das Unrecht erkannt und mit einer "Null-Acht-Fünfzehn"-Antwort reagiert haben um weitere Schritte Deinerseits zu vermeiden.
Zwar wissen sie nicht, dass Du keine weiteren Schritte eingeleitet hättest und das wäre wirklich zu viel des Aufwandes gewesen, aber sie befürchteten es wohl und lenkten darum mit einer halbherzigen, auf die Schnelle geschriebenen Antwort ein, so sehe ich das!
Nun ja, jetzt hast Du es ja hinter Dir und kannst das Erlebnis beruhigt "zu den Akten legen"! ;-)

Liebe Grüße nach Zofingen,
Andi

Eine Meldung aus Renens

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 13.12.2007, 06:39 (vor 6126 Tagen) @ Andi35

Hallo Andi!

Im Grund genommen haben alle, die in diesem Thread geschrieben haben recht. Mein Schreiben war in der Tat recht lang, und lange Briefe werden eher nur überflogen als kurze. Aber wie will man das in wenige Worte fassen?

Dann kommt die Sprachdifferenz hinzu. Ich kann kein französisch, und von denen können einige kein und andere nur wenig deutsch, wodurch auch Mißinterpretationen möglich wären. Möglicherweise wären die Kontrollen weniger intensiv gewesen, wenn ich perfekt französich könnte. Ich habe den Eindruck, als ob die Polizeikontrollen im nicht-deutschsprachigen Raum (Frankreich, französichssprachige Schweiz, italienischsprachige Schweiz) mühsamer waren als im deutschsprachigen Raum. Manchmal habe ich sogar den Eindruck, als ob selbst "unterschiedliches Deutsch" eine Barriere darstellt, etwa wenn der Polizist normalerweise Schweizerdeutsch spricht und ich hochdeutsch. Entweder sieht er sich gezwungen hochdeutsch zu sprechen(weil er glaubt, ich würde kein Schweizerdeutsch verstehen, was nicht der Fall ist), was ihm schwerfällt, oder er hat Mühe, überhaupt hochdeutsch zu verstehen.

Ich vermute, daß die Antwort eine Sekretärin geschrieben hat, die deutsch kann. Mein Schreiben wurde vermutlich von einem Beamten gelesen, der mich wegen der Barfüßigkeit schikaniert hatte und etwas deutsch kann. Dann hat er vermutlich zur Sekretärin (auf französisch)gesagt: "Ach ja, das war dieser Penner, der barfuß auf dem Bahnhof rumlief. Schreib ihm, daß wir uns Sorgen um seine Gesundheit gemacht haben und dann den üblichen Senf! Dann ist die Wahrscheinlichkeit am geringsten, daß er sich wiedermeldet."

Nun ja, jetzt hast Du es ja hinter Dir und kannst das Erlebnis beruhigt "zu den Akten legen"!

Da bleibt mir wohl nichts anderes übrig. Alles andere wäre unverhältnismäßig, also das, was ich den Beamten vorwerfe. Ich habe keine Zeit und Lust, dem ganzen noch nachzusäckeln, der Ärger würde noch größer werden. Die Kosten würden ins Unermeßliche steigen. Schließlich fehlen mir Beweise. Wie will ich (oder ein Anwalt) beweisen, daß die Behauptung, die Beamten hätten sich aufgrund meiner Barfüßigkeit Sorgen um meine Gesundheit gemacht haben NICHT stimmt und der wahre Grund Feindlichkkeit gegenüber andersartigem war? Wie will ich beweisen, daß das, was ich geschrieben habe, wirklich stimmt. "Echte" Zeugen gab es ja nicht. Irgendein Mensch hätte die Vorgänge am Bahnhof filmen müssen. Aber welcher zufällige Zeuge filmt schon solche Szenen? Und wenn die Szene von einem Begleiter von mir gefilmt worden wäre(etwa einem Redakteur, der die Reaktionen der Leute gegenüber Barfüßern im Winter aufnehmen wollte, sich jedoch unauffällig verhält, damit die Reaktionen auch repräsentativ bleiben), dann hätte die Polizei das ganze sicher als Komplott gegen die Polizei interpretiert. Möglicherweise heißt es dann: "Das Vorgehen der Polizei wurde genau gefilmt. Nicht gefilmt wurde aber, wie der Barfüßer vorher mit Steinen geworfen hat!"

Liebe Grüße von

Michael aus Zofingen

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