Barfüßige Spaziergänge (Hobby? Barfuß! 2)

Leo, Stammposter, Thursday, 18.10.2007, 14:08 (vor 6182 Tagen)

Hallo,

Am Tag vor dem angekündigten Wintereinbruch machte ich gestern einen Ausflug mit Bahn und Bus in die nahegelegenen bayerischen Alpen. Zunächst ging es zu den Valepper Almen am Spitzingsee.

Ich stieg an der Haltestelle Blecksteinhaus der Linie 9560 (nur ca. 3km vom Spitzingsee entfernt) aus und ging querfeldein über die frisch gemähten moorigen Almwiesen an der roten Valepp entlang in Richtung Norden. Hierüber wird wohl bald wieder eine Langlaufloipe führen! Der gesamte Bereich war flächendeckend kurz gemäht, so dass es auf stark federndem Moos und Gras dank des nassen Bodens nasse Füße bis fast zu den Knöcheln gab. Um 10.30h war es auf 1050m Höhe jetzt immer noch lausig kalt an den vom Moorwasser nassen Füßen! Die wärmende Sonne ließ aber bald den Pullover im Rucksack verschwinden - trotz weiterhin eiskalter Füße!

Die ganze Fläche der Moorwiesen zwischen Berg im Westen und der rotem Valepp im Osten war flächendeckend gemäht; aber die letzen ca. 100m bevor das Moor endete und es auf normaler Almwiese bergauf zur Albert-Link-Hütte weiterging, erstaunlicherweise nicht. Hinter der Hütte ging es wieder begab in das nächste kleine Moor vor dem endgültigen Anstieg zum Spitzingsee.

Der vollkommen ungemähte Boden federte noch extremer, und ich sank manchmal sogar bis über die Knöcheln ein. Plötzlich erwies sich meine kurze Hose, die immerhin noch meine Oberschenkel zur Hälfte bedeckte, als zu lang: Ich sackte mit dem linken Bein bis zur Hälfte des Oberschenkels ein, während das rechte nur bis etwa zum Knie mit nachgab. Zum Abstützen nahmen nun auch die Hände direkten Kontakt mit der braunen Moorbrühe auf, die an den Händen noch kälter zu sein schien.

Meine Gedanken kreisten zunächst um mein lustiges Treffen mit zwei jungen, bis zu den Knien braunen Damen auf dem Barfußwanderweg zwischen den Bahnhöfen Jakobsbad und Gontenbad der Appenzeller Bahnen (Strecke Gossau-Appenzell-Wasserauen, Fahrplanfeld 854): Sie hatten nichts gegen ein Foto gehabt, sondern nur trocken bemerkt: "Sie sehen gleich genau so aus!" Das hatte ich durch sorgfältige Schritte damals (am 14.8.07) noch verhindern können - aber jetzt war es soweit!

Angesichts meiner unten nassen "kurzen" Hose, kam mir dann noch der Gedanke, dass die von Michael aus Zofingen bevorzugte Hosenlänge für Moorwanderungen deutlich besser geeignet ist. Ich hatte Schwierigkeiten, überhaupt wieder aus dem Morast heraus zukommen, und nicht sofort wieder neu einzusinken. Trotz des schönen Sonnenscheins kamen daher nun langsam Erinnerungen an im Dartmoor spielende Romane und die vielen hierin im Moor spurlos Versunkenen hoch...

Endlich erreichte ich schließlich doch den rettenden Berghang, der nur läppische 50m entfernt war, und stieg querfeldein zur Forststraße hoch, die mich auf sicherem, aber steinigen, Boden zurück zur Kirche in/am Spitzingsee führte.

Nach diesem harmlosen, nur knapp einstündigen Spaziergang fuhr ich weiter mit dem Bus über Valepp und Monialm nach Tegernsee. Hier gab es dann wieder die üblichen Frage (nein mir war nicht zu kalt, und es tut nicht weh auf dem Splitt) - und wie üblich von Touristen. Nach einem Spaziergang am See entlang und zum Bahnhof fuhr ich mit dem Bus über Kreuth bis zum Achenpaß und wieder zurück nach Wildbad Kreuth.

Auf frisch und angenehm asphaltierter Straße und zum Schluß abkürzend über eine Wiese (auf der passend zu den neuen oberbayerischen Sitten keine Kühe, sondern Pferde grasten) ging ich erst zum Tagungszentrum und dann zum Wirtshaus Altes Bad. Ohne jegliche dumme Bemerkungen erhielt ich die gewünschten Informationen (keine Besichtigung möglich, keine barrierefreier Zugang vom Lokal zu den Toiletten und für einen Ausflug mit meiner Mutter daher leider ungeeignet). Auf dem Rückweg gab es dann einen positiven Kommentar zu "Barfuß über die Wiese" - wieder von Touristen.

Kurz vor der Bushaltestelle hielt ein plötzlich großer Wagen mit dem einheimischen Kennzeichen (MB für Miesbach) neben mir und eine elegant gekleidete und üppig behangene Dame fragte freundlich in reinstem Hochdeutsch: "Ihnen tuen die Füße weh! Soll ich Sie ein Stück mitnehmen?" Das hätte jetzt ein interessantes Gespräch werden können, aber da der Bus in 2 Minuten fuhr (nach meiner Uhr...) lehnte ich nur dankend ab: "Vielen Dank für das Angebot, aber ich nehme den Bus da." (Vielleicht läuft sie immer dann barfuß, wenn ihr von den Pumps die Füße wehtun?)

Weiter ging es über Tölz, Kochel und am Walchensee vorbei bis nach Mittenwald. Wegen eines schlimmen Motorrad-Unfalls am Kesselberg steckte der Bus 45 Minuten fest, so dass der geplante Abendspaziergang in Mittenwald ersatzlos entfiel. (Da der Zug schon weg war, erübrigte sich auch die Entscheidung Rückfahrt mit dem Zug über München oder mit dem Bus über Tölz.) Während der Rückfahrt im Dunkeln nach Tölz unterhielt ich mich mit dem Fahrer über alles mögliche - meine Barfüssigkeit war ihm aber offenbar kein Gesprächsthema wert...

In Tölz kamen wir sogar 2 Minuten zu früh an, und so stieg ich schon am Busbahnhof aus und ging die letzten 2 km wieder vollkommen unkommentiert zu Fuß bis zum Bahnhof.

Apropos Kommentare: Die schönste Diskussion hatte ich ausgerechnet mal in Berlin (wo es wirklich sehr wenig Kommentare gibt) und ausgerechnet mit einem Punker (die sonst auch die Barfuß-Methode der Nicht-Konformität höchstens freundlich begrinsen): Der fragte mich bei ca. 18 Grad mal, ob es denn nicht viel zu kalt wäre. Ich sagte nur: "Wenn man natürlich das ganze Jahr seine Füße in so was verpäpelt" und deutete auf seine dicken Stiefel "ist man natürlich nichts mehr gewöhnt!" Dann haben wir beide herzlich gelacht.

Gruß

Leo


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