Positive Reaktion zu barfuß (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 04.10.2007, 08:36 (vor 6196 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz,
Vielen Dank für den Hinweis auf Deinen Lösungskatalog bzl. Materialien.

Es lohnt sich auf alle Fälle, zum Nachdenken anzuregen. Leider greifen die Erbauer von Naturlehrpfaden nur sehr selten den Gedanken auf, einen durchgängigen Barfußpfad zu gestalten. Ich kenne bislang nur dieses Beispiel. Dabei können alle Naturlehrpfade als Barfußpfade gestaltet werden -- das ist doch wirklich naheliegend. Etwa mit angenehmen Wegen aus Holzschnitzeln mit einer Abdeckung von Rindenmulch.

Da hast Du vollkommen recht. Natürlich kann man nicht alle Naturlehrpfade über einen Kamm scheren. Ich kenne die Gegend nicht, die Du in Deinem Beispiel erwähnt hast. Soweit ich die Beschreibung richtig interpretiere, ist dort das chlor- und kostenfreie Waldschwimmbad der eigentliche Mittelpunkt und der Waldlehrpfad eine wertvolle Ergänzung. Und dort, wo der Waldlehrpfad angelegt ist, ist die Flora und Fauna nicht anders als im näheren Umkreis. Über weiteres "Beiwerk" zu "Deinem" Waldlehrpfad wurde ja schon in einem anderen Thread heftig diskutiert.

Beim Naturlehrpfad in Ettiswil sieht es etwas anders aus. Es handelt sich um eine stillgelegte Kieskuhle, das damalige Betriebsgebäude wird heute als Arbeitsgebäude für den Verein (und hat auch eine gebührenfreie Toilette für die Besucher, in der man sich als Barfüßer nicht ekeln muß). Direkt neben dem Gelände wird noch heute Kies abgebaut, dort ballern an gewissen Tagen auch legal die Flintenweiber und -männer herum. Und rings herum nur Landwirtschaft. Anstatt die stillgelegte Kieskuhle zuzuschütten, wurde sie so belassen, was dazu geführt hat, daß sich dort Pflanzen und Tiere angesiedelt haben, wie es sie rings herum nicht mehr gibt. Ein wahres Biotop!

Und diese Lebewesen sind die Hauptakteure. Die meisten dieser Hauptakteure, z.B. Frösche, Kröten, Molche, Eidechsen, Vögel sind übrigens barfuß, aber nicht alle. Es gibt dort auch Tiere, die nicht barfuß sind, aber auch nicht fett beschuht, z.B. Schlangen, Blindschleichen. Ein solches Reservat muß natürlich erhalten bleiben. Die Menschen, die sich dort aufhalten, sind nur Gäste. Durch den Naturlehrpfad auf diesem Gelände sollen die Menschen anhand von Tafeln, Fühlstrecken usw. der Natur näher gebracht werden, andererseits sollen sie die seltenen Tiere und Pflanzen auch live beobachten können, möglichst ohne sie zu stören. Und letzteres ist barfuß besonders gut möglich. Wer barfuß geht, macht weniger Lärm und erschreckt die Tiere weniger als ein Mensch mit fettem Schuhwerk. Man hat also als Barfüßer mehr Chancen, die Tiere bei ihrem Treiben zu beobachten und sie zu fotografieren, mit welcher Art von Kamera auch immer. Andererseits achtet der Barfüßer auch im Naturlehrgebiet mehr auf Dornen, so daß die wehrhaften Pflanzen, die durchaus auch ihre Existenzberechtigung haben, nicht zertreten werden. Das kommt auch manchem Fröschlein zugute, denn welcher Barfüßer hat schon gerne zertretene Tiere zwischen den Zehen? Und schon im eigenen Interesse achtet man als Barfüßer mehr darauf, daß man mit Glas, Nägeln usw. sorgfältiger umgeht, was auch der Natur zugute kommt.

Auch wenn die selbsternannten Off-topic-Jäger in diesem Forum es nicht gerne hören: Im Naturlehrgebiet Ettiswil ist die Natur der Mittelpunkt, barfüßige Menschen sind nur Beiwerk. Er darf nicht zum Tummelplatz für Leute werden, die nur deswegen kommen, weil sie dort barfuß laufen "dürfen", aber für die Natur nicht das geringste Interesse haben. Es kann sicher nicht Sinn der Sache sein, daß Leute die Weiher, in denen gerade Kaulquappen geschlüpft sind, als Kneippbecken mißbrauchen. Auch sind laut juchzende Kinder, wenn sie barfuß ins nasse Gras treten oder auf eine Buchecker, nicht gerade eine Bereicherung für ein Biotop.

Daher muß man hier den Spieß auch anders ansetzen als in Deinem Beispiel: Man will die Natur schützen, und man will die Leute sensibilisieren, daß sie mit der Natur schonungsvoll umgehen, und zwar nicht nur im Biotop, sondern auch anderswo. Und wenn die Leute erfahren haben, daß es barfuß besser geht als mit Schuhen, dann besteht die Hoffnung, daß Naturfreunde auch außerhalb des Biotops auf störendes Schuhwerk verzichten. Was Untergründe der Wege anbelangt, so halte ich es in einem Biotop für am sinnvollsten, wenn man nicht viel unternimmt, sondern sich darauf beschränkt, störende Ranken wegzuschneiden. Wenn Schotterwege einige Zeit sich selbst überlassen bleiben und kaum Fahrzeuge darüber fahren, dann wachsen schon Moose usw., so daß der Weg barfußfreundlich wird. Und wenn trotzdem mal ein Fahrzeug hinüberfährt (es fahren dort nur Fahrzeuge, die mit Arbeiten am Biotop selber beschäftigt sind), dann sorgt auch der überwachsene Weg dafür, daß diese Fahrzeuge nicht in Grund und Boden versinken. In gut einer Woche habe ich einen Termin vor Ort. Ich werde sicher davon hier berichten.

Von einem "Barfußzwang" in einem Biotop halte ich übrigens nichts. Dann würde man nämlich diejenigen Leute ausklammern, die sich für die Natur interessieren, jedoch aus irgendwelchen Gründen nicht barfuß laufen mögen. Und wenn es nur "ein bißchen zu kalt" ist. Auch sehe ich keine Gefahr, daß das Biotop die Pädophilen wie Ratten und Schmeißfliegen anzieht, nur weil ein paar mehr Leute dort ein Leben auf freiem Fuß (egal ob in Kombination mit Burka, Bikini oder irgend was dazwischen) bevorzugen. Oder von Fotografen, die heimlich die barfüßigen oder auch fett beschuhten Personen fotografieren, die Fotos in Einzelteile zerlegen und diese gliedmaßenweise in die Weiten des Internets zerstreuen. Und selbst wenn, mich stört es nicht. Fotos zerlegen schmerzt doch nicht! Solange man mich nicht selber in Einzelteile zerlegt und meine Gliedmaßen im Internet zerstreut. Aber so weit ist die Technik heute noch nicht.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen


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