Positive Reaktion zu barfuß (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Tuesday, 02.10.2007, 12:23 (vor 6263 Tagen)

Den "Barfußweg" im Naturlehrgebiet Buchwald in Ettiswil habe ich ja in diesem Forum erwähnt. Aber nicht nur im Forum, auch den Betreibern habe ich mein Empfinden mitgeteilt, und zwar mit folgendem Mail:

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Liebe Naturfreunde!

Schon seit Jahren fahre ich immer wieder mal ins Naturlehrgebiet Buchwald in Ettiswil. Die ehemalige Kieskuhle ist wirklich ein ideales Rückzugsgebiet für Tiere, die man sonst nur selten vorfindet (oder zumindest nicht so einfach zu Gesicht bekommt). Aber auch die verschiedensten Tafeln und sonstigen Einrichtungen (z.B. Baumtelefon, Schöpfrad) sind interessant. Was nützt es einem Menschen, wenn er die Tiere zwar sieht, jedoch nicht weiss, um welche Tiere es sich handelt? Auf diese Weise wird den Schulklassen, den Familien, aber auch "nur" denjenigen Wanderern und Velofahrern, die zufällig vorbeikommen, die Natur näher gebracht.

Als ich am letzten Samstag wieder einmal dort war, fand ich etwas vor, was vorher noch nicht da war: der "Barfussweg". Ich finde es toll, dass Sie auch an den Tastsinn gedacht haben. Während Auge, Ohr und Nase auch heute noch wichtige Reize der Umwelt aufnehmen, wird in der zivilisierten Welt der Tastsinn weitestgehend ausgeschaltet, weil der "moderne" Mensch seine Füße in "fettes Schuhwerk" sperrt. Das Gefühl fürs natürliche geht dadurch verloren. Durch den "Barfussweg" lernt man wieder die Untergründe ertasten. Aber nicht nur auf dem Barfussweg, auch in der Nähe des Schöpfrades ist es sinnvoll, sich der Schuhe zu entledigen. Besonders Kinder laufen gerne barfuss, aber auch manch ein Erwachsener macht es gerne - oder würde es gern machen, wenn da nicht die Angst vor Scherben, irritierten Blicken anderer und allfälligem Ärger mit der Polizei wäre.

Was spricht eigentlich dagegen, das gesamte Naturlehrgebiet barfussfreundlicher zu gestalten? Barfuss laufen ist die natürlichste Art, sich von einem Ort zum anderen zu bewegen. Und das passt doch zu einem Naturlehrgebiet. Ohne Schuhe bewegt man sich ja leiser und kann dann näher an die Tümpel herangehen, ohne dass die Frösche gleich davonhüpfen. Und gesünder ist es obendrein auch noch: Die Wirbelsäule und die Knie werden geschont und es beugt gegen Erkältung vor. Eine barfussfreundliche Gestaltung ist gar nicht mal aufwendig, man muss nur weniger grosszügig mit Schotter umzugehen. Was nützt ein "Barfussweg", wenn man erst etliche Meter fiesen Schotter überwinden muss. Akademisch sinnvoll wäre ein beschilderter "Barfussweg" gleich am Eingang des Naturlehrgebietes. Der Besucher würde sich aus Neugier die Schuhe ausziehen. Und wenn am Ende des "offiziellen Barfussweges" nicht gleich ein "Schotterpiste" folgt, dann wird manch ein Kind die Schuhe gar nicht wieder anziehen wollen, bevor der Besuch des Lehrgebietes abgeschlossen ist. Oder die Schuhe werden auch im Auto nicht mehr angezogen. Und beim nächsten mal bleiben sie gleich zu Hause. Im Naturlehrgebiet wird man sicher nicht von der Polizei kontrolliert, nur weil man barfuss läuft (im innerstädtischen Bereich sieht das leider anders aus, obwohl es auch dort nicht verboten ist, nur unüblich).

Natürlich darf ein Naturlehrgebiet nicht zu einem Barfusspark wie etwa in Bad Sobernheim werden, letzterer ist kommerz-orientiert, und das würde der Natur nicht bekommen. Es soll jedem einzelnen überlassen bleiben, ob er sich beim Besuch Schuhe trägt oder nicht. Eines interessiert mich noch. Hat der "Barfussweg" im Naturlehrgebiet schon viele dazu bewegen können, sich der Schuhe zu entledigen? Nur bei Kindern, oder auch bei Erwachsenen. Mehr bei einzelnen Kindern oder hauptsächlich bei Schulklassen auf "Befehl" des Lehrers?

Ansonsten bleibt zu hoffen, dass das Naturlehrgebiet weiterhin von den Tieren als Refugium angenommen wird und die übermächtigen Lobbyisten der Schiessgilde sich einen anderen Ort suchen, wo sie nach Herzenslust rumballern können, wo sie weder die Tierwelt beeinträchtigen, noch unbeteiligten Wanderern Gehörschäden zuzufügen. Auch hoffe ich, dass das Naturlehrgebiet nicht zum Rückzugsort für Drögeler usw. wird, die dort Feuer machen, Flaschen zertrümmern und Abfälle achtlos liegen lassen. Gab es diesbezüglich schon Probleme?

Schöne Grüsse
Michael Oelting

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Darauf erhielt ich folgende Antwort:

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Guten Abend Herr Oelting

es freut mich, dass Ihnen unsere Einrichtungen im Naturlehrgebiet gefallen. Herzlichen Dank für das Feedback.

Ich fände es auch schön, wenn das ganze Naturlehrgebiet "barfusstauglich" wäre. Wie Sie schreiben, könnte man die Leute beim Eingang animieren, barfuss zu gehen. Es bliebe also die Frage, ob die Wege alle mit was anderem als Schotter gemacht werden können, um das Barfusgehen zu erleichtern. Drittens bleibt noch die Frage des Risikos:
Es arbeiten ja bei uns viele Klassen, viele Kinder unterschiedlichen Alters, so bleibt halt auch mal ein Nagel irgendwo liegen, oder ein Glasbehälter geht in Brüche. Hier könnte man nicht viel mehr machen, als möglichst immer alles einzusammeln, aber ein gewisses Risiko - ich denke, vertretbar - würde übrigbleiben.

Der Hauptweg ist ein sehr alter Fahrweg (aus der Zeit des Kiesabbaus) und entsprechend verdichtet. Für uns ist das nicht schlecht, da doch ab und an Fahrzeuge (von Autos über Traktor bis Lastwagen und sogar
Bagger..) darüber wegfahren. Wir können also sicher nicht das Trassee zerstören. Aber vielleicht könnte man mit einem Sandstreifen in der Mitte den Weg für Barfussgänger begehbarer machen?

Auch die Tritte der Treppen haben wir jeweils mit Strassenbrechkies gefüllt - die sind wahrscheinlich auch entsprechend unangenehm zu begehen? Vielleicht könnte ich sie mit einem Rundkies-Sandgemisch füllen, was allerdings sicher einiges teurer wäre.

Wenn Sie wieder mal bei uns sind und Zeit haben, wäre es für mich sehr hilfreich, wenn Sie mir vor Ort zeigen könnten, welche Wege besonders eine Verbesserung bräuchten. Dann könnten wir uns überlegen, ob und wie es machbar wäre.

Der Barfussweg wird vor allem von Kindern und Jugendlichen spontan und gerne benutzt - weniger auf Führungen (da ist oft wenig Zeit, aber wenn wir etwas mehr Zeit haben, gehe ich gerne mit der Klasse auf den Weg).
Unter den Erwachsenen ist es vielleicht mal ein Elternteil, der mitmacht - aber so genau habe ich das nicht beobachtet, wieviele Leute die Schuhe ausziehen.

Bezüglich der Jäger/Jagdstand wird es in absehbarer Zeit allerdings keine Änderung geben. Tatsächlich ist der Lärm enorm, wenn sie schiessen. Alles was wir tun können, ist die Jagdzeiten - welche die Jäger uns kommunizieren - auf unserer homepage aufzuführen [www.naturlehrgebiet.ch] Rubrik Agenda, ganz unten). So können Sie immerhin ihre Besuche so planen, dass Sie nicht "lärmbeschossen"
werden.

Bezüglich Drögeler oder Partygänger im Gebiet haben wir keine grossen Probleme, zum Glück. Es ist wohl hierrum bekannt, dass ich auch mal am Abend, auch am Wochenende, auftauchen kann. So wird praktisch nie gebrätelt von privaten Besuchern, was ja auch nicht erlaubt ist.
Gelegentlich kommt es vor, dass ein paar Jugendliche in der offenen Halle zusammen sitzen und auch etwas trinken, aber nicht sehr oft. Es kann dann schon mal vorkommen, dass eine Flasche zurück bleibt, aber der Müll von solchen "Anlässen" hält sich sehr in Grenzen.
Zigarettenkippen und sonstiger Abfall von "normalen" Tagesbesuchern macht da sicher viel mehr aus.

Freundliche Grüsse und vielleicht bis demnächst, wenn wir die Barfussidee vor Ort weiter entwickeln können.
(Name des Schreibers wird aus Diskretionsgründen hier nicht erwähnt)

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Man sieht, daß auch außerhalb des Forums barfuß ein Thema ist.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

Positive Reaktion zu barfuß

Lorenz, Stammposter, Tuesday, 02.10.2007, 23:43 (vor 6263 Tagen) @ Michael aus Zofingen

Hallo Michael,

Es lohnt sich auf alle Fälle, zum Nachdenken anzuregen. Leider greifen die Erbauer von Naturlehrpfaden nur sehr selten den Gedanken auf, einen durchgängigen Barfußpfad zu gestalten. Ich kenne bislang nur dieses Beispiel. Dabei können alle Naturlehrpfade als Barfußpfade gestaltet werden -- das ist doch wirklich naheliegend. Etwa mit angenehmen Wegen aus Holzschnitzeln mit einer Abdeckung von Rindenmulch.

"Es arbeiten ja bei uns viele Klassen, viele Kinder unterschiedlichen Alters, so bleibt halt auch mal ein Nagel irgendwo liegen, oder ein Glasbehälter geht in Brüche. Hier könnte man nicht viel mehr machen, als möglichst immer alles einzusammeln, aber ein gewisses Risiko - ich denke, vertretbar - würde übrigbleiben."

Ich denke auch, dass dieses Risiko vertretbar wäre! Beim Streetlife-Festival vor zwei Wochen hat jemand eine Bierflasche ganz nahe am Barfußpfad fallen lassen. Der hat dann die Splitter aufgesammelt und geschaut, wo er sie losewerden kann. Ich habe eine Plastikbox dafür gehabt und Schaufel und Besen. Und dann haben wir alle Splitter weggemacht -- und kein nackter Fuß ist zu Schaden gekommen :-))

"Wenn Sie wieder mal bei uns sind und Zeit haben, wäre es für mich sehr hilfreich, wenn Sie mir vor Ort zeigen könnten, welche Wege besonders eine Verbesserung bräuchten. Dann könnten wir uns überlegen, ob und wie es machbar wäre."

Wenn dazu guter Rat gefragt ist, kann dieser aus dem Lösungskatalog meinr HP bezogen werden. Und wenn Interesse besteht, zögere ich auch nicht, mich persönlich einzubringen!

Barfüßige Grüße von Lorenz

Positive Reaktion zu barfuß

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 04.10.2007, 08:36 (vor 6261 Tagen) @ Lorenz

Hallo Lorenz,
Vielen Dank für den Hinweis auf Deinen Lösungskatalog bzl. Materialien.

Es lohnt sich auf alle Fälle, zum Nachdenken anzuregen. Leider greifen die Erbauer von Naturlehrpfaden nur sehr selten den Gedanken auf, einen durchgängigen Barfußpfad zu gestalten. Ich kenne bislang nur dieses Beispiel. Dabei können alle Naturlehrpfade als Barfußpfade gestaltet werden -- das ist doch wirklich naheliegend. Etwa mit angenehmen Wegen aus Holzschnitzeln mit einer Abdeckung von Rindenmulch.

Da hast Du vollkommen recht. Natürlich kann man nicht alle Naturlehrpfade über einen Kamm scheren. Ich kenne die Gegend nicht, die Du in Deinem Beispiel erwähnt hast. Soweit ich die Beschreibung richtig interpretiere, ist dort das chlor- und kostenfreie Waldschwimmbad der eigentliche Mittelpunkt und der Waldlehrpfad eine wertvolle Ergänzung. Und dort, wo der Waldlehrpfad angelegt ist, ist die Flora und Fauna nicht anders als im näheren Umkreis. Über weiteres "Beiwerk" zu "Deinem" Waldlehrpfad wurde ja schon in einem anderen Thread heftig diskutiert.

Beim Naturlehrpfad in Ettiswil sieht es etwas anders aus. Es handelt sich um eine stillgelegte Kieskuhle, das damalige Betriebsgebäude wird heute als Arbeitsgebäude für den Verein (und hat auch eine gebührenfreie Toilette für die Besucher, in der man sich als Barfüßer nicht ekeln muß). Direkt neben dem Gelände wird noch heute Kies abgebaut, dort ballern an gewissen Tagen auch legal die Flintenweiber und -männer herum. Und rings herum nur Landwirtschaft. Anstatt die stillgelegte Kieskuhle zuzuschütten, wurde sie so belassen, was dazu geführt hat, daß sich dort Pflanzen und Tiere angesiedelt haben, wie es sie rings herum nicht mehr gibt. Ein wahres Biotop!

Und diese Lebewesen sind die Hauptakteure. Die meisten dieser Hauptakteure, z.B. Frösche, Kröten, Molche, Eidechsen, Vögel sind übrigens barfuß, aber nicht alle. Es gibt dort auch Tiere, die nicht barfuß sind, aber auch nicht fett beschuht, z.B. Schlangen, Blindschleichen. Ein solches Reservat muß natürlich erhalten bleiben. Die Menschen, die sich dort aufhalten, sind nur Gäste. Durch den Naturlehrpfad auf diesem Gelände sollen die Menschen anhand von Tafeln, Fühlstrecken usw. der Natur näher gebracht werden, andererseits sollen sie die seltenen Tiere und Pflanzen auch live beobachten können, möglichst ohne sie zu stören. Und letzteres ist barfuß besonders gut möglich. Wer barfuß geht, macht weniger Lärm und erschreckt die Tiere weniger als ein Mensch mit fettem Schuhwerk. Man hat also als Barfüßer mehr Chancen, die Tiere bei ihrem Treiben zu beobachten und sie zu fotografieren, mit welcher Art von Kamera auch immer. Andererseits achtet der Barfüßer auch im Naturlehrgebiet mehr auf Dornen, so daß die wehrhaften Pflanzen, die durchaus auch ihre Existenzberechtigung haben, nicht zertreten werden. Das kommt auch manchem Fröschlein zugute, denn welcher Barfüßer hat schon gerne zertretene Tiere zwischen den Zehen? Und schon im eigenen Interesse achtet man als Barfüßer mehr darauf, daß man mit Glas, Nägeln usw. sorgfältiger umgeht, was auch der Natur zugute kommt.

Auch wenn die selbsternannten Off-topic-Jäger in diesem Forum es nicht gerne hören: Im Naturlehrgebiet Ettiswil ist die Natur der Mittelpunkt, barfüßige Menschen sind nur Beiwerk. Er darf nicht zum Tummelplatz für Leute werden, die nur deswegen kommen, weil sie dort barfuß laufen "dürfen", aber für die Natur nicht das geringste Interesse haben. Es kann sicher nicht Sinn der Sache sein, daß Leute die Weiher, in denen gerade Kaulquappen geschlüpft sind, als Kneippbecken mißbrauchen. Auch sind laut juchzende Kinder, wenn sie barfuß ins nasse Gras treten oder auf eine Buchecker, nicht gerade eine Bereicherung für ein Biotop.

Daher muß man hier den Spieß auch anders ansetzen als in Deinem Beispiel: Man will die Natur schützen, und man will die Leute sensibilisieren, daß sie mit der Natur schonungsvoll umgehen, und zwar nicht nur im Biotop, sondern auch anderswo. Und wenn die Leute erfahren haben, daß es barfuß besser geht als mit Schuhen, dann besteht die Hoffnung, daß Naturfreunde auch außerhalb des Biotops auf störendes Schuhwerk verzichten. Was Untergründe der Wege anbelangt, so halte ich es in einem Biotop für am sinnvollsten, wenn man nicht viel unternimmt, sondern sich darauf beschränkt, störende Ranken wegzuschneiden. Wenn Schotterwege einige Zeit sich selbst überlassen bleiben und kaum Fahrzeuge darüber fahren, dann wachsen schon Moose usw., so daß der Weg barfußfreundlich wird. Und wenn trotzdem mal ein Fahrzeug hinüberfährt (es fahren dort nur Fahrzeuge, die mit Arbeiten am Biotop selber beschäftigt sind), dann sorgt auch der überwachsene Weg dafür, daß diese Fahrzeuge nicht in Grund und Boden versinken. In gut einer Woche habe ich einen Termin vor Ort. Ich werde sicher davon hier berichten.

Von einem "Barfußzwang" in einem Biotop halte ich übrigens nichts. Dann würde man nämlich diejenigen Leute ausklammern, die sich für die Natur interessieren, jedoch aus irgendwelchen Gründen nicht barfuß laufen mögen. Und wenn es nur "ein bißchen zu kalt" ist. Auch sehe ich keine Gefahr, daß das Biotop die Pädophilen wie Ratten und Schmeißfliegen anzieht, nur weil ein paar mehr Leute dort ein Leben auf freiem Fuß (egal ob in Kombination mit Burka, Bikini oder irgend was dazwischen) bevorzugen. Oder von Fotografen, die heimlich die barfüßigen oder auch fett beschuhten Personen fotografieren, die Fotos in Einzelteile zerlegen und diese gliedmaßenweise in die Weiten des Internets zerstreuen. Und selbst wenn, mich stört es nicht. Fotos zerlegen schmerzt doch nicht! Solange man mich nicht selber in Einzelteile zerlegt und meine Gliedmaßen im Internet zerstreut. Aber so weit ist die Technik heute noch nicht.

Schöne Grüße
Michael aus Zofingen

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