Emmentalfloß barfuß begleitet, 2. Teil (Hobby? Barfuß! 2)
Am Sonntag, den 23.9.2007 war die Flößer-Etappe von Aarburg nach Aarau dran, und ich wollte barfuß mit dem Fahrrad nebenher fahren. Die Veranstalter der Floßfahrt haben auch Bilder, davon angefertigt (um meine Reiseroute besser verfolgen zu können, empfiehlt es sich, die Bilder von hinten nach vorne anzuklicken):
http://www.emmentalfloss.ch/de/bilder/aarau.html?galerie=5_2&picture=
Um 8 Uhr sollte das Floß Aarburg starten. Zu diesem Zeitpunkt traf auch ich ein. Es waren nur wenige Leute am Ufer. Ein Mann, den ich auch schon am Vortag gesehen hatte, fragte, ob es nicht zu kalt sei. Auf jeden Fall wünschte er mir viel Spaß beim Fotografieren. Die Strömung der "Wog" ausnutzend, setzten sich Floß und Begleitboot in Bewegung. Neben den fett beschuhten und behüteten Flößern war auch wie auf jeder Etappe ein Besucher an Bord, diesmal jedoch keine Frau in Tracht, sondern in Zivil (aber ebenfalls fett beschuht). Ein Schuß aus der winzigen Kanone am Bug scheuchte etliche Tauben und Enten in die Luft, auch wollte ein angeleinter Hund wegrennen. In gemütlicher Fahrt begleitete ich das auf der Aare hintreibende Floß auf einem asphaltiertem Weg am Fuße des Born (Name eines Bergrückens bei Aarburg). Dort, wo der Weg beim letzten Hochwasser überschwemmt war, lag immer noch feinster Sand. Hier schob ich das Velo, man gönnt sich und seinen Füßen ja sonst nichts!
Ohne Halt passierte das Floß Olten, erst beim Stauwehr in Winznau wurde ein Halt eingelegt. Allerdings nicht, um das Floß in den Lauf der "echten" Aare hinabzusetzen (diese wäre zu flach), sondern um die Fahrgäste zu wechseln. Statt der Frau bestiegen nun ein Vater mit seinen zwei Kindern das Floß. Speziell das Mädchen starrte immer auf meine Füße. Auch sprach mich erstmalig einer der Flößer an, jedoch nicht wegen barfuß, sondern wegen meiner Ausdauer. Ich sagte, daß ich nur noch an diesem Tag nebenher fahren müßte, am nächsten Tag müsse ich wieder arbeiten. Er fragte nach der Art meiner Arbeit, meiner Herkunft usw. Ich erzählte, daß ich öfters mit dem Velo unterwegs sei. Als er erzählte, daß er mit dem Floß mal auf der Elbe von Dresden nach Hamburg geschippert sei, konnte ich es nicht verkneifen zu erzählen, daß ich im Juli mit dem Velo in die Dresdener Gegend gefahren war, und zwar anläßlich einer Barfußwanderung im Elbsandsteingebirge, organisiert von der Barfußinitiative Berlin-Brandenburg.
Weiter ging es, das erste Stück zu Fuß auf dem Weg am Oberwasserkanal. Die Mutter der beiden Kinder auf dem Floß lächelte, als sie mich barfuß das Velo schieben sah. Sie ging zu ihrem Auto, ich sah sie noch mehrere Male an Brücken, bewaffnet mit einer Kamera. Auch andere Zuschauer waren an Brücken zu sehen, manche fuhren auch ein Stück mit Velos nebenher. Aber alle anderen Radfahrer waren fett beschuht. Es schien jedoch keinen zu stören, daß ich barfuß war.
Nächste Station war das Wasserkraftwerk Gösgen. Hier gab es keine Schienenbahn, die das Floß hätte transportieren können. Auch konnte kein Kran das Floß einfach vom Oberwasser ins Unterwasser heben, dazu war das Betriebsgebäude zu hoch. Ein Lastwagen mit integriertem Kran hob das Floß in 3 Teilen auf die Ladefläche und fuhr es dann auf die andere Seite des Kraftwerks. Dann geschah das ganze in umgekehrter Reihenfolge (Das Bild, auf dem der Kran das Mittelteil von der Ladefläche nimmt, ist auch bei strenger Interpretation der Forumsregeln nicht absolut off-topic). Wieder gab es viele Zuschauer, die Erwachsen interessierten sich nur für die Technik, einige Kinder dagegen starrten auf meine Füße. Dabei war barfuß alles andere als unzweckmäßig bei meinem Vorhaben.
In Schönenwerd rannten zwei Kinder barfuß aus einem Garten an den Fluß, um dem Floß zuzuwinken. Beim Stauwehr Schönenwerd verließ das Floß den Lauf der Aare, um auf dem Oberwasserkanal in Richtung Aarau weiterzufahren. Hier waren einige Leute barfuß und in Badekleidung. Auf dem Weg parallel zum Kanal kam mir ein Arbeitskollege mit dem Velo entgegen, ohne zu meiner Aufmachung Stellung zu nehmen. Kurz vor dem Ziel mußte noch einmal Präzisionsarbeit verrichtet werden. Diesmal bedurfte es eines Tiefladers und eines Autokranes, um das Floß am Kraftwerk Aarau vorbei zu befördern. Ein Helikopter, möglicherweise gesteuert von einem barfüßigen Piloten (so was gibt es, und gar nicht mal weit von Aarau entfernt), hätte es sicher schneller geschafft. Noch mehr Zuschauer waren hier, wie schön, daß ich barfuß war und so an schlammige Orte kam, die mit fettem Schuhwerk weniger gut erreichbar sind. Nach getaner Arbeit fuhr das Floß zur "Kraftwerkinsel", um dort längere Zeit Pause zu machen. Auch hier wurden Flößerkäse und Wurst an die Zuschauer verteilt.
Von der "Insel" führte eine Sandbank in den Fluß, hier liefen auch andere barfuß. Ein Mädchen verließ sogar diesen Platz mit den Eltern, ohne die Schuhe wieder anzuziehen. Weiterhin entledigten sich Leute ihrer Schuhe, wenn sie sich auf der Rasenfläche niederließen. Auch wurden Leute vom Festgelände zur "Insel" gerudert, ein kleiner Junge war barfuß. Aber auch hier gab es Kinder, die auf meine Füße starrten.
Das Floß setzte zum Endspurt an, es mußte ja nur noch die Aare überqueren. Ich radelte über die Brücke zum Festgelände. Eine junge Frau, die vorher noch auf der "Insel" auf dem Rasen gesessen hatte, lief auch hier barfuß, ebenso saßen einige auf der Uferkante, die Schuhe neben sich gestellt. Das Floß legte an, Musik spielte, es wurden Reden gehalten. Kurz vor 18 Uhr startete auch noch ein Ballon, auf dem Rasenplatz, wo der Ballon startete, waren 3 Kinder barfuß, darunter das Mädchen auf dem "Ballonbild" rechts unten in der blauen Hose (der "böse" Fotograf hat doch glatt die Füße "abgeschnitten"). Das Mädchen daneben trug übrigens Sandalen ohne Socken wie erstaunlich viele Leute auf dem Festgelände.
Etwa eine Viertelstunde später sah ich, wie eine Gruppe aus zwei Familien ihre Fahrräder zu Abfahrt sattelten. Die drei barfüßigen Kinder und das "Mädchen in Sandalen" waren darunter. Niemand von denen änderte seinen Beschuhungsgrad bei der Abfahrt. Ich fuhr später weg und auch anders, jedoch holte ich sie irgendwo auf dem Weg in Richtung Suhr wieder ein. Beinahe wäre es noch zum Unfall gekommen. Das "Mädchen in Sandalen" war Schlußlicht der Gruppe und streifte einen Leitpfosten, wobei es sich einklemmte und nicht selber befreien konnte. Bevor einer der Erwachsenen eingreifen konnte, konnte ich das Velo entfernen. Die barfüßigen Kinder konnten besser mit den Velos umgehen. Was schließen wir daraus? Barfuß radfahren ist besser als Radfahren mit irgendwelchem Schuhwerk! Mit Schuhen stürzt man leichter, weil das Gefühl fehlt (Lorenz hat das ja auch beim Abstieg von seinem "Namensvetter" beobachtet).
In Kölliken ging noch ein junger Mann barfuß, seine Begleiter waren fett beschuht. Und kurze Zeit später kam mir noch ein historischer Zug (Dampftriebwagen) der längst stillgelegten Uerikon-Bauma-Bahn entgegen. Wenn ich gewußt hätte, was mir als Barfüßer an Offtopic-Fahrzeugen zugemutet wird, wäre ich anders zurückgefahren. Aber ich erduldete den Anblick (alles andere wäre intolerant).
Ein schöner Tag, komplett barfuß, näherte sich dem Ende. Den Flößern sei gedankt für ihren selbstlosen Einsatz in ihren unbequemen historischer Trachten. Gleicher Dank gilt den Fahrern der Fahrzeuge, denen es in Präzisionsarbeit gelang, das Floß unfallfrei dorthin zu versetzen, wo es hinsollte. Ihnen ist es gelungen, etliche Leute in ihren Bann zu ziehen. Und einige von denen waren barfuß!
Schöne Grüße
Michael aus Zofingen