Es ist doch erstaunlich, wozu Leute fähig sind, nur um nicht barfuß laufen zu mü (Hobby? Barfuß! 2)

Michael aus Zofingen, Stammposter, Thursday, 30.08.2007, 09:00 (vor 6231 Tagen)

Die Schweiz scheint wohl immer häufiger von Hochwassern heimgesucht zu werden. Auch jetzt wieder ergiebige Regenfälle. Dabei ist das letzte schwere Hochwasser erst etwa 3 Wochen her. Letztes Wochenende waren die folgen immer noch zu erkennen. Wie es an dem Sonntag, den 12.8. aussah, wollte ich schon längst geschildert haben, es ist aber immer was dazwischen gekommen.

Mein Ziel war ursprünglich Luzern. Wenn dort der Vierwaldstätter See über die Ufer tritt, wird die Uferpromenade nicht selten als Kneipp-Pfad gebraucht. In Emmenbrücke sah ich, wie hoch das Wasser der kleinen Emme mal gestanden hatte, es war aber schon erheblich zurück gegangen. Ich radelte den Veloweg am Reußufer Richtung Luzern. Dort, wo die Bahnlinie den Fluß überquert, liegt der Veloweg tiefer, hier war er noch überschwemmt. Es war aber relativ einfach, dort ohne abzusteigen durchzufahren. Es wäre aber nicht möglich gewesen, dort trocknen Fußes/Schuhes durchzuradeln. Da mich nasse Füße beim Radfahren überhaupt nicht stören, nasse Schuhe dagegen sehr, war es sicher keine übermäßig schlechte Idee, das fette Schuhwerk gleich zu Hause zu lassen.

Ich radelte in die Altstadt, schob mein Velo dadurch, schob es auch noch die Uferpromenade zum Verkehrshaus. Nichts war mehr überflutet. Also radelte ich wieder zurück Richtung Emmenbrücke. Wieder kam ich zur Bahnbrücke. Dort sah ich, wie ein Radfahrer wieder Schuhe und Socken anzog. Ob er durchs Wasser gefahren oder sein Velo geschoben hat, kann ich nicht sagen. Es gab aber auch noch andere Leute, die dort durch wollten. Als Fußgänger kann man nämlich auf der Mauer neben dem Weg in gebeugter Haltung unter der Bahn hindurch. Einige versuchten auch auf diese Weise, ihre Fahrräder in Schräglage hindurch zu schieben. Es ist doch erstaunlich, wozu Leute fähig sind, nur um nicht barfuß laufen zu müssen!

Natürlich wollte ich nicht zurück nach Zofingen. Vielmehr folgte ich dem Reußradweg in Richtung Perlen. Dort hatte es vor zwei Jahren erhebliche Überschwemmungen gegeben. Teilweise wurde der Radweg in eine Dünenlandschaft verwandelt. An Radfahren war da nicht zu denken. Wer da durch wollte, mußte schieben. Probleme hätten nur diejenigen Leute gehabt, die einerseits Sand in den Schuhen hassen, andererseits nicht barfuß laufen mögen. Wer dagegen gerne barfuß läuft oder Sand in den Schuhen liebt, der kam auf seine Kosten. Ob es Leute gibt, die sowohl gerne barfuß laufen, als auch Sand in den Schuhen lieben? Die stehen vor dem Problem, daß sie sich für eins entscheiden müssen, beides gleichzeitig kann man nicht in vollen Zügen genießen. Höchstens "halbherzig", nämlich wenn man mit dem einen Fuß barfuß und mit dem anderen mit einem sandgefüllten Schuh unterwegs ist.

Diesmal war der Veloweg keine Dünenlandschaft. Ab und zu etwas Sand oder Schlamm. Manchmal stieg ich ab, nicht etwa weil Fahren nicht möglich war, sondern weil ich meinen Füßen mal Abwechslung gönnen wollte, nicht nur Fahrtwind. Eine breite Straßenbrücke über die Reuß war die Ausnahme. Hier war der Radweg stark abgesenkt, hier stand Wasser. Was tun? Ich wußte nicht, wie tief es geht. Ich konnte auch nicht erkennen, ob irgendwelche Hindernisse (Steinbrocken, Stacheldrähte, Fahrräder usw.) auf dem Weg liegen oder gar die Fahrbahn weggespült war. Also ja nicht fahren, sondern schieben. Weit schieben konnte ich auch nicht, ich mußte das Velo tragen, denn ich hatte kein Verlangen nach einer gefluteten Packtasche (darin befand sich unter anderem meine nicht-malo-konforme Papierbildkamera). Barfuß ist man bei solchen Angelegenheiten wirklich im Vorteil, da man die Füße als Tastorgan gebrauchen kann. Mit fettem Schuhwerk wäre es undenkbar.

So kam ich ohne Verletzungen am anderen Ende der Unterführung an, einzig mein Arm war etwas lahm geworden vom Tragen des Velos mit der Packtasche dran. Ich ärgerte mich schon, wie dumm ich war. Ich hätte doch die Packtasche abnehmen können und erst die Tasche hinübertragen und dann das Rad nachholen (oder umgekehrt). Dann hätte ich dreimal den Genuß des durch das Wasser Watens gehabt, jetzt nur einmal. Aber mein Ärger war schnell verflogen. Wer hinderte mich daran, das Rad einfach stehen zu lassen und noch einmal unter der Brücke durch zugehen und dann wieder zu kommen? Niemand! Also tat ich es.

Ich wollte schon weiterfahren, da kam mir eine Gruppe von fett beschuhten Radfahrern (ca. 10) entgegen. Wie würden sie sich verhalten? Ein Junge kletterte den Wall hoch und fand heraus, daß es auch möglich wäre, wieder ein Stück zurück zu fahren, dort wäre eine Möglichkeit, mit den Velos auf den Wall zu kommen und dann auf dem Wall unter der Brücke durchzuschieben. Ein paar weniger sportlich aussehende Leute der Gruppe taten es auch. Ein paar sportlich aussehenden männlichen Jugendlichen war der Weg zu weit. Sie zogen es vor, erst das Gepäck auf den Wall zu tragen, dann das Velo hochzutragen und oben beides weiter zu befördern. So war es möglich, völlig trocken das nasse Hindernis zu überwinden.

Andere dagegen versuchten es auch auf die "nasse Tour". Allen voran ein Mann. Er ging gleich mit Schuhe und Socken durchs Wasser, um die Tiefe zu erkundigen. Da er kurze Hosen trug, hatte er kein Problem mit nassen Hosensäumen. Dann holte er sein Gepäck, dann sein Velo, auch trug er Velos anderer Leute, die selber dazu nicht in der Lage waren. Die anderen Leute, die durchs Wasser gingen, entschieden sich gegen nasse Schuhe und für barfuß. Wer von den Kindern lange Hosen anhatte (und das waren die meisten), zog sie aus, während ältere Leute es vorzogen, die Hosen hochzukrempeln. Ein paar weibliche Teenager dagegen schienen Spaß daran zu haben, ihre langen Jeans naß zu machen (mit Reußwasser natürlich, nicht mit dem aus eigener Produktion).

Wie gesagt: "Not" macht erfinderisch. Überrascht war ich eigentlich nicht, daß KEINER, aber auch wirklich KEINER dieser Radlergruppe es vorzog, barfuß weiter zu radeln. Sie wissen nicht, was sie versäumen.

Schöne Grüße

Michael aus Zofingen


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