Rheinsteigwanderung (Hobby? Barfuß! 2)

Eugen, Stammposter, Monday, 13.08.2007, 16:55 (vor 6313 Tagen)

Wanderung auf dem Rheinsteig im Siebengebirge

Am Sonntag, dem 12.08.2007, sind 6 verwegene Barfußtouristen der von Georg vorgeschlagenen etwas anspruchsvolleren
Barfußwanderung auf dem Rheinsteig durchs Siebengebirge gefolgt. Diese waren Dieter aus Köln, Jan (NRW), Joachim (GE), Michael (BN), Martin (aus Wuppertal), Georg und meine Wenigkeit.

Der Start war am Bahnhof Bad Honnef/Rhöndorf direkt neben dem Drachenfels, wobei - nebenbei bemerkt - ich zunächst am
falschen Bahnhof (Bad Honnef) parkte, aber doch schnell bemerkte, dass ich dort den "wahren" Zug verpassen würde. Um 12 Uhr
30 ging es dann los und zunächst durch das pittoreske Dörfchen Rhöndorf / Bad Honnef mit seinen romantischen Gässchen,
Häusern und Vorgärten. Alles, auch das eigene Gemüth bekam sofort an diesem sonnigen Tag einen mediteranen Flair. Das
Barfußlaufen auf asphaltierten Straßen machte natürlich keine Probleme. Ein Bach kam uns auf der stetig ansteigenden Gasse in
seinem leicht vertieften Steinbett entgegen. Überhaupt die Bäche: Überall im Siebengebirge scheinen Bäche vor sich hinzufließen -
leise flüsternd wie zum Beispiel die murmelnde Ilse in der literarischen Harzreise von Heinrich Heine. Fast wäre uns ein solcher
Bach am Ende des Tages zum Verhängnis geworden - doch davon später.

Rhöndorf ist natürlich bekannt wegen des "Alten" - sprich Altbundeskanzler Konrad Adenauer. Und die Gasse und schließlich der
Waldweg führte natürlich auch an seiner ewigen Ruhestätte vorbei - doch für eine Friedhofsbegehung blieb keine Zeit. Ziel war
nun die alte Löwenburg mit dem herrlichen Rundumblick. Im Wald kamen uns jetzt zahlreiche Sonntagswanderer entgegen. Erste
Bemerkungen fielen. Besonders schön war die Bemerkung einer Frau: "Die laufen ja barfuß" - darauf ihr gestandener Mann mit
Bergschuhen: "Aber nicht mehr lange". Daraufhin ich träumerisch philosophisch: "Ja, der Mensch muß irgendwann sterben". Ich
hatte mich offensichtlich noch nicht so richtig von der Wald - Friedhofsatmosphäre befreit.:-))))

Der Waldweg führte nun über die Breiberge immer bergan. Georg schlug einen kleinen Abstecher zum "Teufelstein" vor, dem wir
gerne folgten. Immer wenn die Waldwege steil und zu ungewöhnlichen Orten führten, war der Boden besonders angenehm und
barfußfreundlich. Hier kommen dann auch die Vorteile des barfüßigen Kletterns auf feucht - sandigem Waldboden so richtig zur
Geltung. Und Hochgehen ist immer besser als Runtergehen! Am Endpunkt des Abstechers eine herrlicher Ausblick auf den
Drachenfels und die Wolkenburg. Die zwei Sitzbänke luden zu einem ersten kleinen Picknick ein.

[image]
(Quelle: www.vulkane.de)

Aber man ist nie allein auf der Welt. Wähnt man sich allein, kommt doch gleich von unerwahrteter Seite Besuch. So auch hier. Eine
Gruppe von Touristen wollten auch diesen "teuflisch" schönen Blick genießen. Und sie wollten Fotos machen. Und ich durfte als
Photograph agieren - links der Drachenfels, in der Mitte die liebenswürdigen Personen - rechts die Wolkenburg. Eine Dame
interessierte sich unbedingt für das GPS - fähige Handy (Finnische Firma) von Martin - speziell für die augenblickliche Höhe über
Meeresspiegel. Aber sie wußte wohl nicht, dass Höhenangaben via Satellit immer ungenau sind, da sie von dem verwendeten
Referenzellipsoiden abhängen. Diese wißbegierige Frau begegnete uns auch noch auf dem Gipfel der Löwenburg - wieder ging es
um die genaue Höhe. Und es blieb nicht die einzige Begegnung an diesem Tag mit wißbegierigen interlektuellen Frauen.

Apropos Frauen: Bei unser Weiterwanderung Richtung Löwenburg hörte man plötzlich im Walde ein fröhliches Lachen - ja fast
Singen. Gleich wurde man an die Leichtigkeit des Seins im "Aus dem Leben eines Taugenichts" von Eichendorff erinnert. Es
kamen uns - nach meiner Erinnerung - plötzlich zwei Mädels mit Begleitung entgegen. Und schon schallte uns ein fröhliches. " Da
kommen die Barfußmänner - Hallo Ihr Barfußmänner" entgegen. Ein kurzer Blick aus den Augenwinkeln in ihre Augen zeigte sofort
ihre ungewöhnliche Schönheit. Die Macht der Schönheit. Als sie an mir vorbeikamen, konnte ich doch nur ein "Einen schönen Tag
wünsche ich" sagen, obwohl in Wirklichkeit ich ihre Schönheit preisen wollte. Erkennt man Schönheit eigentlich immer deutlicher, je
älter man wird? Ist das etwa die Tragik des Alters? Während meine Füße fast von selbst den Waldweg entlangfühlten, dachte ich
über Ästhetik und Schönheit nach. Warum haben sich die Männchen bei den Vögeln so ästhetisch bunt und schön entwickelt -
doch nur weil die Weibchen die Wahl haben - sie suchen sich den "Schönsten" aus. Und so bekommt der Pfau ein immer
prächtigeres Gefieder - nur weil die Pfauenweibchen einen so ausgefallenen Geschmack haben. Und wie konnte sich in den letzten
100000 Jahren die Schönheit weiblicher Augenpaare entwickelt? Hat dies etwa mit dem Geschmack der Männer zu tun oder
haben auch hier die Frauenaugen den Zauber bewirkt - :-)))).....Und während wir noch so durch den Wald weitergehen, begleitet
uns das verlangende Fiepen einer jungen (?) Waldohreule...http://www.avisoft.com/sounds/woe.wav.

Unerwartet schnell erreichten wir die Gaststätte Löwenburger Hof (345 m über NN) mit zahlreichen Touristen. Eine asphaltierte
Strasse bietet bei etwa 24 Grad Lufttemperatur keine Probleme. Nun führen leicht geschotterte Wege zum Gipfelplateau der
Löwenburg. Wenn es bergan geht, bietet leichter Schotter nicht so große Probleme wie beim Runtergehen. Barfüßig kann man im
Wald auch mal die steileren Abkürzungen nehmen, die dann nicht so geschottert sind. Auf der Löwenburg das übliche
Gipfelerlebnis: Viele Menschen sitzen beim Picknick gemütlich unter Bäumen oder auf alten Gemäuern. Kinder spielen und toben
herum. Eine Holztreppe führt auf das höchste Plateau, welches in der Mitte von einem Baum mit halbkugelförmiger Krone beschützt
wird - wie eine romantische Gartenlaube.

[image]
(Quelle: www.vulkane.de)

Ob man nun vor den Pyramiden in Kairo oder auf dem Gipfelplateau der Löwenburg steht - immer muß man sich der historischen
Dimension bewußt werden. Wie sagte doch Napoleon in Ägypten zu seinen Truppen: Männer, 4000 Jahre schauen auf euch
herab. Hier auf der Löwenburg sind es schon fast 1000 Jahre, die den Besucher anblinzeln. Und auch Napoleon hatte hier seine
Hand im Spiel: Sein General Tranchot sollte für die vier französischen linksrheinischen Departments eine topografische Karte
schaffen. Die vermessungstechnische Aufnahme erfolgte dann in den Jahren 1804-06. Das Besondere an der Löwenburg ist somit
ein sogenannter Hauptdreieckspunkt der Landvermessung. Darum ja auch die herrliche Rundumsicht. Vor zweihundert Jahren
existierte allerdings noch ein Turm der Burgruine, der heute nicht mehr vorhanden ist.

Dort oben begegneten wir auch wieder der wißbegierigen Frau, die nun wieder die genaue Höhe des Gipfels in Metern wissen
wollte. Der genaue Wert für den Granitblock ist 454,98 m - nah bitte! Zwei junge Frauen, die auf einer abseitigen Mauer saßen,
formulierten nun an Jan auch ihre wohlgesetzte Frage: "Gibt es einen besonderen Grund, dass Sie barfuß laufen?". Während
Männer meistens lächeln oder die Frage stellen: "Piekt das nicht an den Füßen", wollen Frauen das Problem tiefer packen: Sie
möchten eine ursächliche Begründung des Naturgeschehens - sprich des Barfußlaufens - formuliert bekommen. Was soll das? Ist
das eine Pilgerwanderung? Was steckt dahinter? Habe ich im Leben bis jetzt etwas verpaßt?

Nach einem ausführlichen Picknick auf der Löwenburg (eine Wespe wollte mir mein Butterbrot ständig streitig machen) mit dem
phantastischen Panoramablick ging es wieder abwärts in den Wald Richtung Schmelztal (Straße) und weiter Richtung Himmerich.
Hier wurde das Barfußlaufen nun grenzwertig: Grober bis feiner Schotter auf abschüssigen Wegen ist nichts für mich und einige
andere: Also die Trekking-Sandalen aus dem Rucksack! Zeitweise liefen dann von den 7 Männern 4 mit Sandalen - jeder nach
seiner Fasson. Die kleine Sorge um eine Bußverbindung und die unbarmherzig fortschreitende Zeit führte uns nun in Versuchung,
eine Abkürzung zum Sportplatz zu benutzen. Wir zweigten also vom "Pfad der Tugend" ab und landeten entweder auf einer toten
Lichtung im Wald oder bei einem Jagdhochsitz. Nur die Sonne zeigte uns auf den schmalen Jagdpfaden die Richtung nach Westen
an. Schließlich hörten wir die Autostrasse nach Bad Honnef. Einige "Späher" mit Sandalen erkundeten durch das Unterholz den
Weg zur Strasse und verkündeten die schlechte Botschaft: Ein tiefer Graben mit einem Bach versperrte den Übergang vom Wald
auf die Strasse. Aufgrund der Bauart muß hier bei starken Regenfällen der Bach wohl zu einem reißenden Strom werden - sonst
wäre die Existenz dieses tiefen gemauerten Grabens unerklärlich. Ein hilfsbereiter liebenswürdiger Anwohner gestattete uns
schließlich, durch seinen Garten unterhalb seiner Wäscheleine auf die ersehnte Straße und somit an die Bushaltestelle zu gelangen.

Was wäre der Mensch ohne die Hilfe eines anderen netten Menschen?

Der Bus kam pünktlich und nach einmal umsteigen gelangten wir wieder an unseren Ausgangspunkt zurück. Bei einem kleinen
Umtrunk wurde die Wanderung beschlossen. Fazit: Ein schöner Tag mit netten Wanderkollegen und immer wieder faszinierenden
Begegnungen mit Menschen und ihren interessierten Fragen. Ein Dankeschön an Georg für die Organisation und Ortskenntnis -
denn - obwohl Bonner - war ich schon längere Zeit nicht mehr auf der Löwenburg. Meine Mitwanderer können sicherlich noch
eigene Erlebnisse beisteuern - denn jeder erlebt das Geschehene ja anders..

Mit sonnigen Grüßen,

Eugen.


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